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07.03.10 - REGION

Moratorium der CDU-Wahlbeamten: "Selbstverpflichtung bei Kindergärten"

Die Bürgermeister im Landkreis Fulda setzen beim Thema Personalausstattung und Mindestgruppengrößen in den Kindergärten und Krippen auf eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Verbesserung der Kinderbetreuung und erwarten im Umkehrschluss vom Land, dass die neue Mindestverordnung zum Betrieb von Kindertagesstätten ausgesetzt wird. Wie Bürgermeister Dr. Eberhard Fennel, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der CDU-Wahlbeamten im Kreis Fulda, dazu schreibt, würde die Mindestverordnung einklagbare Konnexitätsfolgen von 260 Millionen Euro, perspektivisch sogar in einer Größenordnung von 400 bis 500 Millionen Euro pro Jahr für das Land zur Folge haben. Das könne das Land angesichts der angespannten Haushaltssituation nicht einfach schultern. Verzichte das Land auf rechtsverbindliche Mindeststandarts, erspare es sich finanzielle Forderungen der Kommunen nach dem Konnexitätsprinzip (wer bestellt, bezahlt) Umgekehrt müsse dann aber, so die Beschlusslage der Bürgermeister, das Land allerdings auf die geplante Entnahme von 400 Millionen Euro aus den Schlüsselzuweisungen ab 2011 verzichten.

Würde die Verordnung durchgesetzt, hätten die Städte und Gemeinden einen durch das Konnexitätsprinzip in der Verfassung verankerten Anspruch auf einen vollen Kostenausgleich, für den die bislang im Landeshaus eingeplanten Mittel von 30 Millionen Euro bei Weitem nicht ausreichten. Das Sozialministerium gehe von 260 und perspektivisch sogar von 400 bis 500 Millionen Euro aus. Das könne keiner mehr bezahlen. Die Entnahme der 400 Millionen Euro aus den Schlüsselzuweisungen würde allerdings gerade die finanzschwächeren Städte und Gemeinden um ein Vielfaches härter treffen, als freiwillige Zusatzleistungen im Rahmen der Selbstverpflichtung bei den Kindertagesstätten, für die keine Konnexität gelten gemacht werden könnte. Hünfeld wäre beispielweise von dieser Kürzung des Finanzausgleichs einschließlich aller Folgewirkungen in einer Größenordnung von rund 1,3 Millionen Euro pro Jahr an Einnahmeverlust betroffen. Die Folge wäre nicht nur eine untragbare Belastung für die Kommunen, sondern auch für die Eltern. Dann müssten sich auch die Bürger in unserer Region an Kindergartenbeiträge von 250 Euro und mehr je Monat gewöhnen, wie sie bereits in einigen anderen Bundesländern üblich seien. Das könne sich aber kein Normalverdiener mehr leisten, schreibt Dr. Fennel in seiner Presseerklärung. Der Kindergarten sei dann nur noch etwas für Besserverdiener oder für Empfänger sozialer Transferleistungen, bei denen dies die Kommunen wieder selbst zahlen müssten. Dazu dürfe es aber weder im Interesse der Kinder noch der Eltern kommen, betont Dr. Fennel.

Bereits vor der Diskussion um das Moratorium habe die Stadt so wie die Mehrzahl anderer hessischer Kommunen freiwillig in den Vereinbarungen mit den freien Trägern den Fachkraftschlüssel pro Gruppe von bislang 1,5 auf 1,75 Fachkräfte erhöht und bei Bedarf Zusatzstunden eingeräumt. Die Zahlen, die Hünfeld aus der Kooperation mit den freien Trägern vorliegen, machten deutlich, dass es auch wichtig sei, den Städten und Gemeinden mehr Flexibilität zuzugestehen, um auch wirtschaftlich effizient gestalten zu können. Während die pädagogischen Kernzeiten beispielsweise in den Hünfelder Kindergärten mit durchschnittlich 80 Prozent der Gruppenstärken ausgelastet seien, treffe dies auf die Frühzeiten, Mittags- und Nachmittagsbetreuung dagegen nicht zu. In diesen Zeiten wiesen die vorliegenden Zahlen beispielsweise für den Kindergarten Michelsrombach eine Auslastung von nur 30 Prozent auf, für die nach der Verordnung dann ebenfalls 1,75 oder gar zwei Fachkräfte vorzuhalten wären, wie dies in Zusatzforderungen des Sozialministeriums aktuell gefordert werde. Den Städten und Gemeinden sollte aber die Flexibilität zugestanden werden, in solchen Zeiten beispielsweise auch qualifizierte Tagespflegepersonen mit einzusetzen. Dies seien keine „Billigarbeitskräfte“, wie eine Kindergärtnerin in einem Zeitungsbeitrag geäußert hatte, sondern meist erfahrene Väter oder Mütter, die eine entsprechende Zusatzqualifikation erwerben müssten, um in der Tagespflege eingesetzt werden zu können. Im Übrigen befähige die Ausbildung einer Kindergärtnerin nicht zur Ausübung der Tätigkeit in der Kindertagespflege, auch Kindergärtnerinnen müssen dafür eine Zusatzqualifikation erwerben.

