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Die Kontrollstelle an der Frankfurter Straße. - Fotos: Florian Dietz

23.09.10 - FULDA

Auf Streife mit der Polizei (1): Haschisch, Handynutzung und andere "Sünden"

Auf der Motorhaube seines Streifenwagens träufelt ein Polizeibeamter vorsichtig Urin aus einem Plastikbecher auf einen Teststreifen. "Druginspector" steht auf dem Plastikgehäuse des Streifens. Langsam kriecht ein roter Farbbalken von unten nach oben durch ein Sichtfeld, auf dem verschiedene Markierungen stehen: "AMP, COC, XTC". Die Abkürzungen stehen für Amphetamin, Kokain, Ecstasy - verschiedene Drogen. Minutenlang muss der Polizeibeamte auf das Ergebnis des Drogentests warten. Minuten, die dem unfreiwilligen "Urinspender" wohl wie Stunden vorkommen - entscheidet sich doch am Ende der Wartezeit, ob er weiter fahren darf, oder für die nähere Zukunft vielleicht nur noch zu Fuß, mit dem Fahrrad und als Beifahrer unterwegs sein wird. Eine Situation, die für den Autofahrer sehr unangenehm ist, für die Polizei aber zum Tagesgeschäft bei Verkehrskontrollen gehört.

Montag, 22. September, 18:10 Uhr. Die Fuldaer Polizei beginnt damit, eine Kontrollstelle an der Frankfurter Straße einzurichten. Zwei Mannschaftswagen, ein Streifenwagen und ein Zivil-Fahrzeug stehen leicht verdeckt hinter Bäumen. Ingesamt zwölf Beamte bereiten sich für den Einsatz vor, ziehen schusssichere Westen an, gleichen ihre Funkgeräte ab. Zehn der Uniformierten gehören nicht zur Fuldaer Polizei, sondern sind eine "Leihgabe": Einsatzkräfte der Hessischen Bereitschaftspolizei aus Kassel. Nur Polizeioberkommissarin Nicole Montini und Polizeioberkommissar Christian Hickl sind Fuldaer, sie sollen ihre Kollegen als Ortskundige leiten. Zwischenzeitlich wird das Zivil-Fahrzeug einige hundert Meter vor der Kontrollstelle positioniert - der Polizist hinterm Steuer soll Verkehrsteilnehmer heraussuchen und an einen Kollegen melden, der sie dann mit der Kelle auf den Parkplatz vor einem Küchen-Geschäft lotst. Es gibt nach Aussage der Beamten keine Vorgabe, wen es "erwischt" - Zufall und Bauchgefühl sind entscheidend.

Erste Kontrollen

18:22 Uhr. Das erste Auto rollt auf den Parkplatz, ein türkisfarbener Kombi. Am Steuer sitzt ein junger Mann. Er ist sichtlich aufgeregt, als zwei Uniformierte an seinen Wagen herantreten. Einer von beiden öffnet die Fahrertür, stellt sich dem Fahrer vor und möchte Führerschein und Fahrzeugpapiere sehen, der andere steht auf der gegenüberliegenden Wagenseite. Er lässt den Fahrer nicht aus den Augen und hat die Hand an der Waffe. "Eine notwendige Vorsichtsmaßnahme zur Eigensicherung", erklärt der Beamte. Nach kurzer Zeit ist klar: dem jungen Mann ist nichts vorzuwerfen. Trotzdem bleibt einer der beiden Beamten noch für einige Minuten bei ihm stehen und unterhält sich mit ihm. Der Fahrer hat Fragen zur Kontrolle, die ihm der Polizist geduldig beantwortet. "Man muss sich auch die Zeit nehmen, mit den Bürgern zu sprechen, wenn sie Fragen haben", sagt der Beamte, nachdem der Kombi seine Fahrt fortgesetzt hat.

