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23.04.09 - Schotten

Elektroauto ist kein technisches sondern ein Akzeptanzproblem

Wieviel Auto brauchen wir? Der Verein Erneuerbare Energien für Schotten informierte über Zukunftsautos. Zunächst war Probefahren angesagt. Referent Klaus Scheithauer vom Verein Solarmobil Rhein-Main war mit seinem dreiräderigen Leicht-Elektromobil TWIKE von Usingen nach Schotten angereist. Mit rasanter Beschleunigung und in scharfen Kurven konnten die meisten der 20 Teilnehmer – unter ihnen mehrere Magistratsmitglieder und Stadtverordnete aus Schotten – auf dem Parkplatz des Vogelparks ein neues Fahrgefühl erleben und hörten dabei nur den Fahrtwind. Seit 8 Jahren fährt der passionierte Elektromobilist durchschnittlich 18.000 Kilometern im Jahr mit seinem zweisitzigen Gefährt und gehört damit zu den Vielfahrern.

Steht der Durchbruch des Elektroautos unmittelbar bevor, fragte die Vorsitzende des Vereins Erneuerbare Energien für Schotten Dr. Jutta Kneißel zu Beginn der Veranstaltung. So wolle Opel bereits 2011 einen Viersitzer auf den Markt bringen und Daimler kündigte gerade auf dem Genfer Autosalon die serienmäßige Produktion von Lithium-Ionen-Batterien an. Da sei doch große Vorsicht angebracht, erklärte Klaus Scheithauer. Das Problem sei nicht so sehr eine leistungsfähige Batterie, sondern das Gewicht der Autos. Je schwerer es sei, desto mehr Energie werde benötigt und umso teurer würden die Batterien. So koste allein der Batteriesatz für einen Smart mehr als 20.000 Euro, um mit ihm ohne „aufzutanken“ 100 Kilometer zu fahren. Um mit weniger und damit billigeren Batterien fahren zu können, müsse das Gewicht des Autos drastisch reduziert werden. Und das sei nur mit Abstrichen am Komfort wie z.B. einer Klimaanlage und leichteren Materialien zu erreichen. Die Autofahrer müssten mit dem Elektroauto ihre Ansprüche an ein Auto verändern. Insofern sei Elektromobilität kein technisches Problem sondern ein Akzeptanzproblem bei den Verbrauchern, so Scheithauer. Er bezweifelte zugleich, dass die großen Autokonzerne überhaupt bereit seien, umzudenken. Schließlich würden sie vor allem an größeren Autos verdienen.

Dabei seien Elektroautos unter ökologischen Gesichtspunkten dringend notwendig, betonte der Referent. Sie seien fünf Mal effizienter als der öffentliche Nahverkehr. Zehn Leicht-Elektromobile von 250 Kilogramm Gewicht wie sein TWIKE brauchen so viel Energie wie ein Hybrid-Auto. Mit fünf Kilowattstunden fahre er 100 Kilometer. Das entspräche einem Verbrauch von etwa 0,5 Liter Benzin oder einen Euro an Energiekosten. Seine Reichweite betrage 200 Kilometer und die Höchstgeschwindigkeit 85 Stundenkilometern. Für den Normalbürger sei das mehr als ausreichend. Denn in 80 Prozent der Tage lägen die Fahrleistungen bei weniger als 40 Kilometer. Falls doch einmal eine größere Reichweite benötigt wird, reicht zum Laden an einer normalen Steckdose eine Minute pro Kilometer, also eine Stunde für 60 Kilometer. Normalerweise werde aber einfach nachts geladen. Ein weiterer Vorteil sind die niedrigen Folgekosten.

Ein Elektroauto hat nur wenige Verschleißteile, braucht keinen Ölwechsel und ist für fünf Jahre von der Steuer befreit. Hochgerechnet auf eine durchschnittliche Fahrleistung von 10.000 Kilometern verbrauche sein Auto die Jahresstromleistung einer Photovoltaikanlage von fünf Quadratmetern. Wären bereits heute alle 40 Millionen Personenkraftwagen in Deutschland mit Elektromotoren ausgerüstet, würde die dafür benötigte Strommenge nur um 16 Prozent des gesamten Stromverbrauchs steigen. Dieser Anteil kann bereits jetzt aus erneuerbaren Energie gedeckt werden. Das würde etwa 40 Millionen Tonnen Mineralöl einsparen, die bei der Verbrennung 100 Millionen Tonnen Kohlendioxyd erzeugen. Und wer ist sich schon bewusst, dass selbst beim weltweiten Umstieg aller Autofahrer auf ein Dreiliterauto die Kohlendioxyd-Emissionen weiter ansteigen, weil sich nach fast allen Voraussagen die Anzahl der Autos bis 2030 verdreifacht. Gegenwärtig verbrauche jeder Mensch im Durchschnitt zwölf Tonnen Kohlendioxyd im Jahr, von denen alleine sieben Tonnen durch unsere Mobilität und unser Wohnen erzeugt werden. Um den globalen Temperaturanstieg – wie international beschlossen – auf zwei Grad bis 2050 zu begrenzen, müssten die Kohlendioxyd-Emissionen jedoch auf zwei Tonnen pro Person und Jahr abgesenkt werden. „Wie soll das gehen,“ fragte Scheithauer, „wenn wir nicht sofort damit anfangen?“

Die Diskutanten schwankten in ihren Meinungen angesichts dieser Perspektiven. Einerseits sahen sie die Notwendigkeit für ein Umsteuern in unserer Mobilität. Doch wer wolle schon mit einem „aufgemotzten Elektrodreirad“ fahren? Ohne ein attraktives Elektroauto werde das nicht funktionieren. Es sei denn, der Spritpreis zwingt uns dazu, meinte eine Besucherin. Da seien die Chinesen doch besser dran. Die kämen vom Fahrrad. Vielleicht bringen sie das erste Elektroauto in Serie auf den Markt. +++

Bildunterschrift:

Referent Klaus Scheithauer erklärt der Vereinsvorsitzenden Jutta Kneißel wie sein Elektroauto funktioniert.

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