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Von Kreistagsthemen bis Landespolitik: Alja Epp-Naliwaiko, MdL Margaretha Hölldobler-Heumüller, Grünen-Pressesprecherin Elke Cezanne und Fraktionsvorsitzender Tarek Al Wazir - Fotos: Max Colin Heydenreich

Medienintersse bei der Pressekonferenz im Stadtschloss.

23.05.06 - Fulda

Landtags-Grüne "vor Ort": Unterrichtsgarantie, Studiengebühren, Gen-Mais

Die Grüne Landtagsfraktion tagt heute nicht wie gewöhnlich in Wiesbaden hinter verschlossener Tür, sondern im Fuldaer Stadtschloss im Beisein von Bürgermeister Wolfgang Dippel (CDU), Medienvertretern und Schülern des Dom-Gymnasiums. Er sei nicht als „parteipolitischer Spitzel“ gekommen, versicherte der CDU-Bürgermeister und hieß die Landtagsabgeordneten und Fraktionsmitglieder im Kurfürstenzimmer willkommen. Die anwesenden Schüler des Politik-Wirtschaft-Leistungskurses forderte Fraktionsvorsitzender Tarek Al Wazir auf, alle Fragen über Politik zu stellen, „die Sie sich noch nie zu fragen trauten“.

Zur Zeit beschäftigt sich die Fraktion mit drei aktuellen Themen der hessischen Landespolitik. Unter der Überschrift „Verlässliche Schule statt Unterrichtsgarantie-Murks“ lehnen die Grünen die so genannte "Unterrichtsgarantie plus" rigoros ab. Man könne im Krankheitsfall von Lehrern doch nicht irgendjemand vor die Klasse stellen und sagen „Jetzt mach mal“, sagte Fraktionsvorsitzender Tarek Al Wazir. Die Ablehnung dieser Pläne durch alle Lehrerverbände und zahlreiche Proteste von Schulen zeigten, dass Kultusministerin Wolff die Bildungspolitik in Hessen an die Wand gefahren habe. "Wir wollen die verlässliche Schule, aber nicht zu Lasten der Qualität und nicht zu Lasten von Lehrern, Schülern und Eltern. Deshalb lehnen wir diese „Unterrichtsgarantie Murks“ der Landesregierung ab und haben einen eigenen Vorschlag für die verlässliche Schule vorgelegt", sagt der bildungspolitische Sprecher, Mathias Wagner.

Die Kultusministerin, die den garantierten Unterricht versprochen habe, müsse jetzt konstatieren, dass wöchentlich 70 000 Stunden ausfallen. Das Wahlversprechen Unterrichtsgarantie sei gebrochen und jetzt soll den Schulen der Schwarze Peter für die mangelnde Personausstattung zu geschoben werden.

Dass dies ein weiterer Etikettenschwindel sei, zeige bereits eine einfache Rechnung. "70 000 ausfallende Unterrichtsstunden entsprechen der Arbeitsleistung von gut 2 500 Lehrkräften. 2 500 neue Stellen würden das Land mehr als 100 Millionen Euro kosten. Für die so genannte 'Unterrichtsgarantie plus' stehen aber gerade einmal 30 Millionen Euro zur Verfügung. Die Differenz wird auf dem Rücken der Schulen abgeladen und geht zu Lasten der Qualität."

Studiengebühren kontraproduktiv und unsozial

Auch der zweite Themenschwerpunkt der grünen Fraktionssitzung betrifft die Bildungspolitik. Die geplanten Studiengebühren seien volkswirtschaftlich kontraproduktiv und unsozial. Ein aktueller Beschluss der Landtagsfraktion sehe vor, falls das entsprechende Gesetz der Landesregierung so durchkomme, werden die Grünen dagegen vor dem Staatsgerichtshof klagen. „In der hessischen Verfassung ist ausdrücklich Schulgeldfreiheit festgeschrieben“, betonte Tarek Al Wazir.

"Alle internationalen Studien sind sich einig: Deutschland braucht mehr Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Das ist eine Frage der volkswirtschaftlichen Vernunft. Ein Land, dessen alleinige Ressource aus den gut ausgebildeten Menschen besteht, kann sich nicht weiter so geringe Studierendenzahlen leisten. Und die Antwort der Landesregierung auf dieses drängende Problem ist: Allgemeine Studiengebühren. Studiengebühren werden Abiturientinnen und Abiturienten von einem Studium abhalten. Ganz zu schweigen von denjenigen, die ihr Studium durch diese Regelung abbrechen müssen", erklärt die wissenschaftspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Sarah Sorge. Die Landesregierung setze weiter auf eine Politik – frei nach dem Motto: Den Reichen wird gegeben – den Armen wird genommen. Diese Studiengebühren werden vor allem Jugendliche aus sozial schwachen Familien von einem Studium abhalten.

"Der Gipfel des Unsozialen ist jedoch die Regelung, dass Studierende von außerhalb der EU künftig bis zu 1500 Euro pro Semester bezahlen müssen. Die Vereinigung der türkischen Studierendenverbände hat dies mit Recht als diskriminierend bezeichnet. Studierenden aus ärmeren Ländern wird damit der Hochschulzugang versperrt. Gerade die Gebührenfreiheit war ein hervorragender Standortvorteil für Studierende aus ärmeren Ländern, um in Hessen ein Studium aufzunehmen." Bundesfamilienministerin von der Leyen habe mit Recht darauf hingewiesen, dass junge Akademikerpaare weniger Kinder bekommen. Die Rückzahlung des Studienkredits falle genau in die Familiengründungsphase von jungen Hochschulabsolventinnen und Absolventen. Auch hier wirke sich eine Schuldenlast von mehreren tausend Euro negativ auf die Möglichkeit zur Familiengründung aus.

