Archiv


In Bad Hersfeld versammelten sich am Mittag... - Fotos (6): Gerhard Manns

16.02.11 - HOMBERG

Giftige Chemikalie ausgelaufen: 242 Personen betroffen - 42 in Kliniken

Ein leckgeschlagenes 200-Liter-Fass mit stark giftiger Flüssigkeit in der Umschlaghalle von "CargoTransLogistik" (CTL) im Industriegebiet von Homberg/Efze (Schwalm-Eder-Kreis) hat kurz nach Mitternacht einen hessenweiten Alarm für Feuerwehren und Rettungsdienste nach dem so genannten "ÜMANV"-Einsatzplan ausgelöst. Gegen 0:30 Uhr hatte ein Staplerfahrer wohl aus Unachtsamkeit ein Fass mit der Chemikalie "Thiophenol" beschädigt. Daraufhin fuhr er das Fass "quer durch die Halle", in der sich zu diesem Zeitpunkt etwa 100 Menschen befanden, und brachte es ins Freie. Den Mitarbeitern der Firma fiel der "bestialische Gestank" auf, den die auslaufende Chemikalie verbreitete. Nach Polizei- und Feuerwehrangaben sind rund 30 Liter der Flüssigkeit ausgelaufen. Thiophenol gibt stark giftige Dämpfe ab.

20:05 Uhr: Am Nachmittag haben sich nochmals vier Einsatzkräfte an der Verletztensammelstelle in der Stadthalle gemeldet und über Reizungen der Atemwege und teils über brennende Augen beklagt. Nach der Untersuchung wurden die vier Personen ebenfalls zur Beobachtung in ein Krankenhaus überführt. Somit wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt insgesamt 242 betroffene Personen bekannt, von denen 42 in Krankenhäuser aufgenommen worden sind. Unter den 42 Personen befinden sich 3 Feuerwehrkräfte, 5 Rettungskräfte und 6 Polizeibeamte bzw. Polizeibeamtinnen. Nach Polizeiangaben nahm am Nachmittag eine Fachfirma aus Frankfurt/Hoechst Luftmessungen auf dem Gelände und in der Halle der Firma CTL vor. Um 16.45 Uhr teilt diese Firma mit, dass auf dem Gelände keinerlei Gas mehr feststellbar ist. Um 18.15 Uhr wurde auch für die Luft des Halleninnenraumes Entwarnung gegeben. Die polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zur Rekonstruktion des Hergangs des Gefahrgutunfalls dauern an.

14:45 Uhr: Das Polizeipräsidium Nordhessen meldet: Von dem Gefahrgutunfall heute um 00:30 Uhr im Gewerbegebiet von Homberg/ Efze liegen aktuelle Zahlen vor. Es sind nach derzeitigem Stand 238 Personen betroffen, 38 Personen wurden in verschiedene Krankenhäuser aufgenommen. Im Bereich der Stadthalle, wo auch die Dekontermination vorgenommen wird, befinden sich noch ca. 60 Personen. Die Absperrmaßnahmen beschränken sich nur noch auf das Gelände der Firma CTL. Am MIttag wurden mehrere Einheiten des Deutschen Roten Kreuzes alarmiert, welche um 13:30 Uhr nach Homberg/Efze gefahren sind, um dort die Rettungsarbeiten zu unterstützen.

Der Arbeitsunfall wurde als "Großschadenslage" klassifiziert. Alle Feuerwehren des Landkreises und Einheiten umliegender Landkreise waren am frühen Mittwochmorgen im Einsatz. Ein Beobachter der Einsatzlage sprach von einem "Blaulicht-Meer", in das ganz Homberg "eingehüllt" sei. Wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Nordhessen auf Anfrage der Redaktion erklärte, seien das Firmengelände von "CTL" in der Ludwig-Erhard-Straße sowie umliegende Firmen - wie etwa das benachbarte Verteilzentrum vom "Dänischen Bettenlager" - mit vielen Arbeitskräften evakuiert worden. Nach den bisherigen Messungen bestehe für die Stadt Homberg/Efze allerdings keine Gefahr. Das Fass wurde von Spezialisten mit einem größeren Behälter abgedeckt, um zu verhindern, dass sich die Gase weiter ausbreiten können. Nur mit Atemschutzmasken konnten die Einsatzkräfte in der Nähe der Chemikalie arbeiten.

