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19.04.10 - KASSEL
"Pflicht oder Kür" für Lebensretter? Expertengespräch zu Fitness bei Feuerwehren
Übergewicht und mangelnde Fitness finden sich - so Erkenntnisse von Fachleuten der Uni Kassel - zunehmend auch unter Feuerwehrleuten. Diese müssen jedoch im Einsatz überaus belastbar sein, um den extremen Arbeitsbedingungen standhalten zu können. Wie zuverlässig Fitnesstests sind und wie sich das nötige Training in den Dienstalltag integrieren lässt, diskutierten internationale Experten aus Deutschland, Kanada und der Schweiz auf dem Symposium "Feuerwehrfitness- und diagnostik", das Ende letzter Woche stattfand. Dazu hatte - so heißt es in einer Pressemitteilung der Universität Kassel - das Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Kassel, in Kooperation mit der Kasseler Berufsfeuerwehr, eingeladen. Erstmals gab es zu diesem Thema einen länderübergreifenden Wissensaustausch.
"In vielen Kommunen liegen zwar schon Überlegungen und Ansätze zum Fitness- und Gesundheitstraining vor. Die verschiedenen Tagungsbeiträge machten jedoch deutlich, dass eine einheitliche Fitnesskonzeption sowie Standards zur Fitnessdiagnostik noch ausstehen", resümierte Prof. Dr. Armin Kibele, Sportwissenschaftler an der Universität Kassel bei einem Mediengespräch zum Abschluss des Symposiums.
Derzeit bestehe keinerlei Vorschrift für die Feuerwehren, Fitnesstests und feste Trainingseinheiten durchzuführen. Etliche Studien zeigten jedoch, dass der Einsatz mit Atemschutz und Brandschutzkleidung eine hohe körperliche Belastung darstelle. Für unzureichend trainierte Feuerwehrleute berge das erhebliche Risiken. So könne es zu einer Überbelastung mit schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden kommen.
Sportwissenschaftler: Regelmäßiges Training ist unerlässlich
Alarmiert durch die auffällige Verschlechterung des Body-Mass-Index (BMI) und der Werte beim Belastungs-EKG habe "Schutz & Rettung Zürich", die größte Rettungsorganisation der Schweiz, ein Gesundheitskonzept für die Berufsfeuerwehr entwickelt. Inhalte seien unter anderem Schulungen zu gesunder Ernährung im Schichtdienst und eine Stunde Pflicht-Sport an jedem Arbeitstag. Für Freiwillige Feuerwehren hingegen sei eine solche Regelung problematisch: Da der Dienst in die Freizeit der Feuerwehrleute falle, könne ein festes Sportprogramm "nicht einfach verordnet werden".
Nach Einschätzung von Sportwissenschaftler Kibele sei Sport unter Einsatzkräften unerlässlich: "Fitness kann nur durch regelmäßiges Training sowie einheitliche Fitnessstandards erreicht werden". Aus wissenschaftlicher Sicht müsse zweimal wöchentlich die Ausdauer sowie einmal wöchentlich Kraft, Beweglichkeit und Koordination trainiert werden.
Einführung eines "Fitnessabzeichens" für Feuerwehren
Eine "dienstrechtliche Verankerung" von Sport hält Karl-Heinz Krütt, Leitender Branddirektor der Feuerwehr Kassel, jedoch nicht für den richtigen Weg. "Es sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die Feuerwehrleute zum freiwilligen Sport zu motivieren", sagte Krütt. Dies könne zum Beispiel durch das Feuerwehrfitnessabzeichen geschehen. Das geplante Abzeichen solle als Auszeichnung für gute und vielseitige körperliche Leistungsfähigkeit eingeführt werden. +++