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Der Siegerentwurf von Sichau & Walter: die geplante Bauhöhe und die Distanz zur Christuskirche dürfte die Befürchtungen zerstreuen.

29.04.09 - FULDA

Siegerplan Ausbau Landesbibliothek von Sichau & Walter - Grünfläche bleibt

Mit Spannung erwartet - und von Befürchtungen Einzelner begleitet - nehmen die Pläne für den Erweiterungsbau der Stadt-, Hochschul- und Landesbibliothek am Heinrich-von-Bibra-Platz heute konkrete Gestalt an. Der Siegerentwurf des von der Stadt ausgeschriebenen Architektur-Wettbewerbs für das von Land und Bund mitfinanzierte Projekt für rund 3 Millionen Euro steht fest. Das renommierte Fuldaer Büro Sichau & Walter hat den ersten Platz belegt und den Zuschlag für das hessenweit einmalige Projekt einer gemeinsame Bibliothek von Stadt, Land und Hochschule auf 700 Quadratmetern Fläche bekommen. Offiziell wurde das Wettbewerbsergebnis heute Nachmittag vorgestellt. "osthessen-news" präsentierte bereits exklusiv die Pläne des Siegers und des Zweitplatzierten.

Bedenken gab es im Vorfeld von den unmittelbaren Nachbarn der künftigen Bibliothek – der evangelischen Christus-Kirchengemeinde. Deren Pfarrer Fried-Wilhelm Kohl und der Kirchenvorstand äußerten das verständliche Interesse, die bisherige Sicht auf den Kirchenbau sollte unbedingt gewahrt werden und die offene Grünfläche an der Flanke der Kirche ebenfalls so weit wie irgendmöglich erhalten bleiben. Pfarrer Kohl, der dem Preisgericht (ohne Stimmrecht) beigesessen hat, ist mit dem siegreichen Entwurf von Sichau & Walter nach eigener Aussage „im Großen und Ganzen einverstanden“ – allerdings nicht ohne zu betonen, am liebsten wäre ihm und seiner Gemeinde der Erhalt des status quo – sprich gar keine Bebauung gewesen.

Doch die Stadt will die finanziellen Möglichkeiten des Konjunkturpaketes nutzen. "Uns war bewusst, dass es ein sensibler Standort ist. Deshalb haben wir einen Architekturwettbewerb ausgeschrieben", sagte Oberbürgermeister Gerhard Möller am heutigen MIttwochnachmittag während einer Pressekonferenz, der das Gespräch mit der evangelischen Gemeinde gesucht habe und die Nachbarn auch weiterhin in die Detailplanungen einbeziehen möchte. "Es war eine einstimmig Empfehlung des Preisgerichts für den Sieger", erklärte Möller. 1,4 Millionen Euro werden aus dem Konjunkturpaket erwartet, weitere Zuschüsse vom Land Hessen beantragt und der Rest von der Kommune bezahlt. Kernpunkt des Neubaus ist ein Untergeschoss unter der bekannten Grünfläche. Auf rund 500 Quadratmetern (Nutzfläche für die reine Bibliothek mit Arbeitsplätzen: cirka 380 Quadratmeter) wird die Kinder- und Jugendliteratur - und somit die zu engen Räume der jetzigen Zentralbibliothek verlassen können - einziehen. Im Obergeschoss entstehen Multimedia-Räume für Veranstaltungen und Seminare etwa für Schulen und Jugendgruppen

Begeistert zeigte sich auch die Leiterin der Hochschul- und Landesbibliothek, Dr. Mariane Riethmüller: "Es ist genau das Richtige. Wir wollten keine Insellösung", sagte sie zu dem gemeinsamen Projekt von Hochschule, Stadt und Büchereiverbund. Die Stadtteilbüchereien bleiben übrigens erhalten und haben keinen Einfluss auf die neue zentrale Bibliothek am prominenten Ort des Heinrich-von-Bribra-Platzes. "Sie wissen von den ´Zwei Z´?", fragte Möller in Richtung der Architekten und verdeutlichte, dass die MIttel aus dem Konjunkturprogramm "zeitnah und zusätzlich" investiert werden müssten. Das heisst, dass noch dieses Jahr angefangen werden solle, zu bauen. Etwa ein- bis eineinhalb Jahre dauert nach Informationen des Architekten die Bauzeit. (Carla Ihle-Becker/Hans-Hubertus Braune)