Nach Informationen von "osthessen-news" haben mehrere DRK-Einheiten gegen 3:30 Uhr damit begonnen, an der Stadthalle von Homberg einige Großzelte aufzubauen. Alle Personen, die möglicherweise durch giftige Dämpfe kontaminiert sind, mussten sich dort einfinden und ihre Kleidung abgeben. 16 Menschen wurden bereits mit Reizungen der Atemwege in Krankenhäuser gebracht, vier davon hatten sich in unmittelbarer Nähe des Fasses aufgehalten. Die Polizei geht davon aus, dass insgesamt etwa 130 Personen von den Dämpfen beeinträchtigt wurden. Es wird befürchtet, dass Folgen einer Vergiftung mit Thiophenol auch noch nach einiger Zeit auftreten können.

Insgesamt waren 120 Rettungskräfte, zehn Notärzte und 50 Einsatzkräfte der Feuerwehr vor Ort.

Betroffen von dem Notfall waren zunächst auch Einheiten aus dem Landkreis Fulda. Insgesamt drei Rettungswagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) waren durch den ausgelösten Alarm "in Marsch" gesetzt worden, wurden aber "abbestellt", noch bevor sie den Sammelpunkt an der Autobahnraststätte Großenmoor (A7) erreicht hatten.

Anders dagegen im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Dort wurde der sogenannte "ÜMANV-S"-Alarm um 01:25 Uhr ausgelöst. Nach diesem überörtlichen Alarmplan rückten drei Rettungswagen und ein Notarzt sowie die Sanitätszüge des DRK aus Bad Hersfeld und Rotenburg/Fulda in Richtung Homberg/Efze aus. Über ihren Einsatz ist nichts weiter bekannt. Im Rathaus wurde inzwischen von Stadtverwaltung und Polizei eine Pressestelle eingerichtet.

Aus dem Vogelsbergkreis ist nach Alarmauslösung eine "Sofort-Einheit" mit drei Rettungswagen und einem Notarzt nach Homberg geschickt worden. Weiterhin wurde für die Rettungskräfte der Region ein sogenannter "ÜMANV-B"-Alarm ausgelöst. Danach muss der Vogelsberg auch eine größere Transporteinheit mit mindestens sieben Fahrzeugen aus den verschiedenen Sanitätszügen zur Verfügung stellen. Am frühen Mittwochmorgen trafen sie sich an der Hessenhalle in Alsfeld und warteten auf den "Marschbefehl" durch die überörtliche Einsatzleitung in Homberg/Efze.

HINTERGRUND: "ÜMANV-S" ist die Abkürzung für "Überörtliche Unterstützung beim Massenanfall von Verletzten". Es ist ein Einsatzkonzept zur Bewältigung von Großschadenslagen im Rettungsdienst mit 500 – 1000 Betroffenen durch überörtliche Unterstützung. Das bedeutet, dass ein Schadensereignis passiert ist und dass Unterstützung aus den Nachbarlandkreisen angefordert werden muss. In diesem Fall werden die ÜMANV-Einheiten eines Landkreises von den jeweiligen Landkreisen alarmiert. Die ÜMANV-S-Komponente besteht aus drei Rettungswagen und einem Notarzteinsatzfahrzeug. Alle vier Fahrzeuge gehören zur normalen Regelvorhaltung des Rettungsdienstes. Die Alarmierung erfolgt wie bei jedem Rettungsdiensteinsatz über Funkalarmempfänger. Da das hauptamtliche Personal des Rettungsdienstes ständig einsatzbereit ist, können diese Einheiten sofort ausrücken. +++


... die Sanitäts- und Betreuungszüge des DRK Hersfeld-Rotenburg...

...um in Homberg/Efze zu helfen.





"Blaulichtgewitter" in Homberg. - Fotos: Vincenzo Contini


An der Stadthalle...

...werden Pavillons aufgebaut...


...und Säcke für kontaminierte Kleidung verteilt.


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön