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14.06.11 - Bad Neustadt

1300 Jahre altes Spielzeug - Archäologischer Fund bei Friedhofsarbeiten

Immer dann, wenn eine Kommune auf ihrem Gebiet mit dem Erdaushub für Baustellen beginnt, muss auch das Amt für Denkmalpflege eingeschaltet werden. Nicht selten werden Archäologen auf Relikte vergangener Zeiten fündig. So war es auch bei der geplanten Friedhofserweiterung im Stadtteil Brendlorenzen.

Bürgermeister Bruno Altrichter verkündete nun zum Zwischenbericht vor Ort, dass man sicherlich damit rechnen konnte, dort auf gewisse Funde zu stoßen, datiert doch die katholische Kirche St. Johannes der Täufer aus der Karolingerzeit um 751 nach Christus. Und dort, wo sich Kirchen ansiedeln, hätte sich schon immer auch eine gewisse Bevölkerung angesiedelt. Die gefundenen Relikte der Vergangenheit seien sicherlich für weite Teile der heute hier lebenden Menschen von großem Interesse. „Man möchte doch wissen, was hier einst geschah und wie die Ahnen früher gelebt haben.“ Altrichter äußerte sich froh und dankbar für die neuen Erkenntnisse aus der Geschichte von Bad Neustadt. Dr. Andreas Büttner, Referent für Bodenpflege beim Landesamt für Denkmalpflege, ist für Rhön-Grabfeld und umliegende Landkreise zuständig. Er erläuterte vor Ort das „normale Prozedere“ seines Amtes. Derzeit seien etwa 42.000 Bodendenkmäler bekannt. Sie sind in der Bayerischen Denkmalliste verzeichnet und genießen einen umfassenden gesetzlichen Schutz. Dieser Schutz gilt aber auch den noch nicht entdeckten Bodendenkmälern. Für alle neu aufgefundenen Bodendenkmäler besteht eine gesetzliche Meldepflicht.

Seit mehr als 500.000 Jahren leben Menschen im heutigen Bayern. Die Spannbreite der archäologischen Spuren, die sie hinterließen, reicht von der Altsteinzeit in den Höhlen der Alb bis hin zu Befestigungswerken der Neuzeit. Gegenstand der archäologischen Denkmalpflege sind außerdem die historischen Ortskerne (Altorte) Keimzellen heutiger Dörfer und Städte, genauso aber auch im Boden verbliebene Zeugnisse der jüngsten Vergangenheit. Schon früher seien kleinere Funde der Vergangenheit rund um die Brender Kirche gefunden worden, bislang aber noch nichts Größeres. Bei der geplanten Friedhofserweiterung nun war das anders. Bei Sondagen stieß man auf frühmittelalterliche Siedlungsreste. Wie das so üblich ist beim Amt für Denkmalpflege, habe man die weiteren Ausgrabungen in private Hände übergeben. Der Bamberger Archäologe Jochen Scherbaum rückte mit einem Team an, richtig los ging es mit den Arbeiten am 18. Mai. Die Funde ließen sich in den Zeitraum des frühen und hohen Mittelalters, etwa ab 600 bis 1300 Jahre nach Christi datieren. Gefunden wurde ein Wohnhaus, dessen Wände in Holzbauweise auf eingegrabene Pfosten aufgesetzt gewesen sein muss, was zu den genannten Zeiten üblich war.

Nachgewiesen wurde eine Feuerstelle. Gebrannter Lehm wies auf die Kochstelle ebenso hin wie Keramikreste. Scheerbaum sprach von einem Sonderfall, denn ein weiterer Fund ließ den Grundriss eines überdimensionalen Grubenhauses erkennen. Noch suchen die Forscher dafür nach Erklärungen. Möglicherweise könnten sich Fremde aus dem sich ehedem nach Osten ausgebreiteten Frankenreich in Brendlorenzen angesiedelt haben. Gefunden wurden auch noch relativ gut erhaltene Knochen, Rippen und Schlachtabfälle. Ein Rätsel für die Forscher sind derzeit noch die aufgefundenen Steine innerhalb des Hauses, die Grundlage für eine Holzauflage sein könnten. Entnommene Bodenproben sollen weiter Aufschluss geben. Nachweisen kann man vielfach, welche Pflanzen zu früheren Zeiten wuchsen und welche Tierarten lebten sowie deren ehemaliges Aussehen in etwa. Gesammelt haben die Forscher in Brendlorenzen eine stattliche Anzahl von Fundgattungen, die berede Aufschluss geben über das Leben von einst. Auch früher schon habe es eine Art von Mode gegeben, anhand derer die Fundsachen recht genau bis auf 50 Jahre eingegrenzt werden können, so Dr. Büttner. Typische Verzierungen machen es noch genauer. Ein recht nettes Fundstück erläuterte Scherbaum als Spielzeug aus Kinderhand, angefertigt etwa vor 1300 Jahren, das erstaunlich gut erhalten blieb.

Die Ausgrabungen werden noch in dieser Woche (nach Pfingsten) eingestellt. Dann legt sich der Mantel der Neuzeit wieder auf das Areal, dessen Funde zuvor akribisch aufgezeichnet und die Fundstücke eingetütet an einen sicheren Ort verbracht der Nachwelt erhalten bleibt. Schon am kommenden Montag sollen die ganz normalen Arbeiten zur Friedhofserweiterung aufgenommen werden.(ger)+++

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