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29.01.09 - Bad Neustadt

„Integration braucht faire Bildungschancen“ - Maria Kaparulin gibt Nachhilfe

Für faire Bildungschancen macht sich Maria Kaparulin in Bad Neustadt stark. Die Lehrerin aus Sibirien unterstützt regelmäßig Kinder mit Migrationshintergrund bei den Hausaufgaben. Seit nunmehr elf Jahr engagiert sich Maria Kaparulin bei der Caritas Rhön-Grabfeld in sehr unterschiedlichen Bereichen, immer aber im Einsatz für Migranten. Früher hat die Lehrerin in ihrer sibirischen Heimat Geografie und Biologie unterrichtet. Diese Kombination ist in der Bundesrepublik zwar offiziell nicht zugelassen, doch profitieren Kinder in Bad Neustadt eindeutig von ihren Erfahrungen als Lehrerin. Und es bereite ihr eine „riesige Freude“, mit den Kindern zu arbeiten.

Etwa ein Dutzend kommt regelmäßig in ihre Nachhilfestunden. Sei es wegen sprachlicher Probleme, wenn Eltern nicht helfen können, oder wegen Verständnisproblemen, weil das Leben in der Bundesrepublik Deutschland doch ein ganz anderes ist als im früheren Zuhause. Bei manchen braucht es die Nachhilfe auch schlicht, um Defizite nach Krankheiten oder Ähnlichem wieder auszugleichen. Dass die Kinder aus völlig unterschiedlichen Ländern kommen wie Russland und Kasachstan, aus der Türkei, dem Kosovo oder Griechenland etwa, spiele dabei keine Rolle.

Die Nachhilfe ist kostenlos

In vielen Fällen werde zu Hause kaum Deutsch gesprochen. Da bleibe es nicht aus, dass in der Schule gebräuchliche Wörter schlicht fremd seien. Redewendungen werden häufig nicht verstanden, können auch gar nicht so recht übersetzt werden, weil jede Sprache ihre Eigenheiten hat. Auch hapere es erfahrungsgemäß beim Schreiben. Die Nachhilfe ist für die Kinder kostenfrei. Ob und wie lange sie angenommen wird, können die jeweiligen Eltern selbst entscheiden. Früher hat Maria Kaparulin noch an der Hauptschule in Bad Neustadt Nachhilfe gegeben, aktuell ist sie an der Grundschule aktiv, weil sich ganz klar herauskristallisiert habe, wie entscheidend die Grundlagen seien.

Das Angebot richtet sich an alle Schulklassen der Grundschule. Unterrichtet wird immer von Montag mit Donnerstag, jeweils von 11.30 bis gegen 15 Uhr. Nachhilfe gebe es so viel wie eben nötig, das könne sehr unterschiedlich sein. In jedem Fall aber sei diese Arbeit „das Beste, was ich je gemacht habe“, erklärt die engagierte Lehrerin. „Die Hilfe kommt an. Die Kinder kommen gerne“. Und auch der Kontakt mit den Eltern gestalte sich sehr gut. Auf die unterschiedlichen Religionen werde Rücksicht genommen. Weil die Kinder selbstverständlich schulfrei bekämen an deren Feiertagen, müssten sie den versäumten Unterricht irgendwie aufarbeiten. Auch hier springt Maria Kaparulin ein.

Gesamte Gesellschaft profitiert

Nirgends sei die Abhängigkeit des Bildungserfolges von sozialer und ethnischer Herkunft größer als in Deutschland, gibt sie zu bedenken. Dabei habe doch jedes Kind ein Recht auf Bildung. Politiker hierzulande sprächen von einer sozialen Verpflichtung, sie redeten davon, dass Bildung die wichtigste Ressource des Landes sei und dass Bildung der Schlüssel zur Integration sei. Sie sei sogar im Kern eine Bildungsfrage, wie die zuständige Staatsministerin Böhmer erklärt habe. Leider sei die Realität aber noch eine ganz andere, bemüht Kaparulin glaubwürdige Statistiken aus dem Staatsministerium. Demnach verlassen 17 Prozent der ausländischen Jugendlichen die Schule ohne Abschluss, von den deutschen Jugendlichen sind es immerhin noch acht Prozent. 40 Prozent der ausländischen Jugendlichen hätten keinen Berufsabschluss. Unter den Menschen türkischer Herkunft zwischen 15 und 64 Jahren seien es sogar 72 Prozent, bei griechischer Herkunft 61 Prozent, bei italienischer noch 56 Prozent. Während etwa 25 Prozent der deutschen Jugendlichen das Abitur machen, betrage die Quote bei den ausländischen Jugendlichen kaum zehn Prozent. Hier liegt ein riesiges Potential brach, so Kaparulin. „Was für die Kinder und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien getan wird, kommt schlussendlich der ganzen Gesellschaft zugute.“

Der nationale Bildungsbericht enthalte eine gute Nachricht, denn Jugendliche aus Zuwandererfamilien, die einen Beruf erlernen, hätten die gleichen Chancen wie Einheimische. Wo sich die Schule, wo Unternehmen, wo Stiftungen gezielt begabte Jugendliche aus Zuwanderfamilien fördern, können sich unglaubliche Potenziale entfalten, wie vereinzelte Beispiele schon jetzt aufzeigen. Freilich müssten diese Bestrebungen noch viel weiter ausgebaut werden. Damit auch die Eltern der Migrantenkinder nicht zu kurz kommen, gibt es in Bad Neustadt so genannte Konversationsabende, in denen auch Alltagsprobleme besprochen und möglichst gelöst werden. Immer dienstags gibt es das Angebot von 17 bis 18.30 Uhr im Caritashaus. Freitags von 20 bis 21.30 Uhr trifft sich die gleichermaßen beliebte wie ob ihrer Qualität anerkannte Singgruppe Regenbogen. (ger) +++

Bildunterschrift: Weil wirkliche Integration faire Bildungschancen braucht, gibt Maria Kaparulin an der Grundschule Bad Neustadt engagiert Nachhilfeunterricht für Schüler mit Migrationshintergrund. Foto: Partl

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