Archiv


23.04.07 - Rotenburg

"Bekenner des Evangeliums in unmenschlicher Zeit"100. Geburtstag Karl Hilmes

Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck erinnert in diesen Tagen an den 100. Geburtstag von Karl Hilmes. Hilmes, Pfarrer in Ulfen (Kirchenkreis Rotenburg), geriet in Konflikt mit dem NS-Staat und wurde von 1942 bis 1944 im KZ Dachau interniert, wo er unter anderem Opfer medizinischer Versuche wurde. Nach dem Krieg half er wesentlich beim Aufbau der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck mit: als Pfarrer, Dekan, schließlich als Prälat, als theologischer Stellvertreter des Bischofs. Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, würdigte Leben und Werk Hilmes: „Karl Hilmes ist ein Bekenner des Evangeliums unter den unmenschlichen Bedingungen des nationalsozialistischen Regimes gewesen. Er ist ein großes Vorbild für unsere Kirche. Sein Leben ist uns Ansporn und Verpflichtung, uns noch intensiver als bisher mit dieser Epoche zu befassen.“

Die Landeskirche wird anlässlich des 100. Geburtstages Karl Hilmes die Stiftung der Evangelischen Versöhnungskirche auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau unterstützen; zudem kommt die Kollekte auf der anstehenden Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck vom 26. bis 28. April in Hofgeismar der Stiftung zugute. In Kassel trägt eine Straße den Namen Karl Hilmes. Im Haus der Kirche wurde ein Tagungsraum nach Karl Hilmes benannt; in ihm wird auch über Leben und Bedeutung Hilmes informiert.

Der Lebenslauf:

Karl Hilmes wurde am 24. April 1907 als Sohn des Bauunternehmers Christian Hilmes und seiner Frau Elisabeth in Hoheneiche (Kreis Eschwege) geboren. Von 1928 bis 1932/33 studierte er Theologie in Elberfeld, Erlangen und Berlin, war dann bis 1934 Vikar in Spangenberg und wurde nach der weiteren Ausbildung im Predigerseminar am 6. April 1935 in Hofgeismar ordiniert. Im gleichen Jahr heiratete er Anna Schwenke und übernahm die Pfarrstelle in Ulfen im Kirchenkreis Rotenburg, die er bis 1946 inne hatte. Dem Ehepaar wurden vier Kinder geschenkt.

Als Mitglied des Bruderbundes kurhessischer Pfarrer und der Bekennenden Kirche geriet Hilmes in Konflikt mit den nationalsozialistischen Machthabern. Er wurde schon 1937 bei der Geheimen Staatspolizei angezeigt, am 6. März 1942 aufgrund einer Predigt verhaftet, ins Polizeigefängnis Kassel und von dort ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Zum Prozess kam er im nächsten Jahr wieder nach Kassel. Sein Freispruch am 7. September 1943 verhinderte nicht die erneute Festsetzung in Dachau. Erst im Oktober 1944 konnte er als Beurlaubter nach Ulfen zurückkehren.

Nach dem Ende des Krieges und der nationalsozialistischen Herrschaft trug Hilmes dazu bei, neue kirchliche Strukturen in Kurhessen-Waldeck aufzubauen. So gehörte er im September 1945 der Notsynode von Treysa an. Im folgenden Jahr wurde ihm die Pfarrstelle II in Hersfeld übertragen. Dort wirkte er dann von 1948 bis 1949 als Dekan und bis 1952 als Propst. Am 1. August 1952 wurde er zum Prälaten der Landeskirche, dem theologischen Stellvertreter des Bischofs, berufen. Bis zu seinem Tod versah er dieses Amt und den Vorsitz des Bruderrates der Bekennenden Kirche, den er seit 1946 inne hatte. Karl Hilmes starb am 5. Februar 1957 in Kassel.

Karl Hilmes stellte sich offen gegen die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten und ihren Versuch, auch die Kirche gleichzuschalten. Daher war er nach dem Zweiten Weltkrieg ein glaubwürdiger Repräsentant für den Neuanfang der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Als ihr vierter Prälat und geistlicher Stellvertreter des Bischofs Adolf Wüstemann betreute er die Pfarrer und kümmerte sich auch besonders um ihre Weiterbildung. Die Landeskirche stellte dazu im Nachruf von 1957 fest: „Sowohl in der Erziehung und Heranbildung der Vikare und jungen Pfarrer wie in der seelsorgerlichen Verbundenheit mit allen ihm anvertrauten Menschen, in Verbindung mit den Gemeinden und Kirchenvorständen wie in führenden Ämtern auch innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland hat Prälat Karl Hilmes keine Arbeit gescheut und sich keiner Verantwortung entzogen.“

Aus einem Brief Karl Hilmes:

„In den Gemeinden wird williger gehört. Vor allem aber habe ich den Eindruck, dass die Jugend und zumal die Schuljugend von einer Bereitschaft für Gottes Wort ist, wie ich sie nicht für möglich gehalten hätte. Das alles darf uns allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Prozess der Säkularisierung noch nicht abgeschlossen ist. Nun heißt es, vor allem die gutgläubigen Brüder sehen lassen, dass Kirche ständig neu in der Welt erkämpft sein will. Ob man aus den zwölf Jahren gelernt hat, dass gestellte Fragen (wie sie durch Ereignisse gestellt werden) nicht umgangen werden dürfen? Wie hat sich da die Kirche schuldig gemacht! – Beschämend die Tatsache der zu geringen Zahl derer, die wirklich um der Geltung des Anspruches Gottes an die Welt willen litten. Die Gabe der Unterscheidung ist weithin verloren gegangen, und wie kümmerlich mutet einen jetzt das Gestammel vom Nichtgewussthaben an. Dabei war es nur die Sucht nach einem bequemen Leben. Das Amt führen, ohne anzuecken. Viele aber haben nichts dazugelernt.“

Karl Hilmes: Brief an Ernst Wilm, Mitgefangener im KZ Dachau und späterer Präses der Ev. Kirche von Westfalen, vom 18. Dezember 1945+++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön