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28.08.06 - Fulda

Osthessische Jugendliche 16 Tage als "mission team" in den USA unterwegs

In den letzten zwei Augustwochen haben sich 16 junge Erwachsene aus dem Bistum Fulda nach New York und Washington (USA) aufgemacht, um als „mission team“ einen zweiwöchigen Sommereinsatz zu verbringen. Organisiert wurde das Projekt von Thomas Bretz, Referent für Neuevangelisierung aus dem Generalvikariat Fulda, in Zusammenarbeit mit Simone Twents vom Bischöflichen Jugendamt und Pfarrer Thomas Maleja aus Flieden. Nach ihrer Rückkehr hat dieses Dreier-Team aus Simone Twents, Thomas Bretz und Pfarrer Thomas Maleja den folgenden Bericht verfasst, den "Osthessen-News" nachfolgend fast unverändert veröffentlicht.

Erste Station des Einsatzes, auf amerikanisch „outreach“ genannt, war das Kloster St. Crispin in der Süd-Bronx (New York), einem der heißesten sozialen Brennpunkte der westlichen Welt. Dort waren die jungen Leute zu Gast bei den „Franciscan Friars of the Renewal“, Brüdern und Patres einer jungen Franziskanergemeinschaft der Diözese New York. Diese ist im Bistum Fulda bestens bekannt als „Bronx Brothers“, weil sie mit ihrer Musik und ihren Statements entscheidend mitgewirkt haben am Bonifatiusfest 2004 und am großen Festival „Jesus first“ in Fulda, während des Weltjugendtages 2005. Daher verstand sich diese Fahrt auch als Gegenbesuch von jungen Leuten aus dem Bistum Fulda bei den Bronx Brüdern. Schwerpunkt der Franziskaner der Erneuerung (franciscan friars of the renewal) ist die Arbeit mit den Armen. Sie leben bewusst in Ghettos und Brennpunkten als Arme unter Armen und betreiben eine Reihe unterschiedlicher Hilfsprojekte in der Bronx und in anderen Stadtteilen und Städten. „Die Armen sind nicht Probleme, die wir lösen müssen, sondern Menschen, die wir lieben und denen wir dienen möchten“ so Pater Bernhard, Superior des Konventes. Ziel der Fuldaer Gruppe war es, die Franziskaner eine Woche lang als Volunteers (Freiwillige) in den verschiedenen Projekten zu unterstützen und die Spiritualität der Brüder mitzuleben. „Das Leben der Mönche, das wir mitgekriegt haben, hat mich beeindruckt. Sie sind so nah an den Menschen und gleichzeitig so nah an Gott“ so Matthias Müller (20), Student aus Neuhof.

Unter der Anleitung von Bruder Paulus Tautz, der gebürtig aus Pirna bei Dresden kommt, leisteten die jungen Erwachsenen jeden Tag Einsätze in verschiedenen Projekten unterschiedlicher Organisationen. Sie hatten viele Begegnungen und Gespräche mit Menschen aus der Bronx und NY. „Ich habe von Gott erwartet, dass er mich leitet und dass er durch Zeichen zu mir spricht. Das ist auch eingetroffen; ein Zeichen ist der Blick auf Menschen, der sich geändert hat, vor allem auf Arme und Benachteiligte“ Christina Ermer (17), Schülerin, aus Hattenhof. Vor allem lernten sie viel über die engagierte Haltung der Franziskanerbrüder und der anderen Christen, Laien und Schwestern, die in NY verschiedene Projekte initiiert haben, meistens in privater Initiative, wie in den USA üblich.

So halfen die „mission teamer“ beispielsweise in der „Residence St. Anthony" in der Küche und beim Putzen, einem Heim für ehemalige Obdachlose. Sie reinigten und renovierten Räume des „Shelter Padre Pio“, einem Obdachlosen-Nachtquartier, und halfen bei der Essensausgabe in der Suppenküche der Mutter-Teresa-Schwestern, so wie der „Casa San Diego“, einem Café für illegale Hispanic-Einwanderer und der „Lamp Ministry“, einem fahrenden Café-Wagen durch die Bronx.

