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Dieses Grabstein-Fragment darf künftig im Mediana-Pflegestift-Neubau als Hinweis auf den historischen Fund gezeigt werden. - Martin Angelstein

Nach 60 Jahren gefunden und heute der Jüdischen Gemeinde übergeben. - Martin Angelstein

01.09.02 - Fulda

Fund und Rückgabe jüdischer Grabstein-Fragmente nach 64 Jahren

64 Jahre nach der Zerstörung des früheren jüdischen Friedhofes in der Stadtmitte von Fulda durch die Nationalsozialisten wurden heute anlässlich des "Tag des Denkmals" jüdische Grabstein-Fragmente an die jüdische Gemeinde Fulda zurückgegeben.

Der alte jüdische Friedhof Fulda an der Rabanusstraße (in der heutigen Innenstadt) war während des Naziregimes 1938 geschlossen und 1940 - wie es im offiziellen Sprachgebrauch hieß - "geräumt" (zerstört) worden. Auch ein Teil des heutigen Hauptzollamtes wurde nach dem 2. Weltkrieg auf dem Gelände des einstigen jüdischen Friedhofes gebaut. Später wurde ein Gedenkstein von der Stadt Fulda auf dem Gelände aufgebaut, das inzwischen als innerstädtische Grünfläche und kleiner Park dient. Vor einigen Jahren wurde dieser Bereich in "Jerusalemplatz" benannt.

Bei den Bauvorbereitungen für das neue "Mediana-Pflegestift" am Martin-Luther-Platz gab es Hinweise, dass möglicherweise in den Fundamenten der früheren Krankenhaus-Isolierstation auch jüdische Grabsteine verwendet worden seien. Und der Tip war richtig. Es wurden Fragmente gefunden und von den Arbeitern der Baufirma Kropp (Großenlüder) vorsichtig geborgen.

Der Historiker und Geschäftsführer des Heimträgers, Dr. Stefan Arend (Fulda) sagte heute, solche Grabsteine seien "oft zwischengelagert und während des Krieges neu verbaut" worden. Die Rückgabe sei eine Selbstverständlichkeit, denn diese steinernen Fragmente seien "Teil der historischen Wahrheit für Deutschland" und gehörten deshalb in die Hände der jüdischen Kultusgemeinde. Es sei zu befürchten, dass solche Funde früher nicht als Bestandteil des Denkmalerbes, als deutsches Geschichtszeugnis oder bedeutender Wert für jüdische Gemeinden betrachtet wurden und "einfach weggeworfen wurden".

Auf die Bedeutung der Totenehrung und Totenruhe ging Prof. Dr. Klaus Werner vom Landesverband der jüdischen Gemeinden Hessens ein. Es sei für das jüdische Empfinden undenkbar, einen Leichnam zu vernachlässigen oder die Ruhe der Toten zu stören. Dem Toten gehöre die Erde, in die er gebettet wurde und darüber dürfe kein anderer Mensch verfügen. Deshalb komme auch dem Grabstein eine besondere Bedeutung, denn es sei die religiöse und moralische Pflicht der Nachkommen, das Grab der Vorfahren zu ehren und zu bewahren. Prof. Werner - er ist Verantwortlicher für die Jüdischen Friedhöfe in Hessen - sprach den besonderen Dank für die Arbeit und Mühe im Zusammenhang mit der Rückgabe der Steinfragmente aus. Friedhöfe seien auch Orte der Hoffnung und der Mahnung auf ein menschliches Miteinander.

Bei der Feier am Fundort, der Baustelle für das neue Mediana-Pflegestift am Martin-Luther-Platz, sagte die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Linde Weiland, vor etwa 30 Menschen, sie sei "tief berührt". Ein solcher "Akt offizieller Rückgabe" finde erst zum zweiten Mal in Hessen statt. Die Grabsteine hätten für die Juden in Fulda eine große religiöse, menschliche und historische Bedeutung. Mit ihrer guten Tat habe die Familie Arend einen Eintrag in das "Buch der Ewigen Lebenden" verdient. Die Juden in und aus Fulda dankten und wünschten der Familie Gottes Segen.

Nach der kleinen Zeremonie wurden die Grabstein-Fragmente direkt zum heutigen Jüdischen Friedhof gebracht und damit in der Obhut der Fuldaer Gemeinde gegeben. Sie sollen dort in einer kleinen Mauer ihren endgültigen Platz finden - bis auf ein Stück. Dieses Teil wird nach Zustimmung der jüdischen Gemeinde einen besonderen Platz im künftigen Mediana-Pflegestift erhalten. Darauf sind keine persönliche Daten oder Namen, sondern nur der Teilsatz ".... wurde begraben am ..." zu lesen. Somit ist er auch nicht einer bestimmten Person zuzuordnen - aber ein Beweis für seine frühere Verwendung als Grabstein. +++


.. von den Nationalsozialisten 1938 zerstört und mißbraucht ... - Martin Angelstein

(v.l.n.r.) Dr. Stefan Arend, Linde Weiland und Ingeborg Kropp-Arend schauen sich die Funde an - Martin Angelstein


... eindeutiger Teil eines jüdischen Grabsteins - Martin Angelstein

Dankte den Findern für ihre Arbeit: Prof. Dr. Klaus Werner vom Landesverband der jüdischen Gemeinden Hessens - Martin Angelstein


Linde Weiland von der Jüdischen Gemeinde Fulda bei ihrer Dankesrede. - Martin Angelstein

Rückgabe auf dem Friedhof der Jüdischen Gemeinde Fulda - Martin Angelstein


Der Jerusalem-Platz von heute in der Fuldaer Innenstadt war bis 1938 jüdischer Friedhof. - Martin Angelstein

Ein Gedenkstein der Stadt Fulda erinnert an die Zerstörung durch die Nazis. - Martin Angelstein

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