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Der Saal war gut gefüllt.

15.04.10 - HÜNFELD

Rechtspflegertag: Große Sorgen - Bröckelt die "zweite Säule der dritten Gewalt"?

Die hessischen Rechtspfleger sind besorgt. Besorgt deswegen, weil zur Konsolidierung des hessischen Haushalts Einsparungen erforderlich sind, von denen auch die Justiz nicht verschont bleibt. 23,5 Millionen Euro weniger sollen 2011 in diesem Bereich ausgegeben werden - allerdings sollen die Einsparungen hauptsächlich durch "strukturelle Anpassungen" gelingen, weniger durch Personalabbau, so Dr. Roman Poseck vom Hessischen Ministerium der Justiz heute während der Podiumsdiskussion zum Hessischen Rechtspflegertag 2010 im Hünfelder Kolpinghaus. Mit "strukturellen Anpassungen" ist allerdings der Wegfall von Gerichtsstandorten gemeint, und insgesamt 60 Arbeitsplätze stünden ebenfalls auf der Kippe (osthessen-news berichtete mehrfach über den möglichen Wegfall des Fuldaer Arbeitsgerichts, beispielsweise unter http://www.osthessen-news.de/beitrag.php?id=1179682 .

Den Startschuss zum öffentlichen Teil des Rechtpflegertags gab Karl-Heinz Fischer, Vorsitzender des Bunds Deutscher Rechtspfleger. In seiner Begrüßung fand er klare Worte: Die finanzielle Krise, die auch die Justiz erreiche, wäre in Teilen vermeidbar gewesen. Alleine der Einsatz der Computersoftware "SAP" sei ein "Millionengrab", der "Verwaltungswahnsinn" nehme überhand. Darüber hinaus sei der Berufsstand der Rechtspfleger in Deutschland bereits jetzt hoffnungslos überfordert, jeder Einzelne müsse auf 120 Prozent seiner Leistungsfähigkeit arbeiten. "Eigentlich hätte sich heute niemand von uns auch nur eine Sekunde von seinem Schreibtisch entfernen dürfen", lautete dementsprechend sein Fazit. Seine Forderung an die Politik: "Wir dürfen nicht totgespart werden. Bei der Verteilung des Finanzkuchens erhalten wir nur eine Scheibe Knäckebrot, die bald zerbröselt".

Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn stellte die Situation während seines "erweiterten Grußwortes" etwas anders dar: Die hessische Justiz sei insgesamt gesehen in einer "guten Situation", die Belastung der Rechtspfleger sei aber definitiv zu hoch. Er warf den Rechtspflegern vor, auf "hohem Niveau" zu leiden, was ihm ablehnendes Gemurmel aus dem gut gefüllten Saal des Kolpinghauses einbrachte. Der Einsparbetrag 2011 sei sogar recht niedrig ausgefallen, ursprünglich wären 10 Millionen Euro mehr geplant gewesen. "Es kann nicht sein, dass Hessen jedes Jahr mehr und mehr Schulden macht. Einsparungen sind notwendig", so der Minister. Kritik übte Hahn an einigen hessischen Bürgermeistern: So akzeptiere er es nicht, wenn jemand an ihn herantrete und ihn bitte: "Minister Hahn, erhalten sie das Gericht in meiner Stadt". Er bitte darum, im gleichen Atemzug auch Vorschläge zu machen, wie der Erhalt der Gerichte bewerkstelligt werden könne.

Hünfelds Bürgermeister Dr. Eberhard Fennel zog es bei seinem Grußwort vor, sich aus der Finanzdiskussion herauszuhalten, und betonte seine große Freude darüber, dass der Hessische Rechtspflegertag am "Kompetenzstandort Hünfeld" stattfinde. Wesentlich schärfer argumentierte da Walter Spieß, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbundes Hessen: "In dieser Finanzkrise sind die Steuerzahler, und vor allem wir vom öffentliche Dienst, die Opfer. Wenn es so weitergeht, gibt es Zoff - auch vom DBB". Peter Damm, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Rechtspfleger, griff Minister Hahn während seines Grußwortes noch einmal direkt an: "Wenn Sie sagen, wir leiden auf hohem Niveau, dann vergessen Sie, dass jedes Leiden Leiden bleibt und krank macht".

In der an die Grußworte anschließenden Podiumsdiskussion mit dem Thema "Justiz 2010 - Qualitätssicherung in Zeiten leerer Kassen" wurde versucht, Wege aus der Finanzmisere zu finden und die aktuelle Situation zu erörtern. Am heutigen Nachmittag folgt der nicht-öffentliche Teil des Rechtspflegertags. (dz) +++


Staatsminister Jörg-Uwe Hahn (links), Karl-Heinz Fischer, Vorsitzender des BDR Hessen, Bürgermeister Dr. Eberhard Fennel.

Staatsminister Hahn...


...und Bürgermeister Fennel bei ihren Grußworten.

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion: Dr Roman Poseck vom Justizministerium (links), Thomas Aumüller, Präsident des OLG Frankfurt, Moderator Dr. Helmut Geiger, Ingolf Tiefmann, Vorsitzender des Bezirksrichterrats, Andreas Lang, stellv. Vorsitzender des BDR Hessen.


Bürgermeister Fennel hat für Fischer noch ein Geschenk: Regionale Spirituosen und Wurstwaren.

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