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- Fotos: Bernd Müller-Strauß / THW-OV Hünfeld

09.05.08 - Kalbach

ICE-Unglück: CDU-MdL´s am Landrückentunnel - Gespräch mit Schäfer WERNER

Um sich einen persönlichen Eindruck an der Unglückstelle des ICE- Zusammenstoßes mit einer Schafherde im Landrückentunnel bei Kalbach (Kreis Fulda) zu verschaffen, waren die Fuldaer Landtagsabgeordneten Dr. Norbert Herr und Margarete Ziegler-Raschdorf gemeinsam mit ihrer Bad Hersfelder Kollegin Elisabeth Apel, dem Kalbacher Bürgermeister Dag Wehner (alle CDU) und den Besitzern der Schafherde, dem Ehepaar Werner, vor Ort. Im Gespräch mit dem Leiter des örtlichen THW Hillenbrand und dem Beauftragten der DB Gerhard ließen sie sich über den Umfang und den Stand der Bergungsmaßnahmen im Tunnel unterrichten.

Nach dem Eindruck der Abgeordneten könne es als ausgeschlossen gelten, dass die Schafherde ohne eine Einwirkung von außen dazu veranlasst worden sein könnte, bergab zu rennen, den Bachlauf zu überqueren und sodann eine beträchtliche Steigung zu bewältigen, also insgesamt eine Strecke von ca.1 Kilometer zurückzulegen, um dann auf geschottertem Gleisbett in den Tunnel hineinzulaufen. Alle Fachleute seien sich einig, dass Schafe niemals freiwillig durchs Wasser gingen.

„Es kann nicht sein, dass sich die Ermittlungen ausschließlich auf den Schafhalter als alleinigen Beschuldigten richten“, so Dr. Herr. Im Gespräch mit Bürgermeister Dag Wehner habe sich herausgestellt, dass der Ortsbeirat von Oberkalbach bereits im Jahre 1998 ein Schreiben an die Deutsche Bahn geschickt habe, in welchem auf die Gefahren durch die nahe am Landrückentunnel gelegenen Viehweiden ausdrücklich hingewiesen worden sei. „Mich würde einmal interessieren, welche Reaktion von Seiten der Deutschen Bahn auf dieses Schreiben erfolgte“, so der Abgeordnete.

Margarete Ziegler-Raschdorf ergänzt: „Es stellt sich die Frage, ob für die Deutsche Bahn eine Gefährdungshaftung besteht, die sich aus der Tatsache begründet, dass sie Hochgeschwindigkeitszüge auf nicht eingezäunten Gleisstrecken einsetzt.“ Im übrigen sei die Frage zu stellen, warum die Warnung an die Leitstellen in Frankfurt und Fulda durch den Führer des Gegenzuges, der zuvor mit einem Schaf kollidiert war, keine entsprechenden Reaktionen nach sich zogen. „Hätte man den Zugführer des verunglückten ICE rechtzeitig gewarnt und Vorsichtsmaßnahmen angeordnet, hätte dieser zumindest langsamer in den Tunnel einfahren können. Damit hätte das Unglück unter Umständen vermieden werden können“, gibt Ziegler-Raschdorf zu bedenken.

Darüber hinaus sei zu überprüfen, ob nicht die Vollbremsung des ICE, die ja bei voller Fahrtgeschwindigkeit vorgenommen wurde, zu der Entgleisung und den dadurch verursachten Schäden des Zuges geführt habe. Möglicherweise hätte ein schrittweises Abbremsen die Schäden minimiert.

Es sei außerdem notwendig, dass die Bahn ihre Hochgeschwindigkeitsstrecken in einer Weise sichere, dass Lebewesen nicht zu Schaden kommen könnten. Dies gelte insbesondere für neuralgische Punkte wie Tunneleingänge. Es sei tatsächlich ein Wunder, dass auf den in unserem Lande frei zugänglichen Hochgeschwindigkeitsstrecken generell noch nicht mehr folgenschwere Unfälle passiert seien. In Anbetracht der Vorfälle in Thüringen und Nordhessen nur wenige Tage später, bei denen ebenfalls Züge mit Tieren kollidierten, betreibe die Deutsche Bahn offensichtlich ein „gefährliches Spiel auf Zeit“. Im Gespräch mit Bahnbeschäftigten werde immer wieder bestätigt, dass Kollisionen mit Tieren, wie auch Selbstmorde von Lebensmüden „zum Alltagsgeschäft“ auf den Strecken gehörten. Schon ein stabiler Maschendrahtzaun könne Tiere und auch Menschen vom Betreten der Bahngeleise abhalten. Um einen solchen Zaun zu überwinden, bedürfe es bereits erheblicher Anstrengungen und Kräfteeinwirkung. In vielen europäischen Ländern seien Gleisanlagen auf diese Weise erfolgreich gesichert. Außerdem gebe es die Möglichkeit der Videoüberwachung.

Von den getöteten 50 Schafen, die für den Schafhalter einen erheblichen Schaden bedeuteten, rede niemand. Der betroffene Schäfer sei für seine Zuverlässigkeit bekannt, betonte Landtagsabgeordnete Elisabeth Apel. Seit Jahrzehnten betreibe er erfolgreich seine Schafhaltung ohne Zwischenfälle. Die Schafe seien auch nach anerkanntem Standard auf der Wiese mit Hilfe eines Elektrozaunes eingezäunt und gesichert gewesen. Der Schäfer habe keine Sorgfaltspflichten verletzt.

Alle drei Abgeordneten kündigten Gespräche mit den anderen Fraktionen und parlamentarische Initiativen im Hessischen Landtag zu diesem Thema an. So sei geplant, einen Dringlichen Berichtsantrag an die Landesregierung zu stellen, in welchem Auskunft zu den wichtigsten sicherheitstechnischen Fragen erbeten wird. „Das Unglück lässt noch viele zu klärende Fragen offen und wird uns daher noch eine Weile beschäftigen“, so die Landtagsabgeordneten abschließend.

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