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Von links nach rechts: Prof. Dr. med. Matthias Elzer (Hochschule Fulda), Dr. med. Peter Fehrenbach (Facharzt im Schmerz- und Palliativzentrum Fulda), Bischof Prof. Dr. Martin Hein (Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck), Dr. med. Ulrich Walter (Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Fulda), Prof. Dr. Gerhard Stanke (Generalvikar des Bistum Fulda) und Wolfgang Prosinger (Journalist und Autor aus Berlin).

- Fotos: th

12.03.09 - FULDA

Über Leben, Tod & Selbstbestimmheit - Diskussion "Sterben in Würde"

Ein schwieriges und ebenso bedeutsames Thema war es, über das in der Kapelle des Vonderaumuseums Fulda debattiert wurde: "Sterben in Würde" lautete der Titel einer Podiumsdiskussions, zu dem am gestrigen Mittwochabend die Akademie für Suizidprävention gemeinsam mit dem Hospiz-Förderverein Ärzte, Theologen und einen Buch-Autor eingeladen hatte. Dass sich nicht nur ältere Menschen für dieses Thema interessieren, bewies ein Blick ins Publikum: In der vollbesetzen Kapelle waren vom Schüler- bis ins Seniorenalter alle Altersschichten vertreten. Zu Beginn las der Autor, der Journalist Wolfgang Prosinger (Berlin), aus seinem Buch „Tanner geht - Sterbehilfe - Ein Mann plant seinen Tod“ vor, das die Geschichte eines Sterbenden erzählt. Prosinger hatte den Mann in den letzten Monaten seines Lebens begleitet. Der schwerkranke Ulrich Tanner litt an mehreren Formen von Krebs, Aids und Parkinson - und er beendete sein Leben mit Hilfe einer - in der Schweiz ansässigen - Sterbehilfe-Organisation.

In Ausschnitten berichtete der Autor über Begegnungen mit dem Sterbewilligen, über dessen Leiden, Momente des Trostes sowie über seinen Entschluss, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen.

Im Anschluss daran gab der Moderator, Prof. Dr. med. Matthias Elzer von der Hochschule Fulda, den Podiumsgästen die Möglichkeit, jeweils ein kurzes Statement zum Thema abzugeben. "Die Frage, um die es geht, ist die Frage der Selbstbestimmtheit", begann Bischof Prof. Dr. Martin Hein (Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck). Diese Frage stelle sich in der Gesellschaft immer öfter. Aufgrund der erweiterten Möglichkeiten der Intensivmedizin könne zum einen der Zeitpunkt des Todes immer weiter hinausgeschoben werden. Zum anderen ergäben sich hieraus jedoch auch neue Stadien einer Krankheit. "Lebensverlängernd bedeutet auch immer: die Verlängerung des Leidens an einer Krankheit", gab Hein zu bedenken. Den Argumenten von Befürwortern der Sterbehilfe, die selbstbestimmte Form sei eine würdevolle Form des Sterbens, stimme er nicht zu, erklärte der Bischof. Nach christlicher Auffassung gebe es keine völlige Selbstbestimmtheit des Menschen. "Unser Leben ist ein Geschenk. Eines, das uns zum Erhalt verpflichtet", erklärte Hein.

Prof. Dr. Gerhard Stanke, Generalvikar des Bistum Fulda, sagte, die Möglichkeiten des Menschen seien gewachsen. Dennoch sei es wichtig, "dass wir als Menschen bereit sind, manches geschehen zu lassen". Die Bereitschaft dazu lebe letztlich vom Vertrauen. Auch das gesellschaftliche Klima sei von großer Bedeutung. Kranke sollten sich aufgenommen fühlen und Menschen an ihrer Seite haben, die sie begleiten, so Stanke.

Begleitender Suizid: "etwas Humanes, Barmherziges"

Wolfgang Prosinger bezog anschließend einen klaren Standpunkt: Als er mit der Arbeit an seinem aktuellen Buch begonnen habe, sei seine Position zur Sterbehilfe noch diffus gewesen. Jetzt aber sage er, man sollte auch in Deutschland die Hintertür öffnen und den begleitenden Suizid möglich machen. "Ich halte das für etwas Humanes, für etwas Barmherziges", erklärte Prosinger. Zudem plädierte der Journalist für eine Unterscheidung im Sprachgebrauch: "aktive Sterbehilfe" dürfe nicht mit Suizid gleichgesetzt werden.

Aus der Sicht eines Palliativ-Mediziners sagte Dr. med. Peter Fehrenbach, Facharzt im Schmerz- und Palliativzentrum Fulda, an Wolfgang Prosinger gerichtet: "Ich verstehe vieles in Ihrem Buch". Er betonte, ein Rechtsrahmen sei dafür unbedingt notwendig. Er selbst hätte jedoch Schwierigkeiten mit einem so genannten "assistierten Suizid". In der Schweiz sei die Beihilfe zum Suizid straffrei. "Die Vorstellung eines Rechtsraumes, wo diese Tür geöffnet ist, lässt mich schaudern", erklärte Fehrenbach.

Kausalität "Die Situation erklärt den Todeswunsch" gilt nicht

Dr. med. Ulrich Walter, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie in Fulda, gab zu bedenken: "Unser Bild von außen auf eine Lebenssituation muss nicht dem entsprechen, das der Betroffene selbst hat". Aus seiner Erfahrung als Psychater könne er sagen, dass es kaum einen echten Zusammenhang zwischen der Situation eines Menschen und seinem möglichen Suizidwunsch gebe. Die einfache Kausalität "Die Situation erklärt den Todeswunsch" gelte nicht. Dies werde am Beispiel einer jungen Mutter deutlich, die gerade ein Kind zur Welt gebracht habe und an Depressionen leide. "Ich denke, die Legalisierung eines ärztlichen Suizids würde die Arzt-Patient-Beziehung beeinträchtigen und auf Dauer der Gesellschaft schaden", schloss Walter, ehe die Diskussion in eine weitere Runde ging.

Ob Schwerstkranke in Deutschland in Zukunft selbst über ihr Leben und ihren Tod entscheiden dürfen - über diese Frage wird an einer anderen Stelle entschieden. (th) +++




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