SPEZIAL

Facharzt für Dermatologie & Venerologie

Dr. med Oliver Weirich im GESPRÄCH

INTERVIEW  zum Thema Lipödem (3)

Vor Ihrer Beschäftigung in der Rosenpark Klinik waren Sie an der Universitätsmedizin Mainz tätig. Unter anderem waren Sie dort für den Bereich Liposuktion verantwortlich, insbesondere die Begutachtung und Behandlung von Lipödemen. Mit welchen Fragen kamen Frauen zu Ihnen? Welche Symptome oder Beschwerden gaben sie an?

 

Dr. med Oliver Weirich: Viele Patientinnen haben nur einen vagen Verdacht, dass etwas nicht mit ihnen stimmt. Hausärzte können meist nicht weiterhelfen, da das Krankheitsbild bisher nicht sehr bekannt ist. Oft erhalten diese Patientinnen Ernährungsempfehlungen und Hinweise zu Diäten, die beim Lipödem nicht helfen und vielmehr kontraproduktiv sind. Oft fühlen sich Patientinnen durch solche Ratschläge nicht ernst genommen.

 

Die Symptome, die diese Patientinnen schildern sind meist ganz charakteristisch für das Lipödem. Die meisten Patientinnen sind junge sportliche Frauen, die plötzlich bemerken, dass ihre Beine trotz Sport und normaler Ernährung an Umfang zunehmen. Darüber hinaus stellen sie eine massive Druckschmerzhaftigkeit fest. Viele beschreiben es auch anfangs mit dem subjektiven Gefühl der „schweren Beine“. Hinzu kommt noch, dass sie ganz offensichtlich sehr leicht „blaue Flecken“ bekommen, und das, obwohl sie sich vielleicht nur minimal gestoßen haben.

 

Gibt es typische Anzeichen für ein Lipödem? Wie unterschiedlich kann es sich auswirken?

 

Dr. med Oliver Weirich: Eine plötzliche Veränderung der Körpersilhouette mit Zunahme des Fettgewebes an den Beinen und oder Armen bei oft schlankem Oberkörper bzw. Rumpf ist ein charakteristisches äußeres Zeichen. Richtungsweisend für die Diagnose sind Druckschmerz und die Neigung zu „blauen Flecken“ nach einem leichten Anstoßen. Die meisten Frauen erleben diese Entwicklung kurz nach der Pubertät oder in den Jahren danach. Seltener entwickelt sich ein Lipödem später im Leben z.B. nach der Menopause. Manchmal steht die Zunahme des Beinumfanges nicht im Vordergrund und nur die Komponente des Druckschmerzes belastet diese Frauen massiv.

 

Welche Sorgen äußerten betroffene Frauen in Bezug auf die Behandlung?

 

Dr. med Oliver Weirich: Viele berichten, dass sie bereits alle Diäten durchgemacht haben und noch mehr Sport machen, um diese Veränderung aufzuhalten. Andere wiederum haben sich nach vielen vergeblichen Versuchen „aufgegeben“. Psychische Probleme und Verzweiflung kommen hinzu.

 

Beschreiben Sie bitte einen typischen Behandlungs-Prozess. Wie lange dauert es in der Regel vom ersten Beratungsgespräch bis zur Nachbereitung?

 

Dr. med Oliver Weirich: Nach der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie  steht eine konservative Behandlung mit Kompressionsstrümpfen und regelmäßiger Lymhdrainage zur Verfügung. Bleibt eine Besserung der Symptome jedoch aus, besteht die einzige wirksame Methode zur Behandlung des Lipödems in der massiven Reduktion des erkrankten Fettgewebes durch eine Fettabsaugung. In diesem Fall nicht aus ästhetischen Gründen, sondern unter medizinischen Aspekten. Nach ausführlicher Beratung und Untersuchung der Patientin kann ein individueller Behandlungsplan erstellt werden. Die Absaugung erfolgt in mehreren einzelnen Eingriffen. In der Regel sind zwischen zwei bis vier Termine notwendig. Ich empfehle diese einzelnen Behandlungen im Abstand von ca. vier bis sechs Wochen durchzuführen.  Etwa ein dreiviertel Jahr nach der letzten OP hat sich ein stabiler Endzustand eingestellt.

 

Womit müssen Lipödem-Patientinnen nach einer Absaugung rechnen? Nebenwirkungen? Kann es wieder kommen?

