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IG Metall-Demo vor REFORM-Rabenseifner - Alle Fotos: Martin Angelstein

Die Forderung "Wir wollen unsere Tarife zurück"

19.09.06 - Fulda

"Störrischer Arbeitgeber" - IG METALL-Demo vor REFORM-Rabenseifner

Mit einer Protestkundgebung vor der REFORM Maschinenfabrik Adolf Rabenseifner in Fulda haben heute Nachmittag knapp über 100 Gewerkschafter und Betriebsangehörige gegen die Tarifvertragslosigkeit des Unternehmens demonstriert. Von einem Trillerpfeifenkonzert "umrahmt" forderten die Redner der Veranstaltung vor den - mit roten Käppchen bekleideten und IG Metall-Fahnen ausgerüsteten - Teilnehmern die Rückkehr des Betriebes in die Tarifbindung der osthessischen Metall- und Elektroindustrie sowie das "umgehende" Zurückkommen der Geschäftsleitung an den Verhandlungstisch. Von einem "störrischen Arbeitgeber" war die Rede und es kam immer wieder die Aufforderung, zu Gesprächen bereit zu sein. Sollten diese am morgigen Mittwoch nicht beginnen, hat die Gewerkschaft für den Donnerstagmorgen einen Protestmarsch durch Fulda vor das Büro der Eigentümerfirma ATON GmbH angekündigt.

Jörg Köhlinger von der IG Metall-Bezirksleitung Frankfurt kritisierte, hier gehe es "um ein Machtspiel des Arbeitgebers", der die Möglichkeiten ausprobiere. Aber nicht nur der Inhaber, sondern auch die leitenden Angestellten trügen Verantwortung: "Keine Geschäftsleitung, die auf fairen Ausgleich bedacht ist, bedient sich des Schürens von Angst vor der Arbeitslosigkeit". Köhlinger wollte einen Warnstreik sowie eine eventuelle Kampfabstimmung und einen folgenden Streik bei dem Betrieb nicht ausschließen, erklärte aber eindeutig: "Wir wollen faire Verhandlungen". Besitzer und Geschäftsleitung müssten ihr eigenes Zutun zu einer möglichen Eskalation nicht übersehen: "Wer Wind sät, wird Sturm ernten".

Hintergrund der Auseinandersetzung ist der im Mai dieses Jahres vollzogene Betriebsübergang des Unternehmens auf die neue Gesellschaft - eine hundertprozentige Tochter der ATON GmbH (www.aton.de) von Investor Dr. Lutz Helmig. Zu seinen Unternehmungen gehört unter anderem auch die Fuldaer Designschmiede EDAG. Die Mitarbeiter der Reform Maschinenfabrik (200 Beschäftigte, die hochwertige Maschinen unter anderem für die Automobil- und Flugzeugbranche herstellen) hatten vor eineinhalb Jahren einem Sanierungstarifvertrag zugestimmt, der ihnen finanzielle Einbußen abverlangte, um dadurch der drohenden Insolvenz des Unternehmens zu entgehen. Die Mitarbeiter hätten darauf vertraut, dass der Arbeitgeber im Arbeitgeberverband bleibe - was der neue Besitzer aber nicht tat - und ab dem 01. Januar 2008 die volle Gültigkeit aller Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Osthessen garantiere. Da der Besitzer der Firma sich geweigert habe, in den Arbeitgeberverband einzutreten, sei er am 26. Juli zu Tarifverhandlungen aufgefordert worden. Diese wurden mit Schreiben vom 03. August aber „mit Bedauern“ abgelehnt. Somit steht die Belegschaft der Reform Maschinenfabrik Adolf Rabenseifner möglicherweise kurz vor einem Arbeitskampf.

"Herr Dr. Helmig ist ja kein schlechter Unternehmer und er soll ja auch Geld verdienen, aber sich auch an Tarifverträge halten" sagte Gewerkschaftssekretär Ferdinand Hareter. Er kritisierte auch, dass sich eine Minderheit von Mitarbeitern nicht dem Protest der IG Metall anschließe. Wenn diese schon die Gewerkschaft für überflüssig halte, dann sollten die 28 Unterzeichner einer Protestliste auch ihre Lohnerhöhungen und Weihnachtsgelder zurückgeben - die habe schließlich die Gewerkschaft für die organisierten Mitglieder erstritten. Hareter forderte die Geschäftsleitung ultimativ auf, sich zu Gesprächen bereit zu erklären. "Arbeitnehmer sind in diesem Land nicht da, um zu verzichten und Reiche noch reicher zu machen", denn "wer arbeitet soll auch gerechten Lohn erhalten". Falls das Unternehmen sich weiter weigere, werde es einen Warnstreik, 150 Protest-Plakate in der Stand und Solidaritäts-Unterschriftenlisten geben. "Dann wird diese Firma in den nächsten Monaten nicht zur Ruhe kommen".

