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01.03.12 - Gersfeld

Bauenverband besprachen Wirtschaftlichkeit von gentechnikfreiem Futtermittel

Zu einer ganztägigen Informationsveranstaltung unter dem Thema „gentechnikfreie Futtermittel in der Rhön“ hatten der Bauernverband, der Verein Natur- und Lebensraum Rhönund das Biosphärenreservat Rhön eingeladen. Namhafte Referenten, wie Dr. Peter Hamel von der Einkaufsgemeinschaft „Gentechnikfreie Futtermittel Vogelsberg“, Manfred Münker vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen sowie Agrarberater Johannes Fischer und Sven Euen, Vorstandsmitglied des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik informierten über aktuelle Trends, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und wirtschaftliche Überlegungen im Umgang mit der Gentechnik.

Dr. Hamel warb für die gentechnikfreie Fütterung in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Genetisch veränderte Pflanzen, sog. GVO, gehören dem Patentinhaber wie ein Leasingfahrzeug. So können von Patentinhabern kritische Studien mit Hilfe des Patentrechtes ausgehebelt werden. Dennoch konnte inzwischen nachgewiesen werden, dass Gen-Konstrukte aus genetisch veränderten Futtermitteln auf landwirtschaftliche Nutztiere übertragen wurden. Es erfolgt kein vollständiger Abbau! In Australien konnte im Tierversuch an Mäusen, die mit Generbsen gefüttert wurden, deutlich erhöhte Lungenkrankheiten nachgewiesen werden. In England kam es zu erhöhten Krebsraten bei Versuchen mit BT-Mais und Ratten. Italienische Wissenschaftler bewiesen, dass Gen-Konstrukte inzwischen in der Milch nachweisbar sind. Aus Amerika wird von einer zunehmenden Unfruchtbarkeit bei Schweinen und Rindern bei Verabreichung von GVO-Futter berichtet.

Inzwischen warnen in der sog. ISP-Studie 600 Wissenschaftler vor den Folgen der Verwendung gentechnisch veränderter Futtermittel, wie Unfruchtbarkeit, Missgeburten und der Entstehung von neuen Superviren. Nachweislich wirkt sich auch der beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen häufige Einsatz von Roundup negativ auf die Tiergesundheit aus. Und auch die Versprechungen von immer höheren Erträgen bei Mais und Soja erweisen sich als Märchen. Resistente Unkräuter zwingen zu immer höherem Gifteinsatz und auch die Erträge sinken mittelfristig. Wie Dr. Hamel berichtet, gibt es allerdings gute Alternativen. Im Vogelsberg haben sich 127 Mitglieder zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammengetan. Insgesamt kaufen sie jährlich rund 10.000 t gentechnikfreies Soja ein, welches über österreichische und schweizer Händler bezogen wird. Auf Grund der hohen Menge sind die Preise mit denen von konventionellem Soja vergleichbar.

Manfred Münker, Berater für Milchviehbetriebe bei Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen zeigt anhand seiner Versuchsreihen auf, dass es auch ganz ohne Soja, egal ob genetisch verändert oder nicht, geht. In der Fütterung kostet eine Milchkuh pro Tag ca. 4,00 €. Beim klugen Einsatz von Mais- und Grassilage sowie Rapsexstraktionsschrot oder Rapspresskuchen sind die Futterkosten pro Kuh bei gleicher Milchmenge und Tiergesundheit auf deutlich unter 4,00 € absenkbar. In diesem Zusammenhang weist Münker darauf hin, dass nach wie vor in vielen landwirtschaftlichen Betrieben zu viel Kraftfutter eingesetzt wird. In einer Reihe von mehrmonatigen Versuchen im Landkreis Fulda konnte der Beweis erbracht werden, dass bei einer Optimierung der Futterzusammenstellung bei gleichzeitiger deutlicher Reduzierung des Kraftfutters höhere Milcherträge möglich sind. Hieraus ergeben sich für den Landwirt erhebliche finanzielle Einsparmöglichkeiten.