Flexibilität fordert der Vorschlag des Moratoriums auch im Bereich der Kinderkrippen. Dort würde die vollständige Umsetzung der neuen Verordnungen, die allerdings erst ab 2013 bindend sei, dazu führen, dass die Kosten pro Gruppe sich verdoppelten. Dies liege an dem veränderten Personalschlüssel und an der Verkleinerung der Gruppenstärke. Dazu müsse man aber auch wissen, dass es auch für Krippen gelte, dass Gruppen nicht selten ebenfalls nur zum Teil ausgelastet seien. Die Reduzierung von 15 auf zehn Kinder und die Anhebung des Fachkräftebedarfs von 1,5 auf 2 Fachkräfte je Gruppe würden nicht nur zur Verdopplung der Personalkosten beitragen, sondern auch die Kommunen zwingen, weitere Raumkapazitäten aufzubauen oder vorhandene Plätze zu reduzieren. Die Stadt Hünfeld habe erst im vergangenen Jahr eine neue Einrichtung für 1,6 Millionen Euro in Betrieb genommen. Dies wäre weder für Städte und Gemeinden noch für das Land im Rahmen der Konnexität und schon gar nicht für die Eltern finanziell verkraftbar. Auch hier müsse möglichst hohe Qualität mit Wirtschaftlichkeit durch Flexibilität in Einklang gebracht werden.

Das Moratorium sieht im Übrigen vor, dass den Kommunen bei den Kindertagesstätten insgesamt mehr Gestaltungsspielräume eingeräumt werden, der sich auch an dem tatsächlichen sozialen Bedarf orientiert. Schon heute gebe es in Hessen Einrichtungen mit bis zu 2,4 Fachkräften je Gruppen, ohne dass dabei besondere Fachkräfte für Migration oder Integration berücksichtigt seien; also weit mehr als dies die Mindestverordnung vorsehe. Freiwillig habe die Stadt Hünfeld den Fachkräfteschlüssel in der Krippenbetreuung von bislang 1,5 auf 1,75 je Gruppe erhöht. Neben der pädagogischen Arbeit zu den Kernzeiten, die sicherlich unverzichtbar sei, gehe es auch um Betreuung beispielsweise früh morgens oder spät nachmittags, in denen angesichts der dann geringen Auslastung nicht unbedingt zwei Fachkräfte anwesend sein müssten Die Verordnung differenziere hier aber nicht.

Mit ihrer Ausbildung und der Erfahrung als Eltern, die mitunter drei oder fünf Kinder selbst großgezogen hätten, könne man Tagespflegepersonen sicherlich außerhalb der pädagogischen Zeiten Kinder in den Tagesstätten anvertrauen. Zwei- bis Dreijährige brauchten aber sicher keine pädagogische Betreuung rund um die Uhr; sonst würde man ja auch Eltern die Qualifikation absprechen, ihre Kinder erziehen zu können, betont Dr. Fennel.

Zusammengefasst bedeutete dieses Moratorium, dass Städte und Gemeinden im Rahmen der freiwilligen Selbstverpflichtung für eine möglichst hohe Qualität der Kinderbetreuung sorgten, statt diese durch eine Mindestverordnung zu reglementieren und Gefahr zu laufen, dass Städte und Gemeinden gezwungen seien, die Finanzierung dafür beim Land einzuklagen. Im Gegenzug solle das Land dafür auf die Entnahme der 400 Millionen Euro aus den Schlüsselzuweisungen ab dem kommenden Jahr verzichten. Denn dies träfe allein die einkommensschwachen Städte und Gemeinden um ein Vielfaches höher, als die freiwilligen Aufwendungen zur Verbesserung der Kinderbetreuung. Im Übrigen hätten auch reiche Städte und Gemeinden wie Eschborn oder Frankfurt dann Anspruch auf einen Kostenausgleich nach der Konnexität. Dies würde angesichts der drohenden Entnahme von 400 Millionen Euro zu einer Umverteilung allein auf Kosten der armen Kommunen führen, weil sie auf den Finanzausgleich im Gegensatz zu den Reichen angewiesen seien. Die Armen wüssten schon heute nicht mehr, wie sie ihre defizitären Haushalte überhaupt noch ausgleichen könnten. Das wäre im höchsten Maß unsozial.

Dieser Argumentation seien die Bürgermeister im Kreis und in den Arbeitsgemeinschaften Nord und Süd des hessischen Städtetages, egal welcher Couleur sie angehörten, einmütig gefolgt, betont der Hünfelder Bürgermeister. +++

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