Archiv

Via Satellitenwagen (SNG) wurden die Fernsehbeiträge teilweise live - vom Parkplatz des Klinikums aus - übertragen

Sein "volles Vertrauen" sprach Oberbürgermeister Gerhard Möller allen Beteiligten in Klinikum und den Kreisbehörden aus und betonte die bundesweite Einmaligkeit des Falles - Fotos: H-H. Braune

18.05.07 - Fulda

KLINIKUM-Salmonellen: 8 neue Fälle - "So gehäuft bundesweit einmalig"

Ein trauriges Ergebnis und die Zahl von acht weiteren, an Salmonellen-Infektion erkrankten Menschen (2 Patienten, 6 Mitarbeiter) haben die Klinikleitung und das Kreisgesundheitsamt bei der heutigen Pressekonferenz bekannt gegeben. Während damit die Zahl der Neuerkrankungen gegenüber gestern gesunken ist und den Verantwortlichen Hoffnung auf einen Rückgang der "zweiten Welle" gibt, hat das Untersuchungsergebnis eines Todesfalles die Salmonellen als unmittelbare Ursache bestätigt: bei einer 76-Jährige Frau aus dem Heilig-Geist-Seniorenzentrum, die bereits vor Tagen gestorben war.

Epidemie bei 219 Personen "ein Stück schicksalhaft"

Nun sind seit dem Ausbruch der Epidemie in zwei Infektionsschüben 219 Menschen betroffen: 136 Patienten, 83 Mitarbeiter. Die Ursache ist noch immer nicht gefunden. Fuldas Oberbürgermeister und Klinikums-Aufsichtsratsvorsitzender nannte die "ernste Situation ein Stück schicksalhaft", sprach allen im Klinikum und Behörden sein volles Vertrauen aus und betonte die Einmaligkeit des Falles: "Solche gehäuften Erkrankungen in zwei Wellen in einem Krankenhaus hat es in der ganzen Republik noch nicht gegeben".

In der Pressekonferenz wurden von Möller die - in diversen Medien deutschlandweit verbreiteten - „8 Salmonellen-Toten“ klargestellt: von den acht im Klinikum und im Altenzentrum Verstorbenen ist in fünf Fällen nachgewiesenermaßen die Salmonellen-Infektion nicht die Todesursache. In einem Fall führten die Bakterien mittelbar zum Ableben, in nun zwei Fällen waren die Salmonellen unmittelbar - also direkt - Todesursache.

Staatsanwaltschaft Fulda nahm Ermittlungen auf

Wegen der Todesfälle hat nun die Staatsanwaltschaft Fulda ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung gegen die Verantwortlichen des Klinikums eingeleitet. Staatsanwalt Harry Wilke sagte heute vor Journalisten, dieses Verfahren „vom Amts wegen“ sei ein Routinevorgang, wenn die Staatsanwaltschaft - etwa aus den Medien - von ungeklärten Todesfällen erfahre. Einzelne Strafanzeigen, zum Beispiel von Angehörigen oder Verwandten der Verstorbenen, gebe es dagegen nicht.

Im Rahmen der Ermittlungen würden lebensmittelrechtliche Untersuchungen zur Feststellung der Ursache ebenso durchgeführt wie der Frage nachgegangen, ob im Klinikum auf die Epidemie falsch oder zu spät reagiert worden sei. Da man erst ganz am Anfang stehe, sei unklar, wie lange die behördlichen Untersuchungen dauern werden.

Nur einzelne Bereiche können ausgeschlossen werden

“Wir kommen voran,“ sagte Gesundheitsdezernent Dr. Heiko Wingenfeld zur aktuellen Lage und fügte an, „...auch wenn das für die Öffentlichkeit nicht so aussieht.“ Durch die negativen Speise- oder Tupferproben hätten schon einzelne Lebensmittel oder Gebäude- und Raumteile ausgeschlossen werden können. „Es gibt aber noch keinen Hinweis auf große Wirkungszusammenhänge.“ Die Ausbreitung der Epidemie in 2 Wellen sei „sehr ungewöhnlich“ und „in dieser Form in Deutschland noch nicht vorgekommen“.

Für die umfangreiche Befragung von erkrankten und nicht erkrankten Patienten und Mitarbeitern habe das Gesundheitsamt alle Ressourcen mobilisiert: neben den 15 Mitarbeitern, die schon länger eingesetzt seien, wurden nun noch weitere 40 Behördenmitarbeiter für die Fragebogen-Aktion rekrutiert. Vom Landesamt in Dillenburg seien nun 5 Mitarbeiter vor Ort und weitere 3 Kräfte vom „Ausbruchsmanagement-Team“ des Robert-Koch-Instituts.

Außerdem wurden weitere Zahlen („...um der größtmöglichen Transparenz willen“) genannt: neue Durchfallerkrankungen, die möglicherweise mit Salmonellen nicht im Zusammenhang stünden, seien bei 5 Patienten, davon 1 Kind, und bei 4 Mitarbeitern beobachtet worden.

