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21.06.08 - HERINGEN

Müssen Kali-Abraumhalden wegen Krebsgefahr stillgelegt werden?

Die Kanzlei MÖLLER Rechtsanwälte (Frankfurt am Main) hat am 19. Juni 2008 beim Regierungspräsidenten in Kassel für sieben Mandanten, darunter die beiden Nachbargemeinden Dankmarshausen und Dippach und ein Kind, einen Antrag auf Stilllegung der beiden das Landschaftsbild der Werra dominierenden Kali-Abraumhalden gestellt. Mit dem Antrag streben die Kommunen und Nachbarn einen Schutz gegenüber den gesundheitsgefährdenden Stoffen an, die aus der Addition der Immissionen (1) der beiden Kaliabraumhalden in Heringen und Philippsthal (2) der Wetterschächte des Kalibergbaues an beiden Standorten (3) den zukünftigen Immissionen der Müllverbrennungsanlage der BKB in Heringen verweht werden. Der im kompletten Wortlaut unter www.moellermeinecke.de publizierte 33-seitige Antrag stützt sich auf eine chemische Analyse der vielfältigen Giftstoffe, die in einer Menge von 200 Tonnen pro Jahr auf die Halden aufgeschüttet werden.

Nach der Immissionsprognose des Münchner Ingenieurbüros Schorling & Partner droht den Anwohnern der beiden Halden und der in Heringen in Bau befindlichen Müllverbrennungsanlage eine Gesundheitsgefahr insbesondere durch krebserzeugende Schwermetalle, die von den nicht abgedeckten Halden seit Jahrzehnten verweht werden. Einer der Antragsteller ist bereits an der Kehlkopfkrebs erkrankt und Indizien deuten daraufhin, dass dies eine Folge der jahrzehntelangen Belastung durch den Giftcocktail sein kann. Als Indiz für die Gefährdung wird auf die Lungenkrebssterblichkeit im Landkreis Hersfeld-Rotenburg verwiesen, die in der männlichen Bevölkerung um 18% höher ist als im Durchschnitt. Das Regierungspräsidium Kassel musste im Schreiben vom 18.3.2008 eingestehen dass zu dem auf die Halde in Heringen aufgeschütteten Gefahrstoffen auch Arsen, Blei und Cadmium zählen, die in hohem Maße krebserregend sind.

Rechtsanwalt Matthias Möller-Meinecke erklärt dazu: „Die jetzt aufgedeckten giftigen Inhaltsstoffe sind nur die Spitze eines Eisbergs, dessen wahre Dimension von der Kali + Salz AG unter Berufung auf ein Betriebsgeheimnis auch gegenüber der hessischen Landesregierung und dem Bergamt bislang verschleiert wird.“ In einem Zusatzantrag wird daher eine umfassende Analyse der Inhaltsstoffe des Staubniederschlages gefordert. Zur Aufdeckung der Gefahren fordert Möller-Meinecke ein vergrößertes Meßnetz und begründet dies damit, daß Kali + Salz derzeit seine Meßorte im Windschatten positioniert habe und als Folge die Orte mit einer Spitzenbelastung nicht erfasse.

„Schon diese methodisch unbefriedigenden Messungen belegen eine erhebliche Gesundheitsgefahr. Der Immissionswert der TA-Luft wird bei Blei deutlich um mehr als 70% überschritten, auch bei Cadmium ist eine wesentliche Überschreitung des Beurteilungswertes festgestellt worden.“ Im Antrag wird die Berücksichtigung auch der weiteren Emittenten in der Region gefordert. Zu diesen Schadstoffquellen zählt Möller-Meinecke:

(1.) Die Immissionen des Kalibergbaues, die über Wetterschächte emittiert werden und mit Nitrosegasen und Dieselabgasen, insbesondere mit Russpartikeln belastet sind. „In den ca. 56.000 cbm Abluft, die pro Minute ausgeblasen werden, sind die Rückstände von ca. 40.000 kg Sprengstoff und 32.000 l Diesel

pro Tag ungefiltert enthalten“, rechnet der Anwalt vor.

(2.) Kohlendioxidemissionen aus Gasausbrüchen aus den Schächten U-Bach 2, Herfa, Herfa-Neurode und Neuheringen, die erheblich mit Feinstäuben belastet sind.

(3.) Feinstaubemissionen des in Heringen von K+S praktizierten ESTAVerfahrens, durch das das Kalisalz trennfähig gemacht wird und deren Reste mit dem Steinsalz auf die Halde gefördert werden.

(4.) historische Vorbelastungen aus den Immissionen der Magnesium – Aluminiumwerke auf dem Gelände der ETN-Anlage in Heringen und der ehemaligen Bromfabriken in Heringen und in Dippach, sowie der Heeresmunitionsanstalt Berka/Werra, Herfa, der Schachtanlagen Alexandershall, Herfa-Neurode, Heringen und Abteroda

(5.) chemischer Kampfstoffe in den stillgelegten Grubenbauen in Dippach und Kampfstoffdepots in Kleinensee sowie

(6.) die Reste des Herbizideinsatzes am innerdeutschen Grenzstreifen (Selest 100 oder Agent Orange - Dioxin, Azaplant-Kombi, Simazin,, Atrazin, Uvon-Kombi 33, Yrodrazin, Bromicil, Hexazinon, Diesel), die die Reinheit der Trinkwassergewinnung aus zwei oberflächennahen Quellfassungen in Kleinensee nachweisbar seit dem Jahr 2004 durch Herbizidreste gefährden und auch in einer aktuellen Bodenprobe aus dem Grenzstreifen in einer Konzentration von 0,02mg/kg nachgewiesen wurden, obwohl die Stoffe seit 17 Jahren nicht mehr eingesetzt wurden.

Der Anwalt kommt zu dem Resümee: „Insbesondere für Kinder besteht in der Region ein außerordentlich hohes Risiko, langfristig an Krebs zu erkranken, weil Kinder beim Spiel im Freien die schwermetallhaltigen Stäube über ihre Finger und den Mund aufnehmen und in ihren Organen ablagern. In einer solchen Region ist eine zusätzliche Belastung durch die Giftstoffe aus einer Müllverbrennungsanlage unverantwortlich.“ +++

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