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Sie weilten für ein achtwöchiges Praktikum in der Rhön: Nicole Lyon aus den USA, Peter Capkovic aus der Slowakei, Roxana Bonderson aus den USA und Rhiannon Rees aus Kanada (von vorne links). - Fotos: Mediendienst für das Biosphärenreservat Rhön/Carsten Kallenbach
31.08.06 - Region
Mittelgebirge für Amerikaner interessant: vier Studenten in der Rhön unterwegs
Ist die Rhön auch für amerikanische Touristen interessant? Diese Frage beschäftigte vier Studenten aus den USA, der Slowakei und Kanada, die ein achtwöchiges Praktikum in der Rhön absolviert haben – betreut durch die Fachhochschule Fulda und die bayerische Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates. Ihre Aufgabe war es, Ideen zu entwickeln, die Rhön für amerikanische Touristen interessanter zu machen. Die Ergebnisse des Praktikums stellten sie nun in der Fachhochschule Fulda vor. Ihre Frage beantworteten sie eindeutig mit „Ja“.
Insgesamt neun ausländische Studenten absolvierten ein achtwöchiges Intensivprogramm im Rahmen von des Programms „Hessen Global“, für das sich die Fachhochschule Fulda und zehn weitere hessische Partnerhochschulen zusammengeschlossen haben. Neben der bayerischen Verwaltungsstelle konnten sich die Studenten in der Forschungsstelle „Region und Nachhaltigkeit“ der Hochschule Fulda sowie im Umweltzentrum Fulda betätigen. Neben dem Institut für interdisziplinäre Forschung „inter.research“ wird „Hessen Global“ vom Deutschen Akademischen Austauschdienst und vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst unterstützt. Möglich wird das Modellprojekt auch durch die Beteiligung der Europäischen Union sowie privater Sponsoren. „Unser Ziel war es, die Studenten in kurzer Zeit in reale Projekte einzubinden. Es gibt nämlich eine enorme Nachfrage nach Kurzzeitpraktika“, sagt der Geschäftsführer und Mitinitiator des Programms, Thomas Berger. Außerdem, fügt er hinzu, sollten die einzelnen Teams möglichst mit Studenten aus verschiedenen Nationen besetzt werden. Neben der Nachhaltigkeit wurden das Umweltmarketing und die Umweltbildung in den drei Institutionen beleuchtet.
Der Aufenthalt in der Rhön hatte für Roxana Bonderson und Nicole Lyon aus den USA, Peter Capkovic aus der Slowakei und Rhiannon Rees aus Kanada zunächst mit einem zweitägigen Exkursionsprogramm begonnen. Die ganze Zeit über wurden sie von Landschaftsökologin Dr. Doris Pokorny begleitet, die zugleich stellvertretende Leiterin der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön ist.
„Die Natur in der Rhön ist geschützt – und das ist der enorme Vorteil dieser Region“, hat Peter Capkovic herausgefunden. Außerdem gebe es zwischen der USA und der Rhön vielfältige Verbindungen. So waren beispielsweise Soldaten aus den USA jahrelang in Wildflecken stationiert. Außerdem seien seinerzeit viele Menschen aus der Rhön nach Amerika ausgewandert. Rhiannon Rees schlägt vor, Patenschaften zwischen dem Biosphärenreservat Rhön und den amerikanischen Veteranen zu entwickeln. Weiterhin schlagen die Studenten vor, ein Reisepaket für amerikanische Touristen zu schnüren, das auf den Beziehungen der ausgewanderten Rhöner und ihrer Familien in der Rhön basiert.
Nicole Lyon rät dazu, komplett neue Verbindungen zu schaffen – vor allem durch Städtepartnerschaften. Diese „entwickeln langfristige Verbindungen, und sie eröffnen die einzigartige Möglichkeit, eine andere Kultur kennen zu lernen.“ Aus einer Städtepartnerschaft könne man gemeinsame Projekte entwickeln. „Die Rhön braucht etwas Besonderes, keinen Massentourismus“, ist sich die Studentin aus den USA sicher. Eine weitere Möglichkeit, Touristen aus den USA in die Rhön zu holen, sehen die Studenten im Rucksacktourismus. Dabei gehe es vorwiegend um die jüngere Zielgruppe unter 30 Jahren, erklärt Peter Capkovic. Der Abenteuerurlaub mit Kultur und Spannung sei bei Amerikanern sehr beliebt. Hinzu komme in der Rhön die Möglichkeit, den Rucksacktourismus mit Radfahren, Segelflug, Paddeln und Klettern zu kombinieren. Nicole Lyon weist darauf hin, dass auch das Potential an konventionellen und ökologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsbetrieben in der Rhön eine nicht zu unterschätzende Größe darstelle. Das Thema „Bio und Gesundheit“ finde in Amerika immer mehr Beachtung.
Roxana Bonderson weist auf die Wellness- und Gastronomiepakete hin, die vor allem für den Touristen wichtig seien, der Ruhe und körperliche Entspannung sucht. Hierbei setzt sie auf die zahlreichen Bäder. Ein großes Plus sei auch die Tatsache, dass sich bereits lokale Produkte gut in der Gastronomie etabliert haben. Das gelte vorwiegend für Wild, Lamm und die Forelle. Auch „Slow Food-Bewegungen“ wie die Partnerschaft „Aus der Rhön – für die Rhön“ sei für Amerikaner interessant, sagt die Studentin. Zudem gebe es in der Rhön zwei Restaurants mit Michelin-Sternen. Allerdings sei die Rhön außerhalb Deutschlands kaum bekannt. Webseiten und Prospekte seien noch nicht zweisprachig.
Auch der Leiter der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön, Regierungsdirektor Michael Geier, sieht ein beträchtliches Potential in der Rhön, amerikanische Touristen anzulocken. Aus der Sicht der Verwaltungsstelle könnten solche „professionellen Intensivpraktika“ zur wiederkehrenden Einrichtung werden. Mit den Organisatoren der Fachhochschule Fulda ist geplant, im Herbst eine „Nachlese zu halten“ und zu diskutieren, wie man mehr daraus machen kann. Unabhängig davon erhalten die Tourismusverantwortlichen in der Bayerischen Rhön den Abschlussbericht der Rhöner Praktikantengruppe, um zu prüfen, ob nicht einige ihrer Ideen weiterverfolgt werden können. +++