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Laut NVV-Pressestelle ist das 9-Euro-Ticket im Versorgungsgebiet sehr gut angenommen worden - Symbolfoto: O|N/Moritz Bindewald

REGION Verbände ziehen Bilanz

9-Euro-Ticket endet: Sehr hohe Nachfrage, doch wie geht's weiter?

30.08.22 - Ende August läuft die 9-Euro-Ticket-Aktion aus, die drei Monate lang im gesamten deutschen Öffentlichen Nahverkehr gegolten hatte. Politik und Wirtschaft diskutieren seit Langem über eine Anschlussregelung, doch ist bis jetzt noch nichts entschieden. OSTHESSEN|NEWS hat bei dem Nordhessischen VerkehrsVerbund (NVV) und dem Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) nachgefragt, wie deren (vorläufige) Bilanz ausfällt. Stellungnahmen gibt es zudem vom Branchenverband VDV und von Pro Bahn.

Laut NVV-Pressestelle ist das 9-Euro-Ticket im Versorgungsgebiet sehr gut angenommen worden. Insgesamt habe man rund 300.000 9-Euro-Tickets für die Monate Juni, Juli und August verkauft. Hinzu kommen 130.000 Zeitkarten-Kunden, deren Fahrkarten ebenfalls, wie das 9-Euro-Ticket genutzt werden konnten: für Fahrten im öffentlichen Nahverkehr in ganz Deutschland.

"Wir freuen uns darüber, dass im 9-Euro-Ticket-Zeitraum so viele Menschen unser ÖPNV-Angebot genutzt haben. Unsere Einschätzung ist aber, dass niedrige Fahrpreise allein die Menschen nicht dauerhaft überzeugen können, mit Bus und Bahn zu fahren", sagt NVV-Geschäftsführer Steffen Müller. "Vielmehr braucht es dazu vor allem gute und verlässliche Verbindungen". 

Zuwachs bei den Fahrgastzahlen

NVV-Geschäftsführer Steffen Müller. Archivfoto: NVV

Nach einer groben, vorläufigen Schätzung geht der NVV im Busbereich von einem Zuwachs bei den Fahrgastzahlen von gut 20 bis 30 Prozent und im Zugverkehr von 30 bis 50 Prozent aus. Dadurch sei im NVV-Gebiet das Vor-Corona-Niveau mit rund 220.000 Fahrgästen am Tag erreicht und zum Teil sogar übertroffen worden. Insbesondere an Wochenenden, Feiertagen und Brückentagen habe es eine hohe Nachfrage gegeben: In den Zügen stieg die Anzahl an Fahrgästen teilweise um das Drei- bis Vierfache an. Aber auch an Werktagen war ein Anstieg zu bemerken.

Große Fahrgastmengen verzeichnete der NVV auf den Linien Kassel-Bebra-Fulda, Kassel-Göttingen, Kassel-Frankfurt, Kassel-Hagen und Kassel-Düsseldorf. Auffällig war insgesamt, dass vor allem Verbindungen stark frequentiert waren, die über längere Strecken ein gutes Angebot darstellten - wie Richtung Rhein-Main, Ruhrgebiet, Niedersachsen und Thüringen. 

Um der erhöhten Nachfrage gerecht zu werden, hatte der NVV bei den Verkehrsunternehmen zusätzliches Personal beauftragt, um es an viel frequentierten Bahnhöfen in der Region einzusetzen. So konnten die Fahrgäste geleitet und informiert werden. Zudem hatte der NVV die Kapazitäten auf Zug- und RegioTram-Strecken verstärkt, wann und wo es ging. Das war jedoch nicht immer möglich, da den Verkehrsunternehmen nur eine begrenzte Zahl an Fahrzeugen zur Verfügung stehen. Der Einsatz wurde so geplant, dass die höchstmögliche Kapazität insbesondere an den Wochenenden zur Verfügung gestellt wurde. 

Teilweise Überlastungen

Dennoch sei es auf den besonders stark frequentierten Bahnstrecken an Wochenenden teilweise zu Überlastungen der Züge gekommen. Insbesondere die Strecke Kassel – Göttingen als Verbindungsglied zwischen den Linien Hannover – Göttingen und Kassel – Frankfurt war davon betroffen. Es kam vor, dass Fahrgäste nicht in den gewünschten Zug einsteigen konnten, gerade die Mitnahme von Fahrrädern gestaltete sich laut NVV schwierig. Auch auf den Rollstuhl angewiesene Fahrgäste konnten in Einzelfällen nicht mitgenommen werden. Teilweise mussten Züge von der Polizei geräumt werden, da das zulässige Höchstgewicht überschritten wurde. Die Überlastung trat unter anderem auch deshalb auf, weil durch einen hohen Krankenstand beim Fahrpersonal teilweise Züge ausfallen mussten.