"Offene Ursache nicht schön für mich als Arzt"

“Nicht zufrieden“ sind alle Beteiligten im Klinikum damit, dass trotz intensivster Suche und einem umfangreichen Maßnahmenbündel die Ursache noch nicht feststeht, erklärte der medizinische Direktor Dr. Achim Hellinger und fügte persönlich an: „Das ist nicht schön für mich als Arzt“. Auch die Mitarbeiter seien betroffen, aber „positiv aufgestellt“ und wollten mit starkem Teamgeist die „schicksalhafte Lage“ überwinden.

Zu dem Befinden der noch im Klinikum liegenden Erkrankten sagte Hellinger, ein operierter Patient liege zwar noch auf der Intensivstation, aber es gehe ihm täglich besser - und er habe auch keinen Salmonellennachweis mehr. Von allen anderen - 50 bis 60 - Patienten sei keiner in einer kritischen Lage. Bei der Zahl seien auch diejenigen mitgezählt, die „einfach nur Durchfall“ haben und bei denen die Infektion nicht nachgewiesen sei.

Möller: "Schwieriger Spagat"

Oberbürgermeister Gerhard Möller sagte angesichts der laufenden Untersuchungen: „Wir müssen handeln und gleichzeitig Geduld haben – das ist ein schwieriger Spagat.“

Die Wirkung der getroffenen Maßnahmen und die Neuerkrankungen widersprechen sich nach Angaben von Dr. Stefan Kortüm nicht. Der Leiter des Kreisgesundheitsamtes sagte, das tägliche Feststellen neuer Infektionsnachweise hänge mit der unterschiedlich langen Inkubationszeit - zwischen 12 Stunden und über 7 Tagen - zusammen. Noch nicht geklärt sei, ob die Erreger der „ersten und zweiten Welle“ die gleichen seien.

Das Befragungsverfahren - eine ausgefeilte statistische wissenschaftliche Methode - sei trotz des Aufwandes gewählt worden, weil auch wissenschaftliche Fachleute bestätigten, dass Salmonellen in Lebensmitteln oft nicht nachgewiesen werden könnten. Dies liege etwa an „sporadischer Einstreuung“ (wenn die Bakterien nur in einem Teil des Lebensmittels sind) oder an einer Art Eigenvernichtung: in bestimmten Lebensmitteln würden Salmonellen bei entsprechender Temperatur „rasant wachsen“, sehr hohe Keimzahlen und dann Giftstoffe entwickeln, an denen sie letztlich selbst absterben würden.

Fachleute: Schließung des Hauses wäre falsch

Es gab mehrere Reporterfragen danach, in welchem Stadium eventuell eine Schließung des ganzen Krankenhauses nötig sei. Dazu sagte Kortüm, solche Überlegungen wären „rein spekulativ“. Darüber habe man nicht konkret gesprochen, weil dies derzeit, auch unter dem Aspekt wieder sinkender Neuerkrankungen, nicht anstehe.

Diese Einschätzung vertrat heute in Wiesbaden auch Jörg Osmers vom Hessischen Sozialministerium. Vor Journalisten sagte der Leiter der Abteilung Gesundheit im Ministerium, zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in der Region Osthessen könne man das Haus mit über 900 Betten nicht einfach schließen: „Dann kriegen wir noch mehr Probleme als wir heute haben.“ Im übrigen sei in Fulda jetzt die gesamte bundesweite Fachkompetenz im Bereich der Epidemiologie und Lebensmittelbewertung gebündelt, um die Ursache herauszubekommen.

"Klinikum ist kein Seuchenherd"

Gesundheitsamtsleiter Dr. Stefan Kortüm machte deutlich, dass es sich beim Klinikum Fulda „nicht um einen Seuchenherd handelt, um den man einen großen Bogen machen muss“. Wörtlich sagte Kortüm: „Man infiziert sich nicht, wenn man die Klinik betritt, Patienten besucht oder jemandem hier die Hand gibt.“

Gabriele Weigand-Angelstein +++


Dr. Achim Hellinger (Medizinischer Direktor des Klinikum) und Dr. Kortüm vom Kreisgesundheitsamt informierten über die neuesten Entwicklungen und stellen auch klar: "Das Krankenhaus ist kein Seuchenherd" - Fotos: Hans-Hubertus Braune

Derzeit wird von Tag zu Tag der "Auftrieb" der Medien, die...


...auch bundesweit berichten, immer größer

Zahlreiche Fernsehteams drehten bei der Pressekonferenz.


Außer dem Fuldaer OB (rechts) stellte sich auch heute wieder der Gesundheitsdezernent und 1. Kreisbeigeordnete Dr. Heiko Wingenfeld (links) den Fragen

Mit großem Aufgebot aus Kassel und Frankfurt berichtete heute das hr-fernsehen

Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön