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"Der Surrealismus, das bin ich" (S.Dali) - Fotos: Jörg Moritz / moritz-foto.de

In der Kunststation Kleinsassens werden Dalis´ Werke noch bis zum 25.Oktober ausgestellt.

22.06.09 - KLEINSASSEN

Vernissage der Salvador Dalí-Ausstellung als ein "surreales Ereignis"

Die Kunststation erbebte vom Applaus, mit dem das Publikum das quittierte, was mit dem Wort „Show“ oder „Performance“ nur sehr unzureichend beschrieben ist. Denn das, was die Besucher der Vernissage gestern in der Kunststation zu sehen und zu hören bekamen, war weit mehr. Es war ein surreales Erlebnis, fühlbar gemachte Kunst, eine Erfahrung, für die es kein Vorbild gibt, außer vielleicht Salvador Dalí selbst und ein grandioser Auftakt für eine sehenswerte Ausstellung, in der – verteilt auf 3 Standorte – wohl die derzeit größte Schau mit Druckgrafik des genialen Spaniers zu sehen ist.

Verantwortlich für diese Einstimmung auf das Werk Dalís war der Düsseldorfer Künstler Max Roth, der gemeinsam mit seiner Truppe konsequent alle Erwartungen brach, mit verschiedenen Rollen und Klischees spielte, hintergründige Illusionen erschuf und ganz nebenbei eine musikalische Darbietung ablieferte, die in ihrer ungekünstelten Direktheit und souligen Emotionalität so manch bekannte Größe in den Schatten stellte. „Das war Weltspitze“, kommentierte denn auch der Sammler und Dalí Experte Heinz Ess in seiner Rede das soeben Erlebte und die begeisterten Reaktionen der Vernissagengäste gaben ihm recht.

Dabei musste das Publikum eine ganze Zeit lang warten, bis klar wurde, dass der Klempner, der sich an den Heizkörpern der Halle 3 in der Kunststation zu schaffen machte, kein gewöhnlicher Handwerker war. Plötzlich begann er zu den zarten Bossa Nova-Klängen der Gitarre des in Fulda allseits bekannten argentinischen Gitarristen Tony Osanah zu singen, brach ergriffen weinend zusammen, fasste sich abrupt wieder und verkündete, dass sich die Leute keine Sorgen machen sollten, er sei ohnehin nur ein Traum. Zum Beweis ließ er sich vom Publikum im Handumdrehen den starken spanischen Akzent wegzaubern.

Wie in einem Traum erschien auch „das Weib“, dargestellt von Danila Grafe, die – im Gothik-Outfit, weiß geschminkt und mit Kabeln verschnürt – Dalís Angst vor Frauen nachempfinden ließ, aber auch seine Faszination für das schöne Geschlecht sinnfällig machte. Zu Sitarklängen schlängelte sie sich in einem archaisch anmutenden Räucherstäbchentanz durch die Zuschauerreihen. Doch auch aus dieser Impression wurde der Besucher abrupt gerissen. Der „Klempner“ wollte lieber sofort erfahren, ob ein junger Mensch im Raum wäre, ein Vertreter der „Internet-Generation“, der erzählen könne, ob ihm der Surrealismus heute noch etwas zu sagen habe.

Mitten aus den Reihen der Zuschauer kam die Antwort. Ein zorniger junger Mann in Lederkutte regte sich in merkwürdig geschliffenen Worten auf, redete von der Kopie der Kopie der Kopie, die man sei, und erst nachdem die Rede anschwoll und der langhaarige „Rocker“ sich schließlich seine Jacke und sein T-Shirt vom Leib riss und den Raum stampfend verließ, begriff man, dass er Teil dieser Inszenierung gewesen war und ein Schauspieler, nämlich der Dortmunder Danijel Obens, diesen Part übernommen hatte. Den Text, den er vortrug, stammt aus einer zeitgenössischen Faust-Bearbeitung von Martin Rubin.

„Zeit aufzuwachen,“ holte einen Max Roth wieder auf seine Ebene der Realität zurück. Zum Tode von Gala, der Geliebten Salvador Dalís, gaben er und Tony Osanah noch ihre wunderbar sphärische Version von Thelonius Monks „Round Midnight“ zum Besten und holten dann mit einem Klatschen die Leute aus ihrem „Nickerchen“, in dem sie all das nur geträumt hatten.