Eine weitere Alternative zum Soja wurde von dem Agrarberater Johannes Fischer von Ettenstatt vorgestellt. Für ihn sind sog. Grascops ein echter Ersatz für Soja. In Bayern arbeiten derzeit 30 sog. Heutrocknungen, die Grünfutter in einem kurzen, nur wenige Minuten dauernden Prozess trocknen und zu Pellets verarbeiten. Solche Heutrocknungen sind insbesondere für Landstriche mit hohem Grünlandanteil und häufigen Niederschlägen interessant. Aber auch der Luzerneanbau in Verbindung mit der anschließenden Verarbeitung zu Cops wird zunehmend interessanter, auf Grund des hohen Eiweißgehaltes des Futters. Fischer empfiehlt der heimische Landwirtschaft, sich mit Blick auf die zu erwartenden weltweit steigenden Futtermittelkosten und den absehbaren Futtermittelmangel auf heimische Ressourcen umzustellen. Aus seiner Sicht könnte Luzerne eine Zukunftspflanze für die Rhön werden. Für den Aufbau einer genossenschaftlichen Heutrocknung ist ein Finanzbedarf von rund 2 Mio € für Gebäude und Maschinentechnologie erforderlich. Beheizt werden diese Anlagen in der Regel mit Holz, Gas oder Braunkohle. Die Wärme von Biogasanlagen kann ggf. als Vorwärme eingesetzt werden.

Neben Fragen der Tiergesundheit, der Entwicklung der Weltmarktpreise und der Abhängigkeiten von Gentechnik wurde die Fragestellung auch aus Verbrauchersicht beleuchtet. Sven Euern, Vorstandsmitglied des Verbandes „Lebensmittel ohne Gentechnik“ (VLOG) führte aus, dass die Mehrheit der europäischen Verbraucher sich deutlich für eine gentechnikfreie Fütterung aussprechen und eine Deklarierung von Lebensmittel wünschen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat inzwischen reagiert, in dem es gemeinsam mit dem VLOG das Siegel „ohne Gentechnik“ für Lebensmittel initiierte. Inzwischen hat der VLOG, der das Siegel vergibt, 107 Mitglieder und 151 Lizenznehmer. Dazu zählen namhafte Firmen wie Zott, Bauer, Faire Milch, tegut, Deutsches Frühstücksei u. v. a. Im süddeutschen Raum hat sich bei den Molkereien bereits die Fütterung ohne Gentechnik durchgesetzt. Erwartet wird, dass noch in diesem Jahr mehr als die Hälfte aller deutschen Molkereien auf gentechnikfreie Milch umgestellt haben werden. Auch die großen Einzelhändler wie REWE und Lidl arbeiten intensiv an einer Umstellung ihrer Produktpalletten. Zwar gibt es seit 2004 eine EU-Kennzeichnungspflicht für genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel. Diese erstreckt sich aber nicht auf tierische Produkte, bei deren Herstellung die Tiere mit GVO-Futter gefüttert wurden. Dies betrifft im Wesentlichen die Produktbereiche Milch, Ei und Fleisch. Leider gibt es bislang keine EU-Mehrheit, um eine Deklarierung „mit Gentechnik“ bei Lebensmitteln durchzusetzen. Erfreulich auch Sicht von Sven Euen ist aber, dass es z. B. inzwischen von Zottarella, Rotkäppchen, Bauer und Grünländer namhafte Firmen gibt, die Käse aus natürlichem Lab und Milch aus gentechnikfreier Fütterung anbieten.

Dr. Hubert Beier, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes und Janet Emig, landwirtschaftliche Beraterin beim Biosphärenreservat, dankten den Referenten für ihre fassettenreichen Ausführungen. Dr. Beier weist darauf hin, dass die Rhön bereits sein 2004 eine gentechnikfreie Anbauregion ist. Inzwischen nehmen 2300 Landwirte im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung teil und bewirtschaften rund 64.000 ha Fläche im Landkreis Fulda, wobei sie bewusst auf den Einsatz von genetisch veränderten Saatgut verzichten. +++

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