ICE-Opfer Udo BAUCH stellt Buch vor: "Ich habe Eschede überlebt"

Pünktlich zum 5. Jahrestag des ICE-Unglück von Eschede - bei dem 101 Fahrgäste des ICE 884 Wilhelm Conrad Röntgen bei Tempo 200 in den Tod gerissen und viele hundert schwer und leicht verletzt wurden - stellt der im osthessischen Eichenzell lebende UDO BAUCH ein Buch darüber vor. Sein Titel "Zugunglück von Eschede überlebt" - Mein schwerer Weg zurück ins Leben/Ein Opfer berichtet über seine Erfahrungen".

In diesem 104-seitigem Buch setzt sich der 35-jährige Familienvater - wie er sagt - "offen, ehrlich und dennoch sehr kritisch" mit dem folgenschweren Zugunglück von Eschede auseinander. Besonders behandelt er auch das aus seiner "Opfersicht" schlechte Verhalten der Deutschen Bahn AG bei der Schadensregulierung.

Im ersten Teil des Buches schreibt Bauch über sich, seine Familie und das Leben vor dem Unglück. Danach geht es sehr direkt und intensiv um den 3.Juni 1998, "der mein Leben veränderte" und welche schrecklichen Auswirkungen das ICE-Unglück hatte. Weiterhin berichtet er über den wichtigen Zusammenhalt der Familie und Freunden bei diesem Unglück und über seine Erfahrungen mit den Medien und mit Behörden. Im letzten Teil des Buches behandelt er sein persönliches Gelöbnis, den Bau der Eschede-Gedenkstätte-Lourdeskapelle Eichenzell und die Bedeutung des Glaubens.

Für alle Leser, die ähnliche Schicksalschläge hinnehmen mussten, soll dieses Buch Trost und Ratgeber sein. Zugleich zeigt es auf sehr eindringliche Weise, was es bedeutet, das Leben als Geschenk zu betrachten.

Dieses Buch ist die erste Veröffentlichung aus der Sicht der vielen Eschede-Opfer. Es wird in zwei Ausführungen zu beziehen sein: Hardcover-Ausgabe ISBN 3-8330-0807-5 VKP 16,80 Euro sowie als

Paperback-Ausgabe ISBN 3-8330-0806-7 VKP 8,00 Euro. Zum ersten Mal öffentlich vorstellen will Udo Bauch das Buch heute in einer Woche, am 09. Mai um 18 Uhr im Pfarrsaal von Eichenzell. +++

Nachfolgend eine - gegenüber dem Original - gekürzte Leseprobe auf dem Buch:

"Ich hörte nach dem Unglück keine Schreie, denn es war totenstill um mich herum. Vom Einsturz der Brücke bis zum endgültigem Stillstand des zertrümmerten ICE "Wilhelm Conrad Röntgen" sollen es nur 3,6 Sekunden gewesen sein. In dieser kurzen Zeitspanne verloren 101 Menschen bei dem größten Zugunglück in der deutschen Geschichte auf qualvolle Weise ihr Leben. Auch viele Kinder waren unter den Toten zu beklagen. Und die Leben vieler weiterer Menschen, insbesondere der Angehörigen, veränderten sich durch das, was geschehen war, auf gravierende Weise.

..........

Bereits ab 11.07 Uhr versammelten sich zahlreiche Notärzte, Polizisten, das Technische Hilfswerk, Sanitäter und Beamte des Bundesgrenzschutzes an der Unglücksstelle. Der Anblick für die Helfer muss unglaublich und schrecklich gewesen sein. Viele von Ihnen hatten ein solches Ausmaß eines Unglückes in ihrem Leben noch nicht gesehen und hatten damit große Probleme. Viele Helfer von Eschede haben bis heute seelische und psychische Probleme und konnten das Unglücksgeschehen immer noch nicht vollständig verarbeiten. Ihr enormer Einsatz wurde später von vielen Seiten gewürdigt und gelobt. Bis 13 Uhr sollen sich bereits über 1000 Helfer an der Unfallstelle eingefunden haben.

.................

Ein Unfallmediziner sprach in einem Zeitungsinterview von einem Wunder, dass im Wagen 5 überhaupt noch Verletzte geborgen werden konnten. Der Körper des Menschen ist nämlich nicht für einen Aufprall mit Tempo 200 geeignet. Üblicherweise werden die freihängenden Körperteile (Arme, Beine und Kopf) einfach abgerissen und der Mensch stirbt. Mit den inneren Organen geschieht Ähnliches. Die meisten Menschen, die getötet wurden, starben laut Medizingutachtern tatsächlich innerhalb weniger Sekunden, und mussten daher nicht lange leiden. Vielleicht ein kleiner Trost für die Hinterbliebenen in ihrem großen Leid. Ich hatte unsagbares Glück (ich nenne es meinen Schutzengel), dass dasselbe nicht auch mit mir geschah.

..................

Am 4. Juni wurden an allen öffentlichen Gebäuden die Flaggen auf Halbmast gesetzt und auch Bundeskanzler Helmut Kohl und der damalige Ministerpräsident Gerhard Schröder trafen in Eschede ein und versprachen nicht nur eine lückenlose Aufklärung des Unfallgeschehens, sondern auch eine schnelle und unbürokratische Hilfe für die Unfallopfer und Hinterbliebenen.

Dies waren im Nachhinein betrachtet - wenigstens aus der Sicht eines Opfers - leider nur Politikersprüche. Die vielen Hinterbliebenen und Verletzten wurden eines Besseren belehrt und fühlen sich teilweise bis heute von der Deutschen Bahn AG schlecht behandelt.

Aus dem gesamten Landkreis Celle mussten am 3. Juni 1998 die Leichenwagen zum Abtransport der Todesopfer eingesetzt werden. Vom 04.06.1998 bis 06.06.1998 wurde an vier Sektionstischen die Obduktionen vorgenommen. 98 Opfer des Zugunglückes wurden zur Aufbewahrung und Identifizierung in das Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover gebracht. Einige Stockwerke höher lag ich auf der Intensivstation und hatte mit meinen schweren Verletzungen zu kämpfen. Meine Frau ahnte zu diesem Zeitpunkt noch Nichts von meinem kritischen und lebensgefährlichem Zustand. So war in Eichenzell das Leben noch ganz normal. Gott sei Dank, dass ich das Unglück überhaupt überleben durfte!

......."