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16.08.06 - "IM WORTLAUT"

Eilbeschluss des VG Kassel und Stellungnahme der Stadt zur Nazidemo

Der Pressesprecher des Verwaltungsgerichts Kassel schreibt zum Eilbeschluss im Wortlaut:

"Das vom Bürgermeister der Stadt Fulda ausgesprochene Verbot einer Versammlung von Neonazis am 19.08.2006 in Fulda ist rechtens.

Mit seinem Eilbeschluss vom 16.08.2006 hat das Verwaltungsgericht Kassel ein vom Bürgermeister der Stadt Fulda ausgesprochenes Versammlungsverbot für die am 19.08.2006 in Fulda unter dem Motto „ Meinungsfreiheit auch für Deutsche - § 130 StGB abschaffen - „ vorgesehene Versammlung bestätigt. Die Verbotsverfügung sei gerechtfertigt, weil bei Durchführung der geplanten Veranstaltung die konkrete Gefahr bestehe, dass Strafgesetze verletzt würden. Denn in Wahrheit handele es sich um eine Tarnveranstaltung für die inzwischen bestandskräftig verbotene zentrale Gedenkveranstaltung in Wunsiedel im Zusammenhang mit dem Todestag von Rudolf Hess. Dieser Gesichtspunkt alleine trage die Verbotsverfügung.

Nachdem bis zum Jahre 2004 in Wunsiedel im zeitlichen Zusammenhang mit dem Todestag von Rudolf Hess am 17. 08. Gedenkveranstaltungen der Neonazi-Szene stattgefunden hätten, sei die auch für das Jahr 2005 geplante Veranstaltung für den 20.08.2005 vom Landratsamt Wunsiedel unter Bezugnahme auf zu erwartende Verstöße gegen den am 01.04.2005 in Kraft getretenen § 130 Abs. 4 StGB verboten worden. Nach dieser Vorschrift könne mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch störe, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billige, verherrliche oder rechtfertige. Dieser Tatbestand sei durch die Gedenkveranstaltung, bei der die Person von Rudolf Hess als Repräsentant des nationalsozialistischen Terrorregimes verherrlicht und glorifiziert werde, erfüllt worden.

Aufgrund dessen sei auch die am 19.08.2006 erneut in Wunsiedel vorgesehene zentrale Gedenkkundgebung für Rudolf Hess - letztlich bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht – untersagt worden.

Aufgrund der erkennbaren Umstände sei davon auszugehen, dass es sich bei der in Fulda angemeldeten Veranstaltung um eine sog. Tarnveranstaltung handele, bei der tatsächlich die in Wunsiedel verbotene Veranstaltung durchgeführt werden solle. Insoweit sei das Motto des Veranstalters „Meinungsfreiheit auch für Deutsche - § 130 StGB abschaffen –„ lediglich vorgeschoben.

Für diese Annahme spreche, dass die geplante Veranstaltung am gleichen Tag und auch in dem gleichen Zeitrahmen wie die verbotene Veranstaltung in Wunsiedel stattfinden solle. Außerdem stehe fest, dass der Antragsteller und der stellvertretende Leiter der geplanten Versammlung im Jahr 2004 ebenfalls in Wunsiedel an der Gedenkveranstaltung teilgenommen hätten. Des Weiteren sei der erwartete und im Vorfeld mobilisierte Teilnehmerkreis für die in Fulda geplante Veranstaltung identisch mit einem Teil der Teilnehmer, die man in Wunsiedel erwartet habe. Und auch im Vorjahr habe es für die verbotene Veranstaltung in Wunsiedel Ersatzveranstaltungen gegeben, an denen jene teilgenommen hätten, mit denen auch für die verbotene Gedenkveranstaltung in Wunsiedel zu rechnen gewesen sei. Ferner könne man aus Internet-Aufrufen des Veranstalters auf die Absicht schließen, im Falle eines Verbots der Gedenkveranstaltung in Wunsiedel Ersatzveranstaltungen durchführen zu wollen (z.B. Aktuelle Meldungen vom Wunsiedelkomitee vom 08.07.2006 mit dem Hinweis, sich den 19.08.2006 unbedingt vorsorglich freizuhalten, sowie Nationaler Beobachter Sch. mit dem Hinweis auf Aktionen rund um den 17.8. – dem Todestag von Rudolf Hess – und dabei der Nennung der geplanten Veranstaltung in Fulda). Diese enge Verbindung zwischen den in Wunsiedel und Fulda vorgesehenen Veranstaltungen werde noch durch den Umstand verdeutlicht, dass der als stellvertretender Versammlungsleiter vorgesehene W. als Vorsitzender der NPD Hessen mit Schreiben vom 18.07.2006 an die Kreisvorsitzenden erklärt habe, dass in jedem Fall am 19.08.2006 ein Bus zu einer Veranstaltung fahre, und zwar bei einem Verbot der Gedenkveranstaltung in Wunsiedel entweder nach Fulda oder nach Weimar.

Hinzu komme, dass auch bereits im letzten Jahr Ersatzveranstaltungen für die zentrale Gedenkveranstaltung in Wunsiedel durchgeführt worden seien. Nachdem eine in Magdeburg geplante Ersatzveranstaltung verboten worden sei, sei es in Peine zu einer so genannten Spontanveranstaltung von Personen aus der Neonazi-Szene gekommen, die auf der Anreise zu der Veranstaltung in Magdeburg gewesen seien. Bei dieser Veranstaltung seien dann Parolen wie „Rudolf Hess - das war Mord“ und „Ruhm und Ehre für Rudolf Hess“ gerufen worden. Insoweit werde auf dem Verfassungsschutzberichts des Verfassungsschutzamtes Hessen 2005 verwiesen. Danach hätten an dieser Veranstaltung vornehmlich Teilnehmer aus Hessen teilgenommen.

Gegen den Beschluss – VG Kassel 2 E 1268/06 – ist die Beschwerde zum Hess. Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegeben."

Verantwortlich: Ottmar Barke, Pressesprecher VG Kassel

Die Stadt Fulda schreibt in einer Pressemitteilung zum heutigen Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel:

"Verwaltungsbericht bestätigt Verbotsverfügung der Stadt

Das Verwaltungsgericht in Kassel hat in einem Eilverfahren die Verbotsverfügung des Fuldaer Oberbürgermeisters Gerhard Möller vom 24. Juli am heutigen Mittwoch bestätigt. Die Freien Nationalisten, Antragsteller der für Fulda geplanten Kundgebung, hatten vor Gericht Beschwerde gegen den Sofortvollzug der städtischen Verfügung eingelegt. Das Kasseler Verwaltungsgericht wies die Beschwerde ab und würdigte in seinem Beschluss die Verbotsverfügung der Stadt als « offensichtlich rechtmäßig ». Das Gericht bestätigte damit die Position der Stadt, dass es sich bei der für Fulda angemeldeten Veranstaltung um eine Ersatzveranstaltung für die verbotene Rudolf Heß-Gedenkveranstaltung im bayerischen Wunsiedel handelt. Ähnlich wie in Kassel urteilten auch die Richter des Verwaltungsgerichts in Bayreuth und stärkten die Rechtsauffassung der betroffenen bayerischen Kommune im Gegensatz zu Kollegen des Verwaltungsgerichts im thüringischen Gera, das die für Jena angemeldete Veranstaltung « nicht verboten hat ».

Position der Stadt bekräftigt

Die von der Stadt detailliert vorgetragenen und klar begründeten Hinweise und Fakten werden vom Verwaltungsgericht in seiner Begründung bekräftigt. Das Gericht, so erläutert Fuldas Verwaltungschef, habe die angemeldete Veranstaltung als « Tarnveranstaltung » für die in Wunsiedel verbotene Heß-Gedenkveranstaltung der Neonazis bezeichnet. Möller wie auch Ordnungsdezernent Bürgermeister Dr. Wolfgang Dippel zeigten sich nach der Entscheidung der Kasseler Richter erleichtert über deren klare Position. Für Möller ist der erstinstanzliche Beschluss ein großer Erfolg und eine Bestätigung der deutlichen Haltung der Stadt. Insbesondere dankte der OB Rechtsamtsleiterin Ulrike Richter, die mit außerordentlicher Kompetenz und Sorgfalt die Verbotsverfügung erstellt und das Gerichtsverfahren geführt habe.

Allerdings warnte Möller vor einer vorschnellen Entwarnung. Nach wie vor müsse das weitere Verfahren abgewartet werden, da die Möglichkeit bestehe, dass die Freien Nationalisten doch noch kurzfristig den Beschluss des Verwaltungsgerichts anfechten könnten. Möller und Dippel begrüßten im Zusammenhang nachdrücklich das Engagement des Aktionsbündnisses gegen Neonazis.+++

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