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- Fotos: Klaus Dehnhard

11.05.06 - Poppenhausen

EXKLUSIV! 40 bissige Hunde von Polizei gefangen - "Besitzer uneinsichtig"

Dramatische Szenen haben sich heute den ganzen Tag über in der Rhön bei einem Polizeieinsatz abgespielt. etwa 40 verwahrloste, verwilderte und beißwütige Schäferhunde und Mischlinge fing ein Sonderkommando auf dem Hof "Vordereselsbrunn" im Poppenhausener Ortsteil Steinwand zwischen Grabenhöfchen und Maulkuppe (Kreis Fulda) ein und brachte sie ins Tierheim nach Hünfeld-Michelsrombach. Außer den lebenden Tieren sollen sich auch noch mehrere tote Hunde auf dem Gelände befunden haben, erfuhr "Osthessen-News".

Auf dem - fernab von anderer Besiedlung - liegenden Hof im Außenbereich leben zwei Brüder und deren Mutter in offenbar unhaltbaren Zuständen. "So etwas habe ich noch nie gesehen", äußerte sich der Bürgermeister von Poppenhausen Manfred Helfrich gegenüber unserer Redaktion, der die Sicherstellung aller Hunde verfügt hatte und bei der Aktion selbst vor Ort war. Alle Behörden - vom Landratsamt bis zur Polizei - hatten die morgens um 07:30 Uhr begonnene "Räumaktion" als "streng geheim" eingestuft, um den Tierhalter nicht vorzeitig zu warnen.

Außer der Polizei wirkten auch fünf Angehörige der Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Poppenhausen mit: die Feuerwehrleute hatten im Rahmen der Amtshilfe die Aufgabe, eine durch den Hausbesitzer verschlossene Zimmertür auf Anordnung der Polizei gewaltsam zu öffnen, die Begehbarkeit eines Dachbodens zu überprüfen sowie weitere technische Unterstützungstätigkeiten für die Polizeibeamten zu leisten. Nach Aussage eines Sprechers der FF Poppenhausen waren sich die eingesetzten Aktiven einig, dass sie "solche Lebensbedingungen noch nie zuvor gesehen haben".

Seit Anfang April hatte es immer wieder Anzeigen wegen Beißattacken und Angriffen durch die frei umherlaufenden Hunde gegeben. Mindestens zehn Betroffene haben sich in dieser Zeit bei der Gemeinde beschwert, dass der beliebte Wanderweg - die Verbindung vom Grabenhöfchen zur Maulkuppe (Fuldaer Haus) - durch die aggressive Hundemeute quasi unpassierbar geworden war. Der von Wanderern und Spaziergängern stark frequentierte Weg führt direkt an dem heruntergekommenen Gehöft vorbei. "Die Dunkelziffer der Gebissenen ist vermutlich noch höher", vermutete der Bürgermeister.

Helfrich hatte daraufhin zunächst mit Ermahnungen, persönlichem Gespräch und dann mit schriftlichen Aufforderungen plus Fristsetzung versucht, auf den Hundehalter einzuwirken. "Wir wollten erreichen, dass die Zahl der Tiere auf fünf runtergefahren wird", sagte der Bürgermeister. Und das Gehöft sollte eingezäunt werden. Aber der Besitzer, der von einer Frührente lebt, habe sich absolut uneinsichtig gezeigt. Mit Argumenten sei da nichts auszurichten gewesen: "Man merkt da eine gewisse Ohnmacht", sagte der Bürgermeister, der auch um den guten Ruf seiner Gemeinde als Erholungsort fürchtete. Es sei das erste Mal in seiner Dienstzeit, dass eine solche Gemengelage aus Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorkomme.

