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...sicher ist nur - so wirds nie wieder sein. Der Uniplatz vor über 40 Jahren - noch ohne Karstadt-Gebäude und mit Bäumen und Blumenrondell in der Mitte

Der erste Beschluss zur Umgestaltung des Universitätsplatzes in Fulda... - Luftbild: Habermehl

14.02.06 - Fulda

Umbau Uniplatz beschlossen: Verbesserungs-Hoffen kontra Effekt-Skepsis

Die große Mehrheit der Fuldaer Stadtverordnetenversammlung hat nach genau zweistündiger Debatte gestern Abend - bei 6 Gegenstimmen und ohne Enthaltung - den Grundsatzbeschluss für die Sanierung des Universitätsplatzes gefasst. Wie der "Uniplatz" als "Herz der Fuldaer City" künftig aussehen wird, ist damit aber noch nicht genau festgelegt. Schließlich stand ja auf der Tagesordnung auch nur: "Beschluss der Ergebnisse des Workshops zum Universitätsplatz als Grundlage für die weiteren Planungen und Umsetzungsauftrag an die Verwaltung".

Die Eckdaten wurden mit dem Beschluss jedoch festgeklopft: die alte Turnhalle der Adolf-von-Dalberg-Schule soll abgerissen werden, gegenüber dem heutigen Warenhaus "Kaufhof Galeria" (früher Kerber) wird ein langgestrecktes mehrstöckiges Geschäftshaus gebaut, die heutige "Karstadt-Tiefgarage" wird vom Parkhausunternehmen Q-Park neu gebaut und von 70 auf cirka 250 Stellplätze erweitert und zur Belieferung des Karstadt-Warenhauses wird auf dem Jesuitenplatz, der Fläche zwischen dem Kaufhaus und dem Vonderau Museum ein Lastenaufzug für Lastwagen gebaut, der von einer Art Glas-Kasten umkleidet sein soll. Einig waren sich die Stadtverordneten lediglich in der Einschätzung, dass eine Sanierung des Platzes dringend nötig sei - über den Weg dahin gab es jedoch divergierende Meinungen.

CDU: Neues Geschäftshaus für Frequenzbringer mit Magnetfunktion

Dem Mehrheitsbeschluss der Fraktioen von CDU, SPD und Republikanern - gegen das Nein der Grünen und der FDP - ging eine teils heftige Diskussion voraus, in der sich auch der begonnene Kommunalwahlkampf bemerkbar machte. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Gerhard Stollberg, bezeichnete das Ergebnis wochenlanger und intensiver Arbeit als "optimale Lösung, unter Berücksichtigung der schwierigen Vorgaben". Stollberg beschrieb in klaren Worten nachvollziehbar diese Schwierigkeiten: der unansehnliche Universitätsplatz sei als Stadtmittelpunkt nicht mehr attraktiv und müsse dringend saniert werden. Auch die marode Tiefgarage unter dem Platz erfordere dringend eine Sanierung. Beides gehöre zusammen - wobei sich in vielen Verhandlungsrunden herausgestellt hatte, dass das Unternehmen Karstadt - das in Fulda eines der kleinsten deutschen Warenhäuser betreibt - zwar am Standort bleiben will, aber die Sanierung der Tiefgarage nicht selbst finanzieren könne und wolle.

Im Rahmen eines Workshops hätten sich Fachleute, Anlieger, Mitglieder der städitschen Gremien und Vertreter der Adolf-von-Dalberg-Schule mit dieser Ausgangslage auseinandergesetzt und versucht, die Interessen von Stadt, Kaufhaus, Investor, Schulgemeinde und Anliegern unter einen Hut zu bringen: "...wahrlich keine leichte Aufgabe". Die entstandene Planung ermögliche die Neugestaltung des Platzes mit vertretbarem Kostenaufwand, beseitige die trennende Tiefgaragenzufahrt und biete die Chance, mit der "Blockrandbebauung" an der Stelle der alten Turnhalle ein "innerstädtisches Handelsunternehmen mit Magnetfunktion als Frequenzbringer" für die Innenstadt anzusiedeln. Trotz der "Eingriffe" in den Schulhof werde sich die Situation der Schule insgesamt auf Dauer nachhaltig verbessern. Zum geplanten Anlieferverkehr für das Kaufhaus gab Stollberg zu: "...Das Ergebnis ist sicherlich nicht optimal", betonte aber, es sei im Vergleich zu dem , was im Rahmen der Gesamtkonzeption erarbeitet wurde, "vertretbar und hinnehmbar". Zudem seien bei kaum einem anderen städtischen Großprojekt Beteiligte, Betroffene und Bürger so intensiv in die Vorarbeiten und Planungen einbezogen worden.