Und beim RMV?

Ein Zug der HLB, die unter anderem im Vogelsberg unterwegs ist. Archivfoto O|N / Henrik Schmitt

Der RMV verweist auf O|N-Anfrage auf eine entsprechende Pressemitteilung vom 19. August: "Das 9-Euro-Ticket gehört zu den am heißesten diskutierten Themen des Sommers 2022. Allein dadurch, dass der ÖPNV und seine Potenziale bei Politik und Bevölkerung im Gespräch sind, war das 9-Euro-Ticket ein großer Erfolg", so RMV-Geschäftsführer Professor Knut Ringat. 

Neben mehr als einer Million Zeitkarten-Kunden, deren Fahrkarte automatisch zum 9-Euro-Ticket wurde, wurden in der dreimonatigen Gültigkeitsdauer 2,3 Millionen 9-Euro-Tickets im RMV verkauft. Die während Corona zeitweise auf rund 30 Prozent des üblichen Niveaus zurückgegangene Fahrgastnachfrage erreichte im Sommer wieder Vor-Corona-Niveau, im Durchschnitt also wieder etwa 2,5 Millionen Fahrgäste täglich. Und das, obwohl durch mobiles Arbeiten weiterhin viele Pendlerwege entfallen. Marktforschungen ergaben, dass rund 30 Prozent der Fahrten durch Neukunden erfolgten.

Wie der RMV am Montag weiter mitteilte, können RMV-Jahreskarten-Inhaber noch bis zum 15. September ohne Abonnement das Erstattungsportal auf rmv.de nutzen. RMV-Jahreskarten-Inhaber zahlten für die Monate Juni, Juli und August 2022 nur neun Euro. Alle, die eine Jahreskarte ohne Abonnement als Chipkarte besitzen, können die Erstattung der Differenz zwischen 9-Euro-Ticket und dem üblichen Preis über die RMV-Erstattungsplattform auf https://9-euro-ticket-erstattung.rmv.de beantragen. Mit nur wenigen Angaben ist der Antrag innerhalb kurzer Zeit gestellt.

Laut dem Branchenverband VDV wurden seit dem Verkaufsstart Ende Mai bis heute bundesweit kumuliert etwa 38 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft. Hinzu kommen die jeweils etwa zehn Millionen Abonnentinnen und Abonnenten, die monatlich das vergünstigte Ticket automatisch erhalten.

VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff: "Die aktuellen Zahlen bestätigen nach wie vor unsere Prognose von monatlich etwa 30 Millionen 9-Euro-Tickets. Die Mehrheit der Fahrgäste nutzt das 9-Euro-Ticket nicht für Ausflugs- oder Urlaubsfahrten, sondern im Alltag."

Breite Medienresonanz

Der Fahrgastverband Pro Bahn hatte vor Kurzem eine nahtlose Anschlusslösung an das 9-Euro-Ticket gefordert. Diese sollte, kontinuierlich wissenschaftlich begleitet, zu einem deutschen Klimaticket weiterentwickelt werden. Gleichzeitig müsse die gesamte Tariflandschaft in Deutschland bereinigt und vereinfacht werden. Infrastrukturausbau und Verkehrsbestellung dürften nicht beschnitten, sondern müssten – insbesondere im ländlichen Raum – ausgebaut werden.

Wörtlich heißt es: "Das 9-Euro-Ticket hat dem öffentlichen Verkehr breite Medienresonanz gebracht und die Stärken von Bahn und Bus aufgezeigt. Allerdings hat es auch die Grenzen und Schwächen des jetzigen Systems demonstriert. Daher braucht es zur Fortführung des Erfolges Schritte in Richtung eines deutschlandweiten Klimatickets für alle öffentlichen Verkehrsmittel, inklusive Fernverkehr und Fähren, verbunden mit dem Ausbau der Infrastruktur und der Verbesserung des Angebotes dort, wo bisher die Frequenzen nicht ausreichend sind." (bl) +++

 


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