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- Fotos: Hanns Friedrich

05.02.10 - Bad Königshofen

Als der Bürgermeister HELBING noch Zöllner an der DDR Grenze war

Es war die Zeit der deutsch-deutschen Teilung, als der heutige Bürgermeister Thomas Helbling als junger Zollbeamter auch Dienst an der DDR-Grenze tat. Bei einer Führung durch die Ausstellung „Es war einmal die DDR“ berichtete er Jugendlichen des Jugendzentrums mit Renate Knaut über seine Erlebnisse. Was die Jugendlichen vor allem immer wieder interessierte waren die Flüchtlinge und auch, wie sie einst die Grenzsperranlagen überwunden haben. Im Museum für Grenzgänger konnten sie dann die zuletzt perfektionierte Grenze anhand eines Modells sehen aber auch die Minenattrappen und den Nachbau einer Selbstschussanlage, wie sie einst am DDR-Grenzzaun angebracht war.

Unverständnis und Kopfschütteln sah man bei den Jugendlichen. Sie können sich heute nicht mehr vorstellen, daß einst Zaun und Minenfelder Deutschland geteilt haben. Daß auf Flüchtlinge geschossen wurde oder diese im Minenfeld verbluteten. Das sei nicht nachzuvollziehen. Warum niemand eingegriffen hat? Fragten sie und auch, wie es sein konnte, daß man Menschen auf so brutale Weise von einander getrennt hat. Vor allem das Thema Flucht interessierte und auch die Absicherungsmaßnahmen der DDR Behörden. Der Abend mit Jugendlichen fand im Rahmen der Ausstellung des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld „Es war einmal die DDR“ statt. Für Jugendliche ist das Thema so interessant, daß sie in vier Wochen mehr über das einst geteilte Deutschland erfahren wollen.

Doch an diesem Abend ging es zunächst einmal um das Thema „Flucht“. Hanns Friedrich, Vorsitzender des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld e.V., der konnte dazu einiges berichten. Er selbst war in der Zeit ab 1978 immer wieder an der Grenze, damals als Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, später dann als Redakteur der Heimatzeitung „Bote vom Grabfeld“. Vieles habe er da mitbekommen, erzählte er. Den Jugendlichen stellte er die Frage, wie man wohl durch ein Minenfeld in den Westen gelangen könnte. Eine Antwort wurde nicht gefunden. Friedrich berichtete deshalb, daß es einmal eine Flucht bei Breitensee gab, wo zwei DDR-Bürger mit Hilfe eines Autoreifens in den Westen gelangten. Der Reifen war an einer langen Schnur befestigt und wurde ins Minenfeld geworfen. Dort wo keine Mine hochging, konnte man laufen.

Eine weitere Möglichkeit gab es aber auch, daß man den Spuren der Tiere folgte, denn auch hier konnte man weitgehend sicher sein, daß keine Mine explodierte. Ansonsten sei es immer wieder vorgekommen, daß auch größere Tier wie Rehe oder Wildschweine die Minen auslösten. Der Vereinsvorsitzende erzählte aber auch von zahlreichen Menschen, die in den Minenfeldern verbluteten und dann von westdeutschen Beamten gefunden wurden. So unter anderem einmal bei Roßrieth. Die Selbstschussanlagen interessierten und hierzu konnte Bürgermeister Thomas Helbling berichten, daß sie wirklich menschenverachtend waren. Sie waren mit dem Zaun verbunden und gingen bei der kleinsten Berührung los. Dabei wurden die Flüchtlinge schwer verletzt. In Milz gibt es einen ehemaligen DDR Soldaten, der verletzt wurde, als er eine solche Selbstschussanlage kontrollieren wollte. Sie war allerdings nicht abgeschaltet. Der Mann ist heute blind, eine Hand fehlt ihm, er ist im Gesicht entstellt und hört kaum noch etwas.

Bürgermeister Thomas Helbling berichtete von den Streifengänge bei Tag und Nacht. Zu Zweit sei man gewesen. Immer wieder einmal habe man versucht mit DDR-Soldaten Kontakt aufzunehmen. Was aber nie gelungen ist. „Ab und zu hat einer einmal heimlich ein Handzeichen gegeben,“ berichtete Helbling. Es sei so gewesen, daß keiner dem anderen über den Weg traute. Etwas, das vom DDR-Regime auch genau so gewollt war. Damit sei die Grenze abgesichert gewesen. Trotzdem gelang es immer wieder Menschen in den Westen zu kommen. Im Museum für Grenzgänger gibt es als Beispiel die Familie Blau aus Eicha, die im Juli 1989 die Grenzanlagen bei Breitensee überwunden hatte. Es war dies in dem Bereich die letzte Flucht. Heute habe die Grenze ihren Schrecken verloren, berichteten Hanns Friedrich und Thomas Helbling. Trotzdem dürfe dieser Teil der deutschen Geschichte nicht vergessen werden. Es habe der Schießbefehl gegolten und die Menschen seien regelrecht eingesperrt gewesen.

Daß es nicht leicht war den 3,20 Meter hohen Metallgitterzaun zu überklettern, das wußte ein Jugendlicher selbst. Er erzählte, daß er nach der Grenzöffnung 1990 einmal mit Freunden an der Grenze war. Dort konnte man vom Westen den Zaun schon überklettern, weil man sich auf Schrauben stützen konnte. Das Problem war dann aber wieder zurück zu kommen. „Das haben wir nicht mehr geschafft, den von DDR-Seite war der Zaun nicht zu überwinden,“ berichtete er. Etwas das bei Grenzführungen ebenfalls immer wieder erläutert wird und auch, daß die DDR, hätte sie weiterhin bestanden, ihre Grenze im Hinterland so gut abgesichert hätte, daß der Zaun im Bereich zu Westdeutschland wohl abgebaut worden wäre. Trotzdem wären die Menschen in der DDR eingesperrt worden, weil es keine Möglichkeiten gab in den Westen zu kommen. (hf) +++

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