Neuer Genuss in altem Gewölbe: "ZUSPANNS im Ratskeller" eröffnet

„Willkommen sei ein Wirt, ein Neuer, in dem historischen Gemäuer". Diese begrüßenden Worte im Gästebuch brachten den Anlass knapp auf den Punkt: nach knapp drei Monaten Leerstand kann im Ratskeller in Bad Hersfeld wieder gespeist werden. Gestern Abend feierte die Gastronomen-Familie Zuspann die Eröffnung mit einer Schar illustrer Gäste, an der Spitze Bürgermeister Hartmut H. Boehmer und Stadtverordneten-vorsteher Dr. Rolf Göbel.

„Zuspann’s im Ratskeller“ lautet der Name des neuen Restaurants im alten Gewölbe und bei der Eröffnungsfeier am Freitagabend war der Name zugleich das Programm: erfrischenderweise gab es nämlich nicht die sonst üblichen „salbungsvollen“ Ansprachen und Grußworte plus musikalischer Umrahmung, deren Länge Eingeladene zumeist zum Stoßseufzer „Wann gibt’s denn endlich was zu essen?“ veranlasst. Die Meisterköche Marc Zuspann, der das Engagement in der Festspielstadt initiierte und das Restaurant führt, und sein Vater Elmar Zuspann, Gründer und Galionsfigur der familiären Kulinarik-Entwicklung, halten nicht gern Reden: sie überzeugen lieber mit Geschmack und Qualität ihrer Genüsse aus der Küche und pflegen, wie jeder gute Gastgeber, das individuelle Gespräch mit ihren Gästen. Und genauso halten es auch die „Zuspann-Frauen“, Seniorchefin Roswitha, die Töchter Carolin und Kathrin sowie Schwiegertochter Iris, die allesamt im Familienbetrieb mit jeweils eigener Aufgabe arbeiten.

Alle kümmerten sich persönlich um die knapp 150 Gäste der Eröffnungsfeier, bei der Kennenlernen, individuelle Gespräche und natürlich der Genuss im Mittelpunkt standen. Die Hersfelder konnten bei einem „Flying Bufett“ mit vielen kleinen Portionen die ganze Bandbreite Zuspann’scher Köstlichkeiten „durchprobieren“: orientalischen Salat mit Garnelen, Fenchel und Curra, Grüne-Soße-Suppe mit Buttercroutons und frischer Kresse, frischer deutscher Spargel mit Roastbeef, Lamm mit Kreuzkümmel auf Butternudeln mit Rahmpfifferlingen, asiatisches Fingerfood „Dim Sum“, dabei gebackene Garnelen und kleine Frühlingsrollen.

... als Besonderheit ein "Whisky-Tasting"

Und zum Dessert: Himbeer Prosecco-Mousse, Mangosorbet mit Joghurt und Curra auf Glasnudeln, Rhöner Schmandmousse mit frischen Erdbeeren und Tongabohnen und Schokomousse mit Joghurt. Im Foyerbereich des Restaurants gab es Außergewöhnliches und Hochprozentiges: Der renommierte Weinhandel Jupp Hahner aus Fulda bot bei einem Whisky-Tasting sieben verschiedene Sorten an, mit so unaussprechlichen Namen wie „The Ileach“ oder „Bruichladdich“, zwischen 10 und 20 Jahren gereift, von hellgelb bis bernsteingolden und allesamt mit vorzüglichen Aromen unterschiedlichster Provenienz.

In ihrer „Stammregion“ Fulda haben die Zuspanns schon lange einen besonderen Ruf – wegen der gelungenen Mischung aus hoher kulinarischer Kompetenz, herzlichen Gastgeber-Qualitäten, Innovationsdenken und unternehmerischem Mut. Ideenreich und mit dem Gespür für die Wünsche der Gäste waren Zuspanns oft Vorreiter: Regional erzeugte Lebensmittel wurden verwendet, als Regionalität noch nicht „modern“ war; Catering für Geschäftsanlässe oder Privatpartys gibt es seit über 30 Jahren, als Festessen und Büfetts noch Pflichtaufgabe seufzender Hausfrauen waren; als heimisch verwurzelte Gastronomie wagte das Unternehmen den Schritt zur Übernahme des weit entfernten Restaurants CAMERA mit Großküchen-Anforderungen (in Wiesbaden auf dem Gelände von Taunusfilm und FH Wiesbaden).