Umstrittener Gen-Mais auf Staatsdomäne ausgesät - Grüne fordern Mais unterzupflügen

Die Landtagsfraktion fordert Umweltminister Dietzel auf, dafür zu sorgen, dass der Anbau von gentechnisch verändertem Mais auf der staatlichen Domäne Hammersbach im Rahmen der DLG-Feldtage abgebrochen wird. Hintergrund der Forderung ist die vor kurzem gewonnene Erkenntnis, dass die verwendete Maissorte MON810 nicht über die erforderlichen gentechnikrechtlichen Genehmigungen verfügt. Demnach ist der Vertrieb und der Anbau von MON810-Saatgut in Deutschland nicht erlaubt. Sogar Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer sehe die Berechtigung dieser Vorwürfe und habe die Europäische Union um Aufklärung in dieser Frage gebeten.

"Eine nicht zugelassene, zumindest rechtlich umstrittene Sorte von gentechnisch verändertem Mais darf auf keinem Fall angebaut werden. Besonders prekär ist der Fall, da die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft diesen Maisanbau während einer Informationsveranstaltung vom 20. bis zum 22. Juni in Hammersbach der Öffentlichkeit vorstellen will. Es werden Besucherinnen und Besucher aus dem In- und Ausland erwartet. Der Anbau einer nicht zugelassenen Sorte würde auch dem Selbstverständnis der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft widersprechen", unterstreicht der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling.

"Wir sind generell gegen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, unter anderem auch, weil die gesundheitlichen Risiken bisher nicht ausreichend geklärt wurden. In Versuchen haben sich bei dieser Sorte erhebliche Risiken gezeigt. In verschiedenen Studien wurden Auswirkungen auf das Blutbild und Leberschäden von Versuchstieren festgestellt. Gibt es dieses Risiko, darf nicht auch noch eine Werbeveranstaltung von Monsanto durchgeführt werden. Der ausgesäte Mais muss umgehend untergepflügt werden", erklärte Häusling.

Die Schüler des Politik-Leistungskurses eröffneten ihren Fragenkatalog nach der Debatte mit einem Versuch der poltischen Richtungsbestimmung: "Wieviele Mitglieder der Fraktion würden sich als Fundi bezeichnen?" Tarek Al Wazir verwies in seiner Antwort den Richtungsstreit zwischen Realos und Fundis in den Bereich der Geschichte. Diese Polarisierung habe sich überlebt. Ganz aktuell war die Schülerfrage nach dem Umgang der Grünen mit dem Thema Rechtsradikalismus. Die Antwort: Ziemlich blamabel finden es die Grünen, dass dieses von ihnen als Dauerthema wahrgenommene Problem des Rassismus nie aus den Augen gelassen wurde, aber erst im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft plötzlich auch bei anderen Parteien auf die Tagesordnung gelangt sei. Weiter von Interesse für die Schüler waren die Themen Hartz IV und Oppositionspolitik. Wie kann man seine poltischen Zielsetzungen im Landtag realisieren? "Wie wichtig sind innerparteiliche Netzwerke?", wollte ein anderer Schüler wissen. Al Wazirs Antwort: "Sehr wichtig" Man müsse nur an die Listenaufstellungen bei den Grünen-Landesmitgliederversammlungen denken, bei denen - anders als bei allen anderen Parteien - jedes Mitglied abstimmen könne. Das sei so ähnlich wie bei der Papstwahl, wo die entsprechenden Netzwerke der Kardinäle und Bischöfe schließlich auch zum Erfolg führten.+++

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Will mit seiner Fraktion notfalls gegen Studiengebühren Verfassungsklage einreichen: Tarke Al Wazir.

Fraktionsvorsitzender der Grünen im Fuldaer Stadtparlament, Ernst Sporer resümiert die Arbeit im Stadtparlament. Dort haben die Grünen bei der letzten Wahl einen zusätzlichen Sitz hinzugewonnen und jetzt fünf Stadtverordnete.





Petra Klostermann vom hr-Studio Fulda nimmt einen O-Ton zur hessischen Bildungspolitik auf.


Bio-Obst als Tagesverpflegung im Stadtschloss - und Gebäck vom Vollkornbäcker.

Die Schüler des Politikleistungskurses des Dom-Gymnasiums sind bei der Fraktionssitzung ganz Ohr.


Von links. MdL Marcus Bocklet, Landesvorstandsprecher und MdB Matthias Berninger, MdL Sarah Sorge, MdL Jürgen Frömmrich und Grünen-Kreistagsmitglied Alja Epp-Naliwaiko.

Kordula Schulze-Asche und Frank Kaufmann sitzen ebenfalls für die Grünen im Landtag.



Ein Schwarzer unter Grünen: Fuldas Bürgermeister Wolfgang Dippel (CDU) neben Grünen-MdL Hölldobler-Heumüller.



von links: MdL Sigrid Erfurt, Annette Fladung und Stadtverordnete Ute Riebold



Schülerinnen und Schüler als kritisches und aufmerksames Publikum


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