 

Dr. med Oliver Weirich: Im Anschluss an die OP stellt sich eine Wundschwellung ein, die nach ca. sechs Wochen abklingt. Kompression und Lymphdrainage helfen in dieser Zeit die Wundheilung zu beschleunigen. Mit blauen Flecken und einem Wundschmerz ist zu rechnen. Das abgesaugte Fett kann in den behandelten Bereichen nicht wieder kommen. Langfristig können die meisten Frauen ganz auf die Kompression oder Lymphdrainage verzichten.

 

Die Krankheit Lipödem ist nicht vollständig erforscht. Dies ist auch ein Grund dafür, warum Krankenkassen sie bisher nicht in ihren Leistungskatalog aufgenommen haben. Wie ist der Forschungsstand und warum wird aus dieser Krankheit solch ein Geheimnis gemacht?

 

Dr. med Oliver Weirich: Das Lipödem ist eine klar definierte chronisch fortschreitende Erkrankung der Frau. Auslösende Faktoren, die Rolle von Hormonen und genetische Ursachen sind noch nicht vollständig erforscht. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe guter Studien, die eindeutig nachweisen, dass die Behandlung mittels Liposuktion wirksam ist. Die Krankenkassen verweigern die Kostenübernahme jedoch aus formellen Gründen. Es ist eine rein politische Entscheidung, die im gemeinsamen Bundesausschuss getroffen werden muss. Solange die Krankenkassen sich dort weigern der Behandlung zuzustimmen, werden die Patientinnen mit ihrer Erkrankung alleine gelassen.

 

Haben Sie Fälle erlebt, in denen die Krankenkasse die Kosten getragen hat?

 

Dr. med Oliver Weirich: Ja, hin und wieder übernehmen private und auch gesetzliche Krankenkassen die Behandlungskosten. Nach welchen Kriterien positiv entschieden wird und warum in dem einen aber nicht in dem anderen Fall, ist i.d.R. nicht ersichtlich oder gar nachvollziehbar. Es ähnelt bisher noch einem Glücksspiel.

 

Warum ist eine Liposuktion sinnvoll, wenn das Lipödem eigentlich als „nicht heilbar“ gilt?

 

Dr. med Oliver Weirich: Ziel der OP ist die Beseitigung oder Verbesserung der Beschwerden durch Schmerzen und Schwellungen. Darüber hinaus gilt es Komplikationen wie bakteriellen Hautentzündungen durch Scheuern, „offene Beine“ oder Gelenkfehlstellungen langfristig entgegenzuwirken.

 

Was kann man in der Nachsorge tun, wenn Sport und Ernährung als zwecklos gelten? Bewahrt mich ein gesunder Lebenswandel vor erneutem „Ausbruch“?

 

Dr. med Oliver Weirich: Es gibt durchaus Sportarten, die zumindest förderlich sind so z. B. Schwimmen oder Aquacycling. Im Wasser ist eine gelenkschonende Bewegung möglich und die natürliche Kompression des Wassers sorgt zusätzlich für eine Verbesserung des Lymphabflusses. Ansonsten ist ein normales Körpergewicht anzustreben, das nach der OP ebenfalls deutlich leichter zu erreichen ist.

 

1996 - 2003

 

 

2003 - 2009

 

2009

2012

2010 - 2015

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2015

Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Abschluss als Diplom-Kaufmann, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Schwerpunkte: Organisation, Marketing, Publizistik

Studium der Humanmedizin, Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit Studienaufenthalten in Berlin, Wien und Zürich

Approbation zum Arzt

Promotion zum Doktor der Medizin

Assistenzarzt, Universitätsmedizin Mainz, Hautklinik

- Klinische Forschung (Investigator in über 50 Studien Phase I-IV)

- Dermatochirurgie (Tumorchirurgie, Elektochemotherapie)

- Körperformung (Liposuktion und Injektionslipolyse)

- Behandlung von Lipödemen

- Geschlechtskrankheiten und Proktologie

- Laserbehandlungen

- Photodynamische Therapie

- Hyperhidrose

 

Facharzt für Dermatologie und Venerologie in der Rosenpark Klinik, Darmstadt

 

Kurzvita Dr. med. Oliver Weirich

Quelle: Rosenparkklinik GmbH Darmstadt