SPD: Gesamtprojekt im Ansatz richtig - Aufgaben ins "Lastenheft" geschrieben

"Trotz vieler offener Fragen ist das eine Ausgangsbasis, um das Projekt weiter voran zu treiben". Mit diesen Worten begründete SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Jennemann die Zustimmung der SPD. Wesentlich seien für die Sozialdemokraten die Attraktivitätssteigerung der Innenstadt und die Sicherung von Arbeitsplätzen: "Karstadt will und braucht eine Lösung, die zur Standorterhaltung und damit zum Erhalt der Arbeitsplätze beiträgt". Bei "einer durchdachten Umsetzung" könne der Neubau der Tiefgarage und die Riegelbebauung entlang der Rabanusstraße diese Lösung bringen. Jennemann schrieb dem Magistrat und den Planer allerdings einige Bedingungen ins "Lastenheft". Dazu gehörten für die Grundschule während der zweijährigen Bauzeit die Sicherheit des Schulweges und Qualität des Unterrichts, ein künftig gleichgroßer und kindgerechter Schulhof sowie eine qualitative Verbesserung für die Schule am Ende.

Die SPD wolle auch eine Abgrenzung der Aufgaben von Investor und Stadt Fulda (u.a. bei Gestaltung des Erbbaurechtsvertrages und Höhe des Erbbauzinses) sowie ein Bauwerk für die nötige Belieferung des Kaufhauses, das die funktionalen Anforderungen erfülle und zugleich die Sicherheit von Schulkindern und Passanten berücksichtige. Kritisch sehe die SPD die Verkehrsführung in der Rabanusstraße und die Anbindung der Bahnhofstraße, doch ingesamt "...ist das Gesamtprojekt im Ansatz richtig": Fraktionschef Peter Jennemann lieferte sich am Rande seiner Stellungnahme mit der Fuldaer Stadtbaurätin Cornelia Zuschke verbale Wahlkampf-Scharmützel (siehe Extra-Bericht "Wahlkampf! Stadtbaurätin ZUSCHKE zu SPD-Vorwürfen: "Ich war nie unschuldig")

Grüne: Verkehrspolitisch falsch und Einschränkung für innerstädtische Schule

Heftige Reaktionen und Widerspruch von Magistratsmitgliedern löste die Grünen-Abgeordnete Ute Riebold mit ihrer Mischung aus sehr persönlich gehaltener Stellungnahme zum Projekt und teils hartem "Rundumschlag" gegen die CDU-geprägte Stadtpolitik. Riebold verknüpfte die Planung sehr stark mit den Bedingungen für die einzige Schule in der City und wies auf die - von den Grünen - seit langem geforderte Sanierung der Schule und des Uniplatzes hin. Während die 2003 geplante 1,5 Millionen Euro teure Schulsanierung im "Einstandshaushalt des neuen OB Möller 2004" auf "die Minimaßnahme der Toilettenanlage" gestrichen wurde, sei von der einst - mit dem Bau der "Kaiserwiesen" zeitgleich versprochenen - Uniplatzsanierung nur die Löcherausbesserung mit Teer und der Abriss von vier Brunnen übrig geblieben. Die Grünen-Abgeordnete kritisierte an dem Konzept, dass die Bewegungsfläche für die Kinder durch den kleineren Schulhof eingeschränkt, die Lichtverhältnisse für die Schule durch die Bebauung verschlechtert und die Gefährdung der Kinder auf dem Schulweg durch die "Abriegelung" des Jesuitenplatzes mit einem Gebäude für einen Lastenaufzug und den Lkw-Zulieferverkehr vergrößert werde.

