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- Fotos: Hendrik Urbin

08.11.08 - FULDA

Ein farbenfrohes Bild aber mit ernstem Hintergrund bot heute zur Mittagszeit zwei Stunden lang der Universitätsplatz in Fuldas Stadtmitte: Bürger aller Altersschichten und unterschiedlicher politischer Meinungen waren sich in ihrer Meinung einig: "Kein Platz für Nazis in Fulda und anderswo" war zu lesen, Fahnen, Luftballons und die Plakate "Fulda Nazifreie Zone" prägten das Bild vor und während der Kundgebung, zu dem das Aktionsbündnis - bestehend aus Verbänden, Parteien, Gewerkschaften und anderen Einrichtungen - eingeladen hatte. Mehrere Vertreter von politischen Parteien und Organisationen sprachen zu den - nach Schätzungen der Polizei - etwa 1.500 Bürgern. Neben der Freude über die breite Unterstützung der Veranstaltung äußerten mehrere Redner zum Teil scharfe Kritik an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, der am Mittwoch die Beschwerde der Stadt gegen die Demonstration der NPD abgewiesen hatte. Sehen Sie dazu einen Rede-Ausschnitt als VIDEO - bitte oben klicken!

Oberbürgermeister Gerhard Möller machte den Auftakt. An die Teilnehmer gerichtet sagte er: „Ich danke ihnen, dass Sie zeigen: Fulda ist weltoffen, Fulda ist tolerant, Fulda ist demokratisch.“ Die Stadt sei tief verwurzelt in der Verfassung und wisse, was sie ihrer Geschichte schuldig sei. Möller sprach auch den Verbotsversuch des NPD-Aufmarsches an, mit dem die Stadt vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel gescheitert war (ON berichtete: http://www.osthessen-news.de/beitrag.php?id=1157371 ). Man müsse erkennen, so Möller weiter, dass die Mittel des Rechtsstaats offenbar nicht ausreichten, um einen solchen Aufmarsch zu verhindern. „Deshalb bleibt nur eins: Selbst Flagge zeigen!“, rief Möller den Bürgern zu. Die heutige Veranstaltung sei ein Bekenntnis - sowohl zur Stadt als auch zu Freiheit und Demokratie.

Noch schärfer und deutlicher äußerte sich auch Dr. Wolfgang Hamberger zu dem gescheiterten Verbot der „Willenskundgebung“ der Hessen-NPD. Der ehemalige Oberbürgermeister von Fulda übte scharfe Kritik: „Ich habe kein Verständnis für Richter, die solche Aufmärsche zulassen, wie wir sie zum wiederholten Mal heute erleben!“. Starker Beifall erhielt er für diese Anmerkung. Hamberger erinnerte an den Neonazi-Aufmarsch in Fulda im Jahr 1993 und appellierte an die demokratischen Parteien, die Grundrechte für die Zukunft zu sichern; gleichzeitig sollten sie aber, insbesondere die Versammlungsfreiheit, vor Missbrauch geschützt werden. Die Stadt dürfe nicht in einen solchen „Ausnahmezustand“ gezwungen werden, wie es heute der Fall sei. Sehen Sie dazu auch einen Rede-Ausschnitt von Dr. hamberger als VIDEO - bitte oben klicken!

MdB Michael Brand (CDU) thematisierte in seiner Ansprache besonders die Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk. Eine Lehre aus der Geschichte und dem Holocaust sei das Bekenntnis zum Staat Israel, sagte Brand. „Wir werden nicht zulassen, dass das jüdische Volk zum zweiten Mal von Massenvernichtung bedroht wird“, betonte er. Er kritisierte zudem die Linke, die im Bundestag eine gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus nicht unterstützt habe. Einige Kundgebungsteilnhmer riefen daraufhin „Lüge“, und viele nutzen ihre Trillerpfeifen für ein lautes Pfeifkonzert, in dem ein Teil der weiteren Rede unterging.

Den Bericht über die eigentliche Demonstration und "Aufzug" der NPD mit etwa 150 Teilnehmern lesen Sie in einem EXTRA-Bericht unter folgendem Link: http://www.angelstein-tv.de/OsthessenNews/beitrag_C.php?id=1157513

Die osthessische Europaabgeordnete Barbara Weiler (SPD) sprach sich für ein Verbot rechtsextremer Parteien aus. „Rechtsextremismus ist keine falsche Gesinnung. Rechtsextremismus ist ein Verbrechen!“, sagte Weiler. Wer Hass und Gewalt predige, sei keine demokratische Partei. Margaretha Hölldobler-Heumueller (Grüne) warnte anschließend, der Zuspruch nach rechts werde stärker. Allerdings sei dies nicht mehr so leicht zu erkennen wie früher. „Die beste Verteidigung für eine Demokratie ist, sie mit Leben zu füllen.“, betonte die Landtagsabgeordnete. Die Demokratie sei es wert und habe es zugleich nötig.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Waschke erklärte, Deutschland könne zurecht stolz auf die Demokratie und das Grundgesetz sein. Ein Parteienverbot sei zum Schutz der Demokratie schwierig. Doch es gäbe auch andere Wege wie etwa die Aktionen des heutigen Tages. „Ich glaube, von dem heutigen Tag wird ein deutliches Signal über die Stadtgrenzen hinausgehen. Wir wollen keine Hetze, Fremdenhass und Intoleranz!“, schloss Waschke. Jürgen Lenders (FDP) hob die Meinungsfreiheit als zentrales Element der Gesellschaft hervor. Die Demonstration gegen die NPD sei daher eine Demonstration für die Grundwerte der Gesellschaft.

Margarete Ziegler-Raschdorf (CDU) sprach sich dafür aus, den Tag nicht dadurch „kleinzumachen“, dass er für das politische Tagesgeschäft genutzt werde. Die Landtagsabgeordnete sagte an die Kundgebungsteilnehmer gerichtet: „Lassen wir die verwirrten und lauten NPDler wissen, dass in Fulda überhaupt kein Platz für sie ist.“ Der neue Präsident der Hochschule, Prof. Karim Khakzar, wies darauf hin, dass ausländische Studierende die Hochschule bereicherten und dazu beitrügen, Vorurteile abzubauen. Der Senat habe einstimmig entschieden, sich dem Aktionsbündnis anzuschließen und einen eigenen Demonstrationszug angemeldet.

Frank Herrmann, Regionsvorsitzender des DGB sprach den Antisemitismus im Alltag an. „Wir wollen weitermachen und das politische Immunsystem in der Stadt und anderswo stärken!“, erklärte Herrmann. Anschließend rief er die Bürger zur Teilnahme an der Demonstration auf. Werner Krah (SPD) zeigte sich stolz auf die Stadt Fulda. Er betonte, das Aktionsbündnis werde auch über den heutigen Tag hinaus Bestand haben. Im Anschluss an die Kundgebung begann der Demonstrationszug durch die Stadt.

Auf dem Uni-Platz waren den ganzen Tag über zahlreiche Organisationen und politische Parteien mit Ständen vertreten. Der DGB etwa hielt Informationen zum Thema „Soziale Frage“ bereit. Immer, wenn es Krisen gäbe, nutzten die Rechten das aus. Dem wolle der DGB entgegen wirken, erklärte Frank Herrmann im Gespräch mit „osthessen-news“. Außerdem boten die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), verd.di Jugend, die Linke, attac, DAFKS, CDU und Transnet Info-Material an. (th) +++


Als "Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie" bezeichnete OB Gerhard Möller die Veranstaltung am Uni-Platz.













































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