18:48 Uhr. Inzwischen sind alle Beamten in ständigem Einsatz. Bis zu vier Fahrzeuge stehen gleichzeitig auf dem Parkplatz an der Frankfurter Straße und werden kontrolliert. Jetzt wird ein vollbesetzer Kleinwagen rausgewunken. Es gibt Probleme: Die Insassen haben alle verschiedene Nationalitäten, nicht alle sprechen Deutsch. Pässe und Ausweise werden eingesammelt und kritisch beäugt. Der Fahrer ist nervös, möchte rauchen. "Jetzt nicht", weist ihn der Polizist an, der direkt neben ihm steht. Ihm ist deutlich anzusehen, dass auch er unter Anspannung steht. Als einer der Fond-Passagiere in seinen Rucksack greift, spannt sich der Beamte an, verfolgt jede Bewegung mit den Augen - bis der Mann schließlich ein Handy hervorholt. Entwarnung. Unterdessen muss ein Auto weiter ein Fahrer "pusten", also einen Test auf Atemalkohol mitmachen, und ein älterer Mann in einem noch älteren Mercedes erhält wegen Handynutzung am Steuer eine kostenpflichtige Verwarnung und einen Punkt ins Zentralregister.

Fahren unter Drogeneinfluss?

19:08 Uhr. Ein schwarzer Twingo wird auf den Parkplatz gelotst. Am Steuer sitzt ein junger Mann, er scheint sehr nervös. Die Beamten lassen sich Führer- und Fahrzeugschein zeigen und wollen Verbandskasten und Warndreieck sehen. Der Fahrer öffnet den Kofferraum und sucht. Die Beamten begutachten unterdessen die Heckablage des Renault-Kleinwagens, die aus einem Holzbrett besteht, auf das Lautsprecher und eine schwere HiFi-Endstufe geschraubt sind. Sie erklären dem Fahrer die Gefahr, die von solch einem Selbstbau ausgeht: kommt es zu einem Unfall, verwandelt sich die kiloschwere Konstruktion in ein tödliches Geschoss. Einem der Beamten kommt das Verhalten des jungen Mannes etwas seltsam vor. "Er zuckt so komisch im Gesicht", sagt er zu seinen Kollegen, "da müssen wir mal schauen, was los ist". Er zückt eine Taschenlampe, leuchtet dem Renault-Fahrer in die Augen. Ein Pupillen-Reaktionstest. Normalerweise verkleinern sich die Pupillen eines Menschen sofort, wenn hineingeleuchtet wird. Bei dem jungen Mann bleibt diese Reaktion aus - ein Hinweis auf möglichen Drogenkonsum.

19:16 Uhr. Die Polizisten beschließen, noch weitere Tests mit dem Twingo-Fahrer zu machen. Er muss mit geschlossenen Augen seine Nase berühren, sich mit ausgebreiteten Armen auf ein Bein stellen. Das Ergebnis ist offensichtlich unbefriedigend, der junge Mann hat Koordinationsprobleme. Die Beamten beraten sich, schließlich bieten sie dem jungen Mann einen Urintest an, der Klarheit schaffen soll. "Sie sind nicht verpflichtet, bei diesem Test mitzuwirken", erklärt ihm einer der Uniformierten. Diesen Hinweis nimmt der Fahrer zum Anlass, den Test abzulehnen. Die Beamten haben aber genug Verdachtsmomente, um ihn zu einem Blut-Test mit aufs Revier zu nehmen. Nachdem sie ihm das erklärt haben, willigt er doch in den Urintest ein. Er bekommt einen Becher und verschwindet damit kurz ums Eck, begleitet von einem Polizisten. Das Ergebnis des Tests: Im Urin des Mannes wird THC nachgewiesen, das ist der aktive Wirkstoff, der in Cannabis erhalten ist.