Gleichzeitig bezeichnete Ute Riebold auch die Erweiterung der Tiefgarage als "verkehrspolitisch falsch", warnte vor einem Monopol des privaten Parkhausbetreibers Q-Park, mahnte einen besseren öffentlichen Nahverkehr an, beklagte am Beispiel der Personalvermittlung Adecco den sinkenden Stellenwert des Denkmalschutzes durch städtisches Eingehen auf unternehmerische Abwanderungsdrohungen, bezweifelte die Beteiligungsangebote zum Projekt und sprach die Befürchtung aus, dass die Betroffenen beim Bau einer neuen Turnhalle durch den Investor ähnliche Enttäuschung erleben könnten wie die Schwimmfreunde beim schlecht erreichbaren Zugang zum "Esperantor"-Ersatzbau für das Zentralbad. Die Grünen-Fraktion lehne die Vorlage ab, "weil wir für eine sensible, nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung des Areals sind":

FDP: Für viele Innenstadt-Geschäfte wird es keine Verbesserung bringen

FDP-Fraktionschef Jürgen Lenders erklärte für die Liberalen die Ablehnung der Planung und nannte ähnliche, aber auch ganz andere konkrete Gründe. Ansich sei gegen die Beteiligung von Privatinvestoren nichts einzuwenden - aber die Kommunalpolitik müsse aufpassen, "dass nicht nur die Hintertür ein Betreiber eine marktbeherrschende Stellung erhält". Bei der Schule gebe es für die FDP "keine Denkverbote" und man sehe wegen etlicher Probleme durch die innerstädtische Lage auch "den Charme einer Schulverlegung". Doch dies lasse realistisch betrachtet die ökonomische Lage nicht zu: das denkmalgeschützte Gebäude der Dalberg-Schule werde keinen Betreiber zur Mitnutzung locken.

Die Innenstadt könne durch "neuen Besatz" zwar Impulse bekommen und "...es gibt nicht nur die Buchstabenkombination, die hier so oft genannt wird" (d.Red.: H & M). Doch das Fachgutachten habe vor allem die "fehlende Aufenthaltsqualität" des Uniplatzes festgestellt. Wie die verbessert werden solle, sage die vorgelegte Planung bisher gar nicht. Der "Kasten für die Anlieferung" werde nicht nur ein wenig attraktiver Anblick sein, sondern unterbreche den fußläufigen Weg zu den Randlagen des Uniplatzes: "Die haben jetzt Probleme und wir tun damit nichts für eine Verbesserung".

Zuschke: Keine bessere Alternative - Möller: Art der Kritik finde ich unberechtigt

Stadtbaurätin Cornelia Zuschke erklärte deutlich, dass "die Kleinigkeit" der geplanten Lkw-Anlieferung - technisch und gestalterisch - eine der größten Herausforderungen darstelle: "Dieser Baustein soll in der Blickachse nicht zum Propfen werden". Sie wolle das nicht "klein reden", aber alle anderen Möglichkeiten seien nach intensivsten Beratungen verworfen worden. Die Stadt unterwerfe sich auch keinem Investor und auf die wirklich umfassende Befragung und Beteiligung von Anwohnern und Schulgemeinde sei sie stolz. Eine Variante, die die Grünen vorgeschlagen hätten, sei interessant, aber es habe sich kein Investor gefunden.

Oberbürgermeister Gerhard Möller erklärte, angesichts der Vorbedingungen sei es "eine runde Sache" und man habe bei einer solch wichtigen Entscheidung in der historisch gewachsenen Innenstadt "keine Einstimmigkeit erwarten können". Möller forderte alle, die Einzel- oder Generalkritik übten, auf, zu erklären, wie man es besser machen könne. Er dankte den Sozialdemokraten für ihre Zustimmung ("...in heutiger Zeit ist es nicht so leicht, ja zu sagen"), wies "das Gift der Polemik" in Stellungnahmen zurück und betonte, nach den objektiven Zahlen gebe es kein Monopol bei Parkhäusern.