...und immer noch Expansionspläne

Das einzige, was nicht dauerhaft klappte wie gewünscht, war der „Ritter“ in Fulda. Restaurant und 33-Betten-Hotel im Herzen der Altstadt führten Zuspanns 11 Jahre, bevor sie schweren Herzens aufgegeben werden mussten: hohe Pacht der Besitzer, Sanierungsbedarf und mangelnde Rentabilität des Hotelbereiches machten weiteren Einsatz unmöglich. Expandiert wurde dennoch weiter: Zuspanns führen auch das Golfclub Restaurant des Golfplatzes Hofgut Praforst Hünfeld (Kreis Fulda) und seit kurzem im thürigischen Geisa „Das Fürstliche Restaurant“ im historischen Schloss. Weitere Expansionspläne in Osthessen gibt es auch.

“Stammbetrieb“ der Familie ist die seit 1975 geführte Waldgaststätte „Praforst“ in Hünfeld, die von Kennern als „kulinarische Gnadenstätte“ bezeichnet wird. Die Idee zum Engagement in der Festspielstadt Bad Hersfeld ging von Marc Zuspann aus. Er hatte bei Cateringterminen Kontakte geknüpft und festgestellt, dass auf dem Praforst-Parkplatz immer öfter Fahrzeuge mit HEF-Kennzeichen standen, deren Lenker einen Tagesausflug mit gutem Essen verbanden – aber sowas auch gerne in den eigenen Stadtmauern hätten.

Recherchen ergaben, dass der traditionsreiche Ratskeller zu pachten war. Der vorherige Betreiber hatte im Januar 2010 das Gewölbe, das erst Ende der 1980er Jahre für gastronomische Zwecke ausgebaut worden war, unaufgeräumt verlassen. Wochenlange intensive Arbeiten machten das Gewölbe heller und brachten die Küche auf den modernsten Stand; die Einrichtung des Gastraumes wurde zunächst beibehalten. Während der Umbauphase stießen Zuspanns auf Hinweise zu früheren Wandgemälden im Keller, die eventuell zu einem späteren Zeitpunkt neu entstehen sollen.

Zwölf Stunden geöffnete Küche ... und mehr während der Festspiele

85 Sitzplätze im Gewölbe und 60 Plätze auf der Terrasse, stimmungsvoll auf dem Platz vorm Rathaus mit Blick auf den Lullusbrunnen gelegen, bietet „Zuspann’s im Ratskeller“. Mittagslunch, Kaffee und Kuchen, ein Snack zwischendurch oder großes Diner sind möglich von 11 bis 23 Uhr (täglich, außer Montag). Durchgängig - und das ist neu in der gehobenen Gastronomie Hersfelds - gibt es warmes Essen. Der Wunsch danach kam auch im Gespräch mit Gästen und Geschäftsleuten, deren Besprechungen sich oft bis nach den „klassischen Essenszeiten“ ausdehnten. Aber auch Touristen oder Einkaufsbummler werden die durchgehenden Essenszeiten begrüßen. Während der Festspiele wollen Zuspanns sogar länger öffnen und den Besuchern der Stiftsruine nach dem Kulturgenuss mit der kompletten Karte einen adäquaten kulinarischen Abschluss ermöglichen.

Die eigenen hohen Ansprüche an Küche und Service werden zunächst die eingearbeiteten Mitarbeiter aus der „Praforst“ etablieren, bis schrittweise heimisches Personal folgt. Woran man noch „arbeiten“ will: die schwierige Akustik. Wie bei denkmalgeschützten Räumen mit glatten Wänden üblich, „hallt“ es: „Wir wollen mehr Stoffe reinbringen und Verbesserungen probieren,“ sagte Elmar Zuspann. Aber vor allem arbeitet das gesamte Team aus Küche und Service daran, dass ein guter Wunsch des Eröffnungsabends aus dem Gästebuch Wirklichkeit wird: „Wartet ab, es dauert nicht lange, und die Gäste stehen euch Schlange.“

(Gabriele Weigand-Angelstein) +++