Die Lamp-Ministry, die sich bereits seit über 25 Jahren bewährt hat, ist eine Initiative von Dr. Tom Scheuring, der als Laienchrist etwas für seine Mitmenschen und die Ausbreitung des Evangeliums tut. So gibt es in New York vielerlei christliche Initiativen, die mit viel Fantasie und Engagement geführt werden. Christen in den USA versuchen, viele Kanäle und Milieus zu nutzen, um eine Kultur der Liebe nach dem Evangelium Christi zu prägen und die Menschen in Beziehung zu Gott zu bringen.

So auch beispielsweise die „Sisters of Life“, bei denen die Gruppe ebenfalls zu Gast war, einer Schwesterngemeinschaft, die sich vor 15 Jahren gegründet hat, um sich für das menschliche Leben von seinem Anfang bis zu seinem natürlichen Ende einzusetzen und eine Kultur des Lebens zu prägen, die Papst Johannes Paul II. eingefordert hat. Dabei setzen sie sich besonders für die Beratung und die direkte Hilfe für schwangere Frauen ein, die sich in einer Krise befinden. Die Fuldaer Gruppe konnte sie in einem Haus in Manhattan besuchen, in dem alleinstehende schwangere Frauen Aufnahme finden für die Zeit vor und nach der Geburt. Außerdem wird Unterstützung geleistet für die erste Zeit mit dem Kind. „Diese Frauen sind Heldinnen“ so Schwester Mary, „denn sie treffen eine einsame Entscheidung für ihr Kind, die komplett gegen den Zeitgeist ist, der ihnen rät, das Kind einfach abzutreiben.“

Dabei geht es den Schwestern nicht allein um praktische Hilfe, sondern um die ganze Person. „Jede dieser Frauen trägt eine Wunde in sich des „Imstichgelassenseins“, vom Vater des Kindes oder von ihrer Familie. Gerade in den ersten Wochen investieren wir extrem viel Liebe und Geduld, um diese Wunde heilen zu helfen und der Mutter ein neues Vertrauen zu ermöglichen.“ „Viele von ihnen finden auch in der Zeit hier im Haus zu Gott, durch die Atmosphäre in die sie hier getaucht sind und die den Glauben attraktiv macht. Wir pushen sie nicht.“ Durch großzügige Spenden der Teilnehmer konnte die Gruppe Babykleidung und andere Utensilien dort lassen, worüber sich die Schwestern sehr gefreut haben, weil sie in ihrer Arbeit komplett auf Gaben von außen angewiesen sind und ihren Jahresvorrat bei der Hurrikankatastrophe nach New Orleans gespendet hatten.

Ein anderes Projekt, das die Fuldaer Gruppe besuchen konnte, ist die Medien-Company „Grassroots“. Hier haben sich junge Christen, einige von ihnen ehemalige Straßenjungen aus der Bronx, zusammengetan, die Talent für Filme machen haben und produzieren professionelle christliche Clips. Der bekannteste ist ein 40minütiger Promotion-Film zum WJT 2005, der auch im Bistum Fulda viel genutzt wurde. Das aktuelle Projekt ist ein Film über Priesterberufung, den sie im Auftrag der amerikanischen Bischofskonferenz produziert haben und von dem bereits über 20.000 DVDs bestellt wurden. Der Stil ist innovativ und der aktuellen Kinoszene angepasst. Hinter dem Projekt steckt der Wunsch, die modernen Medien für die Evangelisierung zu nutzen. Dabei geht es nicht nur um die Filmertätigkeit, sondern die jungen Männer leben als eine Gemeinschaft des Gebets und der Solidarität miteinander unter der Leitung von Joe Gambles. Er, Chef und Produzent der Company, ist ein ehemaliger Geschäftsmann, der zum Glauben gefunden und sein Geschäft aufgegeben hat, um mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu arbeiten und gemeinsam mit ihnen das Evangelium zu leben.