Verärgerung zeigte der OB angesichts der Grünen-Kritik an "Kommerzinteressen, die die Entwicklung der Stadtmitte bestimmen". Man solle doch froh sein, dass es rund um den Uniplatz noch so viele Geschäfte mit Arbeitsplätzen gebe und dass sich der Karstadt-Konzern, der ums Überleben kämpfte, für den Erhalt am "kleinen" Platz Fulda entschieden habe. "Es stimmt mich traurig - ich dachte, die Grünen hätten ihre antikapitalistische Rhetorik überwunden", sagte Möller. Empfindsam reagierte Möller auf die ironisierende Ablehnung eines Sturmius-Denkmals in der City: "Ich merke die Häme an der >Idee des OB<, diese Art der Kritik finde ich nicht berechtigt". Die Stadtverordneten sollten die Situation seriös und angemessen betrachten, die Diskussion kritisch und konstruktiv führen: "..es ist eine Entscheidung, von der Fulda für die Zukunft profitieren wird".

Sporer: ...befürchte, wir machen großen Fehler - Lenders: Knackpunkt vor Wahl ausräumen?

Genau diesen Punkt bezweifelten Grünen-Fraktionsvorsitzender Ernst Sporer und FDP-Chef Jürgen Lenders. In einem nachdenklichen Beitrag sagte Sporer, die heiß umkämpfte "Randbebauung" an Stelle der Turnhalle werde womöglich im Endeffekt nicht den "Magnet-Erfolg" bringen, den man sich heute verspreche. Auch von dem Solitär-Gebäude am Gemüsemarkt sei eine enorme Anziehung erwartet worden - nun hätten die Mieter bereits dreimal gewechselt. "Ich bin sehr skeptisch, ob der große Vorteil für Fulda eintritt - und befürchte, dass wir einen großen Fehler machen".

Auch Jürgen Lenders sprach die Zukunft an: laut Möller werde die Neugestaltung jahrzehntelang Bestand haben - er bezweifle dies. "Die Nachfolgegeneration wird sich über den Kubus Gedanken machen und fragen, wie kriegen wir die Anlieferung anders geregelt". Die Suche nach Lösungen sei durch die CDU beendet worden: "Sie haben den Zeitpunkt der Entscheidung gewählt - 6 Wochen vor der Kommunalwahl. Das ist ein bisschen wie Malefizspielen - alle kommunalpolitischen Knackpunkte noch aus dem Weg räumen". Doch auch Lenders war gekränkt: "Sie sagen oft, unsere Kritik sei nicht inhaltlich fundiert. Das erweckt den Eindruck, als ob die Opposition keine Ahnung hätte". Er selbst habe sich jahrelang mit dem Uniplatz befasst und kenne das Fachgutachten sehr genau. "Sie sollten anderen nicht unterstellen, dass deren Kritik nicht inhaltlich fundiert ist - das nehme ich auch für die Grünen in Anspruch". +++


...der sich heute so (mit Ein- und Ausfahrt zur Tiefgarage) so präsentierte.. - Foto: Julius Rammler

... wurde gestern Abend in der Stadtverordnetenversammlung getroffen - Fotos (2): ma


Bisher stehen nur die "Eckdaten" fest: der Abriss der alten Turnhalle, der Bau einer langgestreckten "Randbebauung" (hier dunkelrot) und einen Lastenaufzug in einem Pavillon für die Anlieferung zum Kaufhaus Karstadt - Plan: Stadt Fulda

"Eine runde Sache - unter den schwierigen vorgegebenen Bedingungen" ist die Planung für OB Möller


Dieses "Türmchen" der rund 100-jährigen alten Turnhalle der Adolf-von-Dalberg-Schule wird aus dem Stadtbild verschwinden... - Fotos (2): gw

... und auf der Fläche bis zur Ecke wird der Neubau entstehen, in den auch eine neue Turnhalle für die Grundschulkinder integriert wird


- Fotos (3): Julius Rammler



Die Bäume zwischen Dalberg-Schule links und dem Kaufhaus Kaufhof-Galeria am Bildrand müssen gefällt werden - wie der Platz künftig aussieht, ist aber noch unklar... - Fotos (2): Habermehl

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