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Regionale Präsenz bisher ganz zentral in der Bahnhofstraße in Fulda. - Fotos: Florian Dietz

19.02.11 - FULDA

Rotstift & Schleudersitze - hr-Hörfunk muss sparen - Regionalstudios ade?

Der drohende Rotstift, den der Hessische Rundfunk in all seinen Sendeinstitutionen ansetzen will, macht voraussichtlich radikal Schluss mit der gewohnten Präsenz der Region im Radio. Eine regionale Berichterstattung mit fundierten Beiträgen aus Osthessen wie bisher soll aus Kostengründen bald kurzen Informationsblöcken weichen. Die beiden beliebten einstündigen Regionalmagazine nach 12 und nach 16 Uhr in hr4 werden nach den bisherigen Plänen gestrichen.

Diese Entwicklung macht Mitarbeitern allgemein, aber vor allem denen in den Regionalstudios in Fulda, Gießen und Darmstadt, gegenwärtig große Sorgen. Aller Voraussicht nach müssen sich die Hörer von hr4 auf Veränderungen im gewohnten Programmablauf gefasst machen - und vor allem in der Regionalberichterstattung. Der massive Sparzwang habe zu „Prüfaufträgen im Haus“ geführt, bestätigte hr-Sprecher Tobias Häuser am Freitag gegenüber osthessen-news. „Wir sitzen gefühlsmäßig nicht nur auf gepackten Koffern, sondern auf Schleudersitzen“, äußerte ein um seine Existenz besorgter Mitarbeiter eines Regionalstudios drastisch.

Entscheidungen darüber, wo der Sender tatsächlich abspecken und streichen will, seien aber definitiv noch nicht gefallen - erst Ende April werde sich herausstellen, wo die „strukturellen Einsparungen“ dann tatsächlich vorgenommen würden, vertröstet Häuser. „Der hr wird in den nächsten Jahren in allen Bereichen drastisch sparen müssen, die Regionalstudios sind da nicht ausgenommen.“ Bei hr4 sollen die bisher jeweils einstündigen Mittags- und Nachmittagsendungen aus Nord/Osthessen, Mittelhessen und Rhein-Main zusammengestrichen und durch „kompakte regionale Informationsblöcke“ ohne Musikunterbrechung und ohne eine feste Zeit ersetzt werden.

Abgespeckte Sendungen und reduzierte Fläche

Darüberhinaus gibt es offenbar schon konkrete Überlegungen, Räume oder gar komplette Studios aufzukündigen und sowohl die Sendezeit als auch die Technik samt Personal zu reduzieren. Die Studios in Fulda, Gießen und Darmstadt seien alle vor zehn bis fünfzehn Jahren ausgebaut und eingerichtet worden, erklärt Häuser zu diesen Überlegungen. Mittlerweile brauche die Technik wesentlich weniger Platz und mittelfristig würden auch weniger technische Mitarbeiter benötigt, denn die Redakteure könnten dank moderner Technik deren Part mit übernehmen. Konkret heisst das: hochkarätige Fachleute werden wegrationalisiert und gleichzeitig Journalisten zusätzliche Arbeit aufgebürdet. "Deshalb könnten die drei bislang großzügig geschnittenen Regionalstudios künftig mit weniger Fläche auskommen als bisher" meint der hr.

Doch mit geringeren Mieten allein lassen sich die geschätzten 14 Millionen Euro Defizit für das Haushaltsjahr 2012 kaum auffangen. Logisch, dass die Mitarbeiter angesichts dieser Zahlen in den Reginalstudios um ihre Jobs fürchten – zumal das Gros von ihnen keine Festanstellung beim Hessischen Rundfunk hat, sondern als freie Mitarbeiter auf Honorarbasis beschäftigt ist. Im Studio Fulda hat außer Studioleiterin Silvia Georg, Redakteur Harald Mott und dem Techniker Wolfgang Kinsel keiner der sieben freien Regionalreporter eine feste Anstellung. Und so ähnlich ist es auch in den anderen Regionalstudios.

Über die großen Befürchtungen dieser Journalisten ist sich der Sender durchaus bewusst, meint aber beruhigend, höchstens „eine Handvoll Mitarbeiter“ müsse mit Honorarkürzungen rechnen, es werde aber mit allen noch gesprochen. Von den Technikern gingen demnächst einige in Vorruhestand – deren Posten würden dann nicht wieder besetzt.

"Brandbrief" an den Intendanten

In einem „Brandbrief“ haben sich die betroffenen Regionalkorrespondenten, Gebietsreporter und Redakteure in den Regionalstudios an den Intendanten gewandt. „Wir sehen die geplanten Veränderungen in den hr4-Regionalprogrammen mit großer Sorge. Wir befürchten, dass sich die Veränderungen negativ auf die übrigen Wellen und damit auf die gesamte Regionalberichterstattung im Hessischen Rundfunk auswirken“, heißt es da wörtlich.

Die geplante Streichung der hr4-Mittagssendung, die eine hohe Einschaltquote verzeichne, und deren Ersetzung durch kurze Nachrichtenfenster würden dazu führen, dass die hessischen Regionen nur noch oberflächlich und eher durch spektakuläre Themen und Ereignisse abgebildet würden. Die Gebietsreporter seien dann zwangsläufig seltener in den Regionen unterwegs und damit weniger präsent für den hr und dessen Hörer, weil die geänderten journalistischen Präsentationsformen ein persönliches Erscheinen des Reporters an Ort und Stelle in vielen Fällen unnötig werden ließen. Die geplanten regionalen Kürzungen würden den hr und dessen Image in Hessen beschädigen, fürchten die Unterzeichner. Von den Einschnitten wären auch das Entdecken, Recherchieren und Umsetzen von Themen der Videoreporter im hr-fernsehen in allen Sendeformaten betroffen.

„Bei den geplanten Veränderungen sollte der hr unserer Ansicht nach auch bedenken, dass die Regionalität, insbesondere die Präsenz von Regionalkorrespondenten und Reportern in allen Kreisen und kreisfreien Städten, also auch im sich oft als vernachlässigt gefühlten ländlichen Raum, als das Alleinstellungsmerkmal in der hessischen Radiolandschaft von allen erkannt und sehr gelobt wird“, äußern die Betroffenen ihre Bedenken. Mit dem Modell der konsequenten Regionalisierung habe der hr auch innerhalb der ARD in den vergangenen Jahren eine Vorreiterrolle gespielt, die jetzt nicht verspielt werden dürfe.

Der hr werde sich nicht aus den Regionen Hessens zurückziehen, versichert dagegen Pressesprecher Häuser gegenüber "osthessen-news". Die Regionalstudios in Gießen, Fulda und Darmstadt blieben erhalten, wenn auch vielleicht in verkleinertem Umfang. Zurzeit würden entsprechende Pläne geprüft, der Rundfunkrat sei über den Stand der Dinge informiert. Wenn diesbezügliche Entscheidungen gefällt worden seien, würden die betroffenen Kolleginnen und Kollegen und die Öffentlichkeit informiert. Den betrofffenen Hörfunkjournalisten, die sich auf der Abschussrampe fühlen, sind solche Versprechen sicherlich keine Beruhigung. (Carla Ihle-Becker) +++


Wird hier bald der Rotstift angesetzt?


Techniker Wolfgang Kinsel

Rainer Linden ..


... und Hermann Diel berichten täglich in fundierten Beiträgen aus der Region.

Studioleiterin Silvia Georg

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