Der Woche in der Bronx folgte eine Reise per Greyhound-Bus nach Washington D.C. Dort wurden die jungen „mission teamer“ von Pfarrer Michael Schapfel, dem Militärseelsorger und Pfarrer der deutschsprachigen katholischen Gemeinde Washingtons, so wie mehreren Gemeindemitgliedern, empfangen. Der zweite Teil der Reise hatte zwei Schwerpunkte, zum einen Bildung, d.h. Lernen über Geschichte, Gesellschaft und Kirche in den USA, zum anderen konkretes missionarisches Engagement. Das hieß, gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort zu erspüren, was die Gruppe mit ihren Talenten und Vorbereitungen für die momentane Situation der Menschen und Gemeinden einbringen kann.

Den größten Wert sahen die Washingtoner Gemeinden darin, dass junge Christen feurig und gerne von ihrem Glauben sprechen und singen und mit Leidenschaft von ihrem Engagement in der Bronx berichteten. „Die Jugendlichen konnten im Zusammenleben mit den Franciscan Friars und durch ihren Einsatz in Washington einen missionarischen Lebensstil einüben und anwenden. Eines unserer Ziele ist, dass wir diesen missionarischen Lebensstil mit in unseren Alltag hineinnehmen und unseren Glauben den Menschen, mit denen wir leben, konkret bezeugen“, so Thomas Bretz, Referent für Neuevangelisierung im Bistum Fulda, Leiter und Organisator der Fahrt.

Eine der inspirierenden Exkursionen zum Thema Bildung war ein Besuch der Mädchen-Middleschool in Anacostia (im Südwesten Washingtons, dem sozialen Brennpunkt der Hauptstadt. Drei kirchliche und nichtkirchliche Organisationen haben es sich vor 12 Jahren zum Ziel gemacht, in dem Armutsviertel grundlegend etwas zu bewegen, um die Armutsspirale zu überwinden. Ihr Ansatzpunkt ist es, den Kindern durch die Bildung eine Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen. Das Projekt ist vom Schülertreffen in einem kleinen Kellerraum zu einem Gebäudekomplex mit hervorragendem Bildungskonzept gewachsen. Es bietet Möglichkeiten, die Kinder und Jugendlichen in verschiedenen Talenten zu fördern. Professionelle Künstler aus der Region engagieren sich dort durch kostenlosen Unterricht, so z.B. Mitglieder aus dem Washington Ballet. Die Kinder dieser Schule kommen zum großen Teil aus sehr schwierigen familiären Hintergründen. Die Schule nimmt nur die Ärmsten auf.

Als weiteren Einsatz gestalteten die jungen Leute aus dem Bistum Fulda in der deutschen Gemeinde Washingtons einen Nachmittag für die Kinder der Pfarrei. Dabei war auch die Handpuppe Paulinchen aus Deutschland, die Ausgangspunkt einer Katechese über das Gebet wurde. Außerdem initiierte die Gruppe eine „night of reconciliation“, einen Abend der Versöhnung, für Jugendliche und Erwachsene der beiden Gastpfarreien, der deutschen und der amerikanischen, so wie die Sonntagsmesse in der deutschsprachigen Pfarrei mit Musik und Zeugnissen. „Ich wollte diese Fahrt dazu nutzen, meine Talente zu entdecken und authentisch zu sein. Daher war ich sehr dankbar für die Gelegenheit, im Gottesdienst ein Glaubenszeugnis geben zu können. Das hat mich herausgefordert“ so Henrike Stuwe (21), Studentin für Grundschullehramt aus Neuhof