Der Gemeindechef erwirkte eine Verfügung, alle Tiere sicherzustellen. Kommune, Kreisverwaltung, Veterinäramt und Tierschutz planten das Fangprojekt. Die Gemeinde mietete einen Lkw-Transport und ließ Transportboxen bringen. Die Uneinsichtigkeit des Besitzers zeigte sich auch in dessen Verhalten bei der heutigen Aktion, bei der sich allein sieben speziell ausgebildete Polizei-Hundeführer in Schutzkleidung mit Netzen und Schlingen als Hundefänger betätigten. Der Besitzer habe die Maßnahme behindert und versucht, die Tiere wieder zu befreien, randaliert und Widerstand geleistet. Die Beamten mussten den Mann schließlich in einem Streifenwagen festsetzen.

"Hier herrschen katastrophale Zustände, ich bin richtig erschüttert", sagte Bürgermeister Helfrich. Haus und Hof könne man als "nicht bewohnbar" bezeichnen. Weitere Maßnahmen würden jetzt noch geprüft. Nach dem Abtransport der Hunde hoffe er - so Helfrich - , dass nun die Sicherheit im Ortsteil Steinwand wieder gegeben sei. Er werde sich zudem mit dem Kreisbauernverband und anderen Stellen in Verbindung setzen, um kurzfristig den Einsatz eines Betriebshelfers auf dem Hof zu ermöglichen.

Ein "Riesenproblem" ist mit dem erfolgreichen Einfangen der Hunde heute auf das Tierheim Fulda - Hünfeld im Michelsrombacher Wald zugekommen. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin Inge Rotter - zuständig als Kassenwartin und Hundebeauftragte - sagte Osthessen-News: "Wir sind im Moment völlig geschockt. So wie es aussieht, haben wir auf einen Schlag 37 Hunde dazu bekommen". Es sei für die Helfer im Tierheim offen, wie das alles bewältigt werden könne. "Wir haben keine Chance 37 zusätzliche Tiere zu ernähren und tierärztlich versorgen zu lassen. Und mit der pflegerischen Versorgung ist es auch fast unmöglich - wir haben nun insgesamt 75 Hunde. Wir brauchen dringend Unterstützung".

Eine Vorinformation habe das Tierheim letzte Woche bekommen, aber es sei doch wenig Zeit zur Vorbereitung gewesen. Die Tiere machten körperlich einen "guten Eindruck", scheinen weitgehend gesund zu sein. Um das sicher sagen zu können, müssten aber erst die tierärztlichen Untersuchungen abgewartet werden. Bei einigen noch kleinen oder jungen Hunden könne noch mit einer Sozialisation gerechnet werden. "Die großen schwarzen sind kaum vermittelbar - die werden sehr sehr lange im Tierheim sitzen", seufzte Inge Rotter. Sie überlegt, ob das Tierheim die Gemeinde Poppenhausen ansprechen kann.

Doch die generellen Probleme der nächsten Zukunft werden durch den akuten Stress erst noch einmal beiseite geschoben. Zwei Hunde mit Würfen - erst 2 bis 3 Tage alten Welpen - sind dabei: "Da sind Babys halbtot - die müssen wir sofort rausholen." Mit diesen Worten holte Inge Rotter einige Helfer zusammen - das Muttertier in der Box wurde mittels Stiel zurückgehalten - und ein winziger schwarzer Hundewelpe schnappte nur noch nach Luft. Das Tierchen musste sofort zum Tierarzt, um von seinem Leiden erlöst zu werden. "Wir wissen noch nicht, wieviele am Leben bleiben", meinte eine Helferin.

Andere fleißige Tierfreunde transportierten die Boxen in den Außenbereich und ließen die gefangenen Hunde allein oder zu zweit in die Ausläufe - wobei darauf geachtet wurde, keine Rüde-Hündin-Pärchen zu bilden, die dann für noch mehr Nachwuchs sorgen könnten. Eine weitere Schwierigkeit: keiner der Hunde sei richtig an Menschen gewöhnt. "Die können sie praktisch nicht anfassen" - was sich negativ auf die Vermittelbarkeit auswirkt und für die Tierhein-Mitarbeiter ein Risiko darstellt. "Mit Tierliebe habe eine solche Art der Hundehaltung nicht das Geringste zu tun", sagte einer der Hundefänger. +++









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