Er habe nicht gewusst, was alles in Mitarbeitern der Gas- und Wasserversorgung stecke, zeigte sich der Landrat und Vorsitzender des Vereins Kunststation Keinsassen e.V., Bernd Woide, beeindruckt, bevor er das Wort an den Kurator der Ausstellung, Ralf-Michael Seele von der Städtischen galerie ada Meiningen übergab, der seinerseits die Aufgabe übernahm, den Leuten die Entstehungsgeschichte und die Konzeption der Ausstellung zu erklären, die nun u.a. mit Hilfe der Designspezialisten des Erfurter „atelier artus“ Realität geworden ist. Das Ergebnis dieser gemeinsamen Bemühungen hebt sich angenehm von anderen Dalí Ausstellungen ab. So helfen z.B. die großformatig in der Ausstellung abgedruckten Statements von Ausstellungsbesuchern verschiedener Altersstufen und sozialer Hintergründe, sich selbst mit seiner Meinung gegenüber den z.T. provokanten Arbeiten des Surrealisten zu positionieren.

Heinz Ess, Arzt, Sammler und Dalí Experte, dagegen ging in seinem lebendigen Vortrag, den er ganz ohne schriftliches Konzept hielt, auf die in Kleinsassen zu sehenden Arbeiten des Meisters ein. Beispielhaft sei hier erwähnt, dass der Zyklus der von Salvador Dalí überarbeiteten Goya-Grafiken in Kleinsassen zum ersten Mal vollständig zu sehen ist, ebenso wie die „Pantagruels“, bei dem sich Dalí von den Holzschnitten in dem 1532-64 erschienen Romanzyklus von Rabelais inspirieren ließ.

Aber nicht nur Werke der Bildenden Kunst beschäftigten Dalí, auch Literarisches und sogar wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien wie die Quantenphysik oder Einsteins Relativitätstheorie stachelten seine Fantasie an. So sind in Kleinsassen Illustrationen zu „Alice im Wunderland“ zu sehen und absurde Bilder von körperlichen „Perpetuum Mobile“. Daneben gibt es Wahrnehmungsexperimente, Filmaufnahmen, Geräusche, Vexierbilder und nicht zuletzt von Dalí gestaltete Drehbücher, Erzählungen und seine „Biblia Sacra“.

Kurzum: Die große Ausstellung „Salvador Dalí – Druckgrafik aus dem Dalí-Museum Berlin“ ist nicht nur der schlagende Beweis, dass Landkreis- und sogar Länderübergreifende Zusammenarbeit möglich ist und von Erfolg gekrönt sein kann, sie ist es auch wert, dass sie nach ihrem fulminanten Auftakt von so vielen Menschen wie möglich gesehen wird, und zwar an allen drei Standorten, der Kunststation Kleinsassen, der Städtischen galerie ada Meiningen und dem Schloss Elisabethenburg in Meiningen.

Was den Künstler Max Roth betrifft, so kann sich die Region freuen, einen so begabten Entertainer gewonnen zu haben. Der Weitgereiste, der aus Kolumbien stammt und u.a. auch lange in Dalís Heimatstadt Figueres lebte, ist soeben dabei seinen Hauptwohnsitz von Düsseldorf in die Rhön zu verlegen. Hier hofft man noch viel von ihm zu hören.

Die Ausstellung „Salvador Dali – Druckgrafik aus dem Dalí-Museum Berlin“ dauert noch bis zum 25.10.2009 und verdankt ihr Zustandekommen folgenden Förderern: Rhön-Rennsteig-Sparkasse, Stiftung der Sparkasse Fulda, Landratsamt Schmalkalden-Meiningen, Gothaer Allgemeine Versicherung AG, der Fuldaer Zeitung und Kultursommer Main-Kinzig-Fulda, gefördert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, unterstützt von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. Weitere Informationen unter www.meiningen.de, www.kleinsassen.de oder telefonisch unter 03693-44650. (MARIANNE BLUM). +++









Landrat Bernd Woide (vorn links) und Hofbiebers Bürgermeister Marcus Schafft (mit Fliege)







"Wer intervenieren will, muss provozieren."













Performance mit Tony Osanah (Gitarrist / links) - Folgende Fotos (8): Christoph-Neumann.com


Max Roth als wahnsinniger Klempner

der Dortmunder Schauspieler Danijel Obens


...Daniela Grafe als Angehörige der US Navy

Tony Osanah mit indischer Sitar ...


hintere Reihe v.l.n.r. Marianne Blum (Kunststation Kleinsassen), Carsten Kollmeier (Dali Museum Berlin), Peter Ballmaier (Kunststation Kleinsassen), Frau Kollmeier, Danijel Obens (Schauspieler), Tony Osanah (Gitarrist), Ralf-Michael Seele (Städtische galerie ada Meiningen) vordere Reihe v.l.n.r. Max Roth (Sänger, Entertainer), Vitalij Berg (Künstler), Arthur Blum, Daniela Grafe (Studentin), Peter Henryk Blum (Künstler)

Tony Osanah mit Gitarre...


der Dortmunder Schauspieler Danijel Obens

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