Die Geschichte des Landes wurde der Gruppe von Pfarrer Michael Schapfel auf einer Rundtour durch die Mall von Washington erklärt. Dort repräsentieren nationale Memorials verschiedene Abschnitte der US-Geschichte. Ein wichtiger Programmpunkt war auch der Besuch des National Shrine der Katholiken Amerikas, einer großen Basilika, die der Muttergottes geweiht ist und verschiedene Marienheiligtümer aus aller Welt beherbergt. So wurde genau zwei Tage vor der Wahl des deutschen Papstes eine Kopie der Muttergottes von Altötting dort eingeweiht. Dabei lernten die jungen Christen aus Deutschland vieles über die Mentalität der Katholiken in den USA so wie über die Rolle Mariens im Glauben der Kirche.

Sehr wichtig für das Team war auch der Kontakt mit den Familien der amerikanischen Pfarrei St. John the Beloved, die die jungen Leute bei sich beherbergten. „Ich konnte Vorurteile gegenüber den Amerikanern abbauen. Wir sind so herzlich und offen aufgenommen worden, unsere Gastfamilien haben uns sogar ihren Hausschlüssel überlassen“ so Mirko Auth (18) Schüler aus Flieden. Verschiedene Familien luden die Gruppe zudem zum Barbecue ein und holten noch ihre Nachbarn und Freunde dazu. Dabei ergaben sich viele Gelegenheiten, über den Glauben ins Gespräch zu kommen so wie sich über Kulturgrenzen hinweg zu begegnen. Das reichte vom Kreuzberglied über „country roads“ bis zu Liedern mit christlicher Botschaft und Glaubenszeugnissen. „Wir fühlen uns durch euch sehr inspiriert. In eurem Team erlebt man einfach, dass Gott lebendig ist”, so übereinstimmend Gasteltern Kay Carter (36) so wie Lucas Gallegos (84).

„Was mich beeindruckt hat, ist die Haltung unserer jungen Leute, die das Projekt als Mission im besten Sinne gelebt haben, mit großem persönlichen Einsatz und Bereitschaft zum Dienen an anderen Menschen. Sie haben in den Bronx stunden- und tagelang ganz unangenehme Arbeiten verrichtet, und das wirklich mit Liebe. Daraus ist in ihnen etwas gewachsen, was sie in Washington weitergeben konnten im Kontakt mit den Menschen dort, die das auch gespürt haben“ so Simone Twents, Referentin für religiöse Bildung im Bischöflichen Jugendamt Fulda, die die Fahrt mitgeleitet hat.

Täglicher Fixpunkt war die Feier der Messe und mehrmals auch die eucharistische Anbetung. „Ich war erst skeptisch gegenüber eucharistischer Anbetung, aber das hat sich grundlegend geändert. Ich hätte nie gedacht, dass ich Gott auf diese Weise erfahren könnte“ so Matthias Müller (20), Student aus Neuhof.

Bei der abschließenden Auswertungsrunde der gesamten Gruppe, die einen ganzen Vormittag in Anspruch nahm, zogen die einzelnen Teilnehmer ein Resümee über ihre Erwartungen und über die Nachhaltigkeit ihres Einsatzes in den USA: „Für mich war diese Fahrt ein ganz wichtiger Schritt, von dem ich noch lange zehren kann“ so Till Hünermund (28), Jurist, ab Oktober Seminarist im Bistum Fulda. „Ich habe Kraft tanken können und mein Vertrauen in Gott ist gewachsen“, so Christiane Siedentopf (28), Eventmanagerin aus Fulda. Auch wurden Entscheidungen getroffen, das Erlebte und Gelernte mit nach Hause zu nehmen: „Ständiger Umgang mit dem Glauben in allen Lebenslagen, das möchte ich auch zu Hause noch mehr in den Alltag einbringen“ so Bernd Larbig (30), Bankkaufmann aus Flieden. „Mit das Beste, was ich je erlebt habe“ so Thomas Maleja, langjähriger Diözesanjugendpfarrer, der am 17. September in Flieden als Pfarrer eingeführt wird. +++








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