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Einzug des Gerichtes um 16:50 Uhr - 2.v.r. Vorsitzender Richter Peter Krisch - Fotos: Hendrik Urbin

23.12.09 - FULDA

Über 21 Jahre nach dem grausamen Mord an Kerstin Scheib in einem Waldstück bei Neuenstein-Obergeis (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) ist Winfried v. E. als Mörder der jungen Frau verurteilt worden. Neue DNA-Analyse-Methoden führten die Ermittler zum dem heute 46-Jährigen aus dem nordrhein-westfälischen Wesel. Mit einem für viele Prozessbeobachter überraschenden Urteil endete am Mittwochnachmittag der Mordprozess vor dem Fuldaer Schwurgericht. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Winfried v. E. an jenem 17. November 1998 die damals 21-jährige Außendienstmitarbeiterin eines Feinkost-Betriebes ermordet hat. Der damals drogensüchtige Angeklagte war nach Ansicht des Schwurgerichts jedoch in seiner Schuldfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen. Deshalb wurde er nicht zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Unter Berücksichtigung aller Umstände entschied die Kammer auf 12 Jahre Haft wegen Mordes aus Habgier. Der Angeklagte bleibt zunächst weiter in Untersuchungshaft. Er kann binnen einer Woche Revision gegen das Urteil einlegen.

Mit Entrüstung reagierte der Verurteilte auf den Richterspruch. Bis zuletzt hatte er auf Freispruch gehofft - zumal Staatsanwalt Werner Stock in seinem Plädoyer am Montag ebenfalls auf Freispruch plädiert hatte. (siehe osthessen-news: http://www.osthessen-news.de/beitrag.php?id=1175825 ). Der Staatsanwalt sah erhebliche Zweifel an der Täterschaft wegen fehlender Beweismittel. Der Anwalt der Nebenklägerin - die Mutter der Ermordeten - hatte zwar eine lebenslange Haftstrafe gefordert, war aber mit dem Urteil zufrieden. "Frau Scheib geht es nicht um Rache. Sie ist froh, dass sie mit dem heutigen Urteil diese traurige Sache abschließen kann", sagte Rechtsanwalt Sven Bomba. Die Mutter von Kerstin Scheib hatte die Urteilsverkündung ebenso wie viele weitere Angehörige im Gerichtssaal miterlebt.

Mehrfach musste der Vorsitzende Richter Peter Krisch die Verlesung der Urteilsbegründung unterbrechen. "Herr Vorsitzender, ich hoffe, dass sie das mit Ihrem Gewissen verantworten können. Ich habe das nicht gemacht. Ich muss 12 Jahre in den Knast für nichts", sagte der Angeklagte, dem selbst im Gerichtssaal Hand- und Fußfesseln angelegt waren. Dann wollte er sich die Urteilsverkündung nicht länger mit anhören. Der Richter unterbrach die Sitzung. Der völlig aufgelöste und den Tränen nahe Angeklagte sah sich aber nicht mehr in der Lage, ruhig der Verlesung weiter zuzuhören. Nach einer kurzen Beratung des Schwurgerichts wurde der 46-Jährige weggebracht und die Sitzung ohne ihn fortgesetzt.

Nach den Worten von Richter Krisch war für das Schwurgericht ausschlaggebend für die Verurteilung, dass insgesamt vier Haar- beziehungsweise Hautpartikel des Angeklagten in Kerstin Scheibs Fahrzeug gefunden wurden - und zwar auf der Beifahrerseite und auch auf der Fahrerseite. Weitere Haare von insgesamt fünf unterschiedlichen - nicht identifizierten - Männern wurden dagegen nur auf der Beifahrerseite gefunden.

Nach der Beweisaufnahme in dem Prozess und der Anhörung von über 30 Zeugen ergab sich für das Gericht folgender Ablauf der Geschehnisse: der Mann war am 17. November 1988 irgendwo zwischen Cölbe (bei Marburg), Kassel und Bad Hersfeld in das Auto der jungen Frau zugestiegen. Der Heroinsüchtige hatte nach nur zwei Tagen Aufenthalt in einer Drogenentzugseinrichtung bei Cölbe seine Behandlung abgebrochen und wollte zurück in seine Heimat nach Wesel. Kerstin Scheib war im Firmenfahrzeug unterwegs, um einige Kundentermine in Nordhessen zu absolvieren. Am Abend wollte sie mit ihrem Freund telefonieren und später unter anderem mit ihrem Bruder in ein Schwimmbad gehen.

Doch - so der Richter - untypischerweise kam die junge Frau diesen Verabredungen nicht nach und rief auch nicht an. "Das konnte sie nicht mehr, weil sie zu diesem Zeitpunkt schon tot war", erklärte Krisch. Der mitfahrende Winfried v.E. habe Kerstin Scheib in das Waldstück bei Neuenstein-Obergeis gelotst und zunächst beraubt. Dann habe er die junge Frau - die sich offenbar vehement wehrte - mit vielen Schlägen getötet. Laut Gericht sei es für den heute 46-Jährigen darauf angekommen, schnell zu Geld zu kommen. Um den Raub zu verdecken, habe er Kerstin Scheib umgebracht.

Danach habe der Täter mit dem Auto des Opfers offenbar nach Hause fahren wollen, doch bei Herborn feststellen müssen, dass der Tank leer war. Ohne Geld trampte er schließlich nach Hause und klingelte gegen 19:30 Uhr an der elterlichen Wohnung, erhielt aber keinen Einlass. Die Leiche der Ermordeten wurde Anfang Dezember 1988 gefunden. Das Auto entdeckten Polizeibeamte auf einem Parkplatz an der Autobahntankstelle Herborn an der Autobahn A 45.

Der Heroinsüchtige hatte in der Zeit von Sommer bis Winter 1988 zur Finanzierung seiner Sucht unter anderem auch seine eigene Mutter und einige Passanten beraubt. Für diese Taten wanderte er nach einem Urteil des Landgerichtes Duisburg für fünf Jahre ins Gefängnis. Sein damaliges Verhaltensmuster ließ für das Fuldaer Gericht auf die Gewaltbereitschaft des Mannes schließen.

Ein weiteres Indiz für das Fuldaer Schwurgericht war zudem, dass sich der Angeklagte bei einer ersten Vernehmung im vergangenen Sommer wenig erschrocken zeigte. "Mein Leben ist eh' vorbei", soll er damals gesagt haben. (Hans-Hubertus Braune) +++


Die Mutter von Kerstin Scheib als Nebenklägerin und ihr Anwalt Jochen Kreissl. Er hatte "Lebenslänglich" gefordert...

Vollbesetzte Zuschauerbänke...


Das Gericht...

Der Angeklagte in Hand- und Fußfesseln...


Genugtuung nach dem Urteilsspruch...

Drei Beamte kümmern sich um den Verurteilten...


Die Mutter der Ermordeten vor den Medien...


Das Landgericht Fulda heute Abend...

Hohe Sicherheit für den Verurteilten.....


...der mit einem Gefangenentransport schnell weggebracht wird....

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