19:34 Uhr. "Auto abschließen, Schlüssel mir geben", heißt das Kommando eines der Polizisten. Das abrupte Ende einer Autofahrt. Der Fahrer und sein Twingo werden durchsucht, danach wird der junge Mann in den Streifenwagen gebracht. Die Fahrt geht zum Polizeipräsidium. Hier nimmt Polizeioberkommissar Christian Hickl die persönlichen Daten des Beschuldigten auf, während Oberkommissarin Nicole Montini einen Arzt ins Präsidium bestellt. Der erscheint kurze Zeit später, nimmt dem Mann Blut ab und führt nochmals Koordinations-Tests mit ihm durch. "Das Blut wird jetzt in ein Labor geschickt, die Ergebnisse sind dann gerichtsverwertbar", erklärt Hickel. Was passiert dem jungen Mann, wenn wirklich Drogenkonsum nachgewiesen wird? "Das hängt von einigen Dingen ab, beispielsweise von der Wirkstoff-Konzentration im Blut. Sein Führerschein ist auf alle Fälle weg, über alles andere entscheidet der Staatsanwalt".

20:24 Uhr. Noch ist der unfreiwillige Ausflug des Renault-Fahrers nicht vorbei. Er wird in einen Raum geführt, an der Tür steht "Erkennungsdienstliche Behandlung". Hier wird er fotografiert, vermessen, seine Fingerabdrücke werden genommen, Kleidungsstil und Gewohnheiten werden abgefragt. Danach muss er sich komplett entkleiden, es wird nach Tätowierungen und anderen körperlichen Merkmalen gesucht. Schließlich ist auch diese Prozedur beendet. Der junge Mann darf das Polizeipräsidium verlassen, um einen Autoschlüssel ärmer, aber um einige neue Erfahrungen und eine Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz reicher.

Insgesamt zehn Beamte der Bereitschaftspolizei Kassel waren am Montagabend zu Gast und unterstützen die Fuldaer Polizei bei zwei Sonderkontrollen. "Der Einsatz der Bereitschaftspolizei im Rahmen des Programms `Regionale Sicherheit 2010´ kommt uns sehr gelegen, damit können wir zusätzliche Einsätze durchführen", erklärt Polizeioberrat Michael Tegethoff, Leiter der Fuldaer Polizeistation. Am Montag stand nach der Verkehrs-Sonderkontrolle auf der Frankfurter Straße, bei der insgesamt 42 Fahrzeuge überprüft wurden, auch die Verbesserung des objektiven Sicherheitsgefühls der Bevölkerung im Mittelpunkt. "Es gibt sogenannte Angsträume, soziale Brennpunkte, die Passanten und Bürgern ein Gefühl des Unwohlseins vermitteln - in Fulda ist das beispielsweise der Busbahnhof oder der Bahnhofsvorplatz". Durch verstärktes Polizeiaufkommen und in Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt Fulda möchte man hier den Bürgern signalisieren: "Die Polizei ist vor Ort". Mehr dazu morgen im zweiten Teil der Reportage "Auf Streife mit der Polizei". (Florian Dietz) +++


Letzte Besprechungen. Ganz rechts: POK Christian Hickl von der Fuldaer Polizei. Die Gesichter der Beamten aus Kassel wurden auf eigenen Wunsch verpixelt.

Die Funkgeräte werden überprüft.


Schon nach kurzer Zeit sind alle Beamten im Einsatz

Die ersten Autos werden herausgewunken.




Auch die "ganz Kleinen" werden überprüft, wie dieser Smart. POK Nicole Montini und POK Christian Hickl machen sich an die Arbeit.

Blick in den Polizei-Bus.


Kofferraum-...

...und Atemalkohol-Kontrolle.


Gespanntes Warten aufs Ergebnis: negativ - kein Alkohol im Atem.


Ein Renault Twingo.


Der Fahrer...

...muss einige Tests über sich ergehen lassen.



Pupillentest.


Urintest.

Einige Tropfen werden auf den Teststreifen geträufelt.


Langsam füllt sich das Sichtfenster mit einem roten Streifen.


Auch im Durchlicht nur schwer zu erkennen: Der Streifen bei "T57" bleibt aus - im Urin wurde der Wirkstoff von Cannabis gefunden.

Der Fahrer wird durchsucht...


...und abgeführt.

Aufnahme der Personalien...


...Blutentnahme...

...und erkennungsdienstliche Behandlung.


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