Ähnliche Worte und Forderungen auch aus dem Munde von Michael Pilz, dem 1. Bevollmächtigten der IG Metall Hanau/Fulda. "Wo Recht gebrochen wird, stirbt die Freiheit - und viele Familien kämpfen um ihre Zukunft". Die Gewerkschaft habe ein großes Interesse, dass die Firma wachse und es neue und sichere Arbeitsplätze gebe. Die Solidarität habe heute erst begonnen - und die Metaller seien zu vielem fähig. "Millionen sind stärker als Millionäre" sagte Pilz abschließend und erhielt viel Applaus.

Die Vorsitzende der betrieblichen Tarifkommission, Beatrix Oehlenberg, erklärte unter dem Beifall der Protestler, wenn die Tarifgebundenheit wieder hergestellt werde, könne man die Arbeitszeit bei der REFORM wieder für "sinnvollere und dringend notwendige Dinge" nutzen. "Unsere Auftragsbücher sind voll und wir müssen ranklotzen, damit wir das Jahresziel schaffen. Es ist allen damit gedient, wenn hier wieder verhandelt wird und Ruhe einkehrt."

Frau Oehlenberg ist auch Betriebsratsvorsitzende, sprach heute jedoch in ihrer Funktion als Vorsitzende der betrieblichen Tarifkommission und als IG Metall-Mitglied. In ihrer ausführlichen Ansprache zum Thema "Die Refom-Belegschaft will ihre Tarife zurück!" schilderte sie noch einmal den Kampf um Firma und Arbeitsplätze vor anderthalb Jahren sowie die Hoffnung auf Sicherheit nach dem Abschluss des Sanierungstarifvertrages. Auch die bereits mehrfach öffentlich geäußerte Enttäuschung über das Verhalten der Beteiligungsgesellschaft ATON des Investors Dr. Lutz Helmig, die die Arbeitnehmer beim Betriebsübergang um das Vereinbarte - Rückkehr zur Tarifbindung ab 2008 nach Lohnverzicht - geprellt habe, erläuterte die Rednerin (s. osthessen-news-Bericht am 07.09.).

Die Gewerkschafterin erläuterte, warum der Betriebsrat keine Überstunden mehr genehmige und keine neuen sogenannten "Dienstverträge" geduldet würden: damit einerseits der Arbeitgeber wieder an den Verhandlungstisch zurückkehre. Und damit nicht neue Arbeitnehmer zu anderen, schlechteren Bedingungen eingestellt werden könnten. Als Folge befürchte man eine Aufspaltung der Belegschaft. Beatrix Oehlenberg ging auch auf die Veröffentlichung einer Minderheit der REFORM-Belegschaft ein, die exklusiv bei "osthessen-news" erschienen war. (s. Bericht vom heutigen Tag). Es sei "gelebte Demokratie", wenn diese Kollegen das Recht nutzten, eine andere Meinung zu den Vorgängen zu äußern. Der Vorwurf, die IG Metall habe Mitarbeiter "unter Druck gesetzt", damit diese nicht auf der Liste der Gegenseite unterschrieben, sei "eine Lüge". Oehlenberg kritisierte, auf dieser Unterschriftsliste stünden Namen von "nicht Betroffenen": in den Gehältern von Mitgliedern der Führungsriege seien Dinge wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld bereits enthalten und Außertarif-Angestellte verdienten größtenteils mehr als "der normale Arbeiter hier". +++


Die Botschaft ist klar...




Gewerkschaftssekretär Hareter ....


...und Beobachter aus dem Betriebsgebäude mit Notizen ...


Jörg Köhlinger von der IG Metall Bezirksleitung Frankfurt


Gab sich kämpferisch: Bea Oehlenberg in ihrer Funktion als Vorsitzende der betrieblichen Tarifkommission

Diese Forderung soll in den kommenden Tagen vom Arbeitgeber erfüllt werden...


Michael Pilz, 1. Bevollmächtiger der IG Metall Hanau/Fulda

Wann kehrt bei REFORM-Rabenseifner wieder Ruhe ein?

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