Um sich selbst ein Urteil über den Siegerentwurf von Sichau & Walter und auch den zweitplatzierten Entwurf von Müller + von Soden machen zu können, veröffentlicht die Redaktion die beiden Erläuterungsberichte hier IM WORTLAUT:

Siegerentwurf von Sichau & Walter

"Die Ruhe des Ortes soll gewahrt bleiben, das Jetzt soll auch das Dann sein. Die vorhandene Topographie zwischen Landesbibliothek und Kirche mit ihrem schon bestehenden Höhenversprung wird ausgenutzt, der Bereich der Medien, der Leseplätze etc. wird als ein großer, funktional zusammenhängender Bereich in die vorhandene Topographie eingelassen und bildet so den Sockel für einen sichtbaren Gebäudeteil, der sich klar und ruhig, auf das notwendige Muss, auf das Wesentliche beschränkend, auf dem neu geschaffenen Plateau platziert, die Ruhe und auch die Gelassenheit des Ortes wahrend.

Vor dem Sockelgeschoss, davor gelagert, zwischen Kirche und Landesbibliotkek, zur Kirche leicht abgesenkt, ein kleiner, intimer Innenhof, durch eine große, raumhohe, verglaste Wand vom inneren Bereich der Bibliothek, zur Kirche durch eine Natursteinwand, neue und zu ergänzende vorhandene Begrünung abgegrenzt, ein zusätzlicher Verweilort, ein Ort für unterschiedliche Aktivitäten, ein Ort zum Spielen, ein Ort zum Ruhen, zum Lesen, zum Zuhören und zum Sehen, für die kleinen und großen Benutzer der Landesbibliothek. Im sichtbaren Gebäudeteil, oberirdisch, sind die Büros und besucherrelevanten Nutzungsbereiche ihrer Funktion entsprechend klar geordnet und gefügt. Das vorhandene Sekretariat wird in unmittelbare Nähe zum Direktorenzimmer in den neuen Gebäudeteil verlegt, dadurch entsteht eine direkte, zentrale Erschließung aus der Eingangshalle der bestehenden Landesbibliothek in die neuen Räume, mit direkter Blickbeziehung nach außen und einer großzügigen Erschließung des Sockelgeschosses.

Der bestehende Außenraum, die vorhandenen Freiflächen werden um das Plateau, der steinernen Freifläche, neu geordnet, von Mobiliar befreit, beruhigt, das die Kirche umgebende Grün wird weitergeführt, wo notwendig, mit Bäumen ergänzt, als grüne, in sich ruhende Fläche im Stadtraum, auch ein Verweilort, -aber anders, wie schon immer dagewesen, keinem Gestaltungszwang unterworfen. Dem oberirdischen Gebäude vorgelagert, in die Grünfläche eingelassen, leicht erhöht, eine steinerne Fläche, ein bespielbarer Außenraum direkt der Landesbibliothek zugeordnet, dem Bereich des Lesecafes, als Platz zusätzlicher, vielleicht auch öffentlicher Aktivitäten, als Platz für die Kunst, jeglicher Art.

Die Architektur, die Gestaltung des neuen, sichtbaren Bauwerks ist schlicht, seiner inneren Funktion folgend, ausgerichtet auf den neuen, kleinen Vorplatz und das ihn umgebende Grün, in Sichtkontakt mit dem vorhandenen Gebäude mit größtmöglicher Zurückhaltung, alles ist geordnet, aufeinander bezogen, von gewollter Klarheit und Struktur, hell soll das Gebäude sein, hell, transparent, offen und freundlich, mit Blickbeziehungen von innen nach außen und außen nach innen, offen, öffentlich. die Konstruktionen, die Baumaterialien sind einfach, Sichtbeton, innen, außen, vielleicht farbig, Holz und Natursteinböden, eloxierte Metallfenster, alles präzise gefügt. die Fensterflächen der seitlichen Erschließungstürme sind mit metallenen, farbigen Platten bekleidet, jegliche horizontale oder vertikale Strukturierung aufhebend, Halt gebend, begrenzend, als Reminiszenz an die Stadt Fulda, mit einem Muster sich wandelnder Lilienblüten überzogen, tagsüber beschützend, wie über dem im Vorplatz eingelassenen Lichtband des Sockelgeschosses, abends dezent leuchtend."

Erläuterungen des Entwurfs von Müller + von Soden - IM WORTLAUT:

Planungskonzept / Städtebauliche Einbindung: Erweiterungsbau als eigenständiger gerichteter Baukörper in Grenzbebauung zur Parkanlage an der Lindenstraße / Heinrich-von-Bibra-Platz

"Das Gebäude fasst den kleinen Park räumlich, schirmt ihn optisch gegen Norden ab, schafft bisher fehlende Intimität. Es präsentiert sich wie eine “begrünte Parkmauer“, welche die gesamte nordöstliche Parkseite schließt. Kirche und Kirchenvorplatz werden hierdurch akzentuiert, die von Südwesten gesehen bestehende „Störung“ durch das Nebeneinander zweier städtebaulich bedeutender , aber je solitär gedachter Gebäude – Christuskirche / Bibliothek wird von dieser Seite zugunsten der Christuskirche gelöst. Das neue Gebäude wird aus diesem Grund weitestgehend an die Straße/Gehweg herangeführt (Raumschließende Wirkung von Westen / Schlossbezirk her). Gleichzeitig stadtraumbildende Wirkung von Nordosten –Bahnunterführung her. Die Verkehrsader des Heinrich-von-Bibra-Platz wird vor der Landesbibliothek nun erst wirklich zum „Platz“.

Die Südwestkante des ehem. Finanzamts wird aufgenommen. Die Höhenentwicklung jedoch orientiert sich am Hauptgebäude der Landesbibliothek. Aufgrund der städtebaulichen Zielsetzung erhält das Gebäude zu den beiden Seiten Park / Bibliothek je verschiedene Gestaltelemente: Bibliotheksseitig (Nordosten) wird Transparenz und Urbanität betont, Parkseitig (Südwesten) wird die Glasfassade begrünt, eine vorgelegte Wasserfläche spiegelt Grün und Himmel; der Bau wird Teil der Parkanlage, in welche sich die Freihandbibliothek im Sockel mit fließendem Geländeverlauf öffnet. Trotz der unterschiedlichen Oberflächenwirkungen der beiden Längsfassaden handelt sich sich um ein durchgängiges Fassadenkonzept. Die geschlossenen Stirnfassaden, zur Straße und zur Kirche hin sind in Gestalt und Farbe zurückgenommen. So wird straßenseitig der denkmal-geschützte Bibliotheksbau von 1930 betont. Rückseitig bekommt die detailreiche neugotische Kirche ein ruhiges Gegenüber.

Gebäude / Erscheinung

Der Neubautrakt ist über eine schlanke erdgeschossige Taille an den Altbau angefügt. Der Zugang weitet sich zum Lesecafé. Freihandbibliothek mit Lese- und Spielbereich im Sockelgeschoss, Verwaltung und Gruppenräume im Obergeschoss. Die Treppen-erschließung der Geschosse ist Teil der hofseitigen Gestaltung, sowohl in der Tag- wie in der Nachtwahrnehmung vom Altbau und vom Bibliotheksvorplatz aus. Jahreszeitlich wechselnde Erscheinungsform des Baus: in der dunkleren Jahreszeit transparenter Lichtkörper, zum abendlichen Besuch der Bibliothek stimulierend, sommerzeitlich mehr geschlossen wirkend." +++


Bestechend schlicht und unaufdringlich schließt sich der Erweiterungsbau des siegreichen Entwurfs von Sichau & Walter an die Hochschul- und
Landesbibliothek an. Fotos (2): Sichau & Walter

Zum Vergleich ...so sieht die Seite vom Heinrich-von-Bibra-Platz heute noch aus. Foto: Hans-Hubertus Braune


Genügend Raum für die Christuskirche (links) ... - Fotos (2): Büro Müller + von Soden

... lässt auch das zweitplatzierte Modell der Architekten Müller + von Soden (Fulda)


So sieht die Grünfläche neben der Christuskirche heute aus. - Foto: Hans Hubertus Braune

Vor einigen Tagen hatten besorgte Bürger dieses Protestschild neben der Kirche aufgestellt: "Erhalt der Grünfläche mit freiem Blick zur Christuskirche" - Foto: Hendrik Urbin


Dr. Mariane Riethmüller und Gerhard Möller präsentierte heute den Sieger...

...und Architekt Hartmut Walter stellte seinen